Als ich erwachte, war ich zunächst verwirrt. In meinem Kopf hämmerte ein Presslufthammer gegen meinen Schädel, und mein Magen wand sich wie eine Schlange durch meine Innereien. Es roch nach Erbrochenem.
Dann erkannte ich mein Zimmer, und Panik machte sich in mir breit.
Oh, nein!
Haben meine Eltern etwas mitgekriegt?
Wie sollte ich erklären, warum ich plötzlich zu Hause war?
Warum war ich überhaupt zu Hause?
Was war passiert?!
Ich hatte mehr Lücken als tatsächliche Erinnerungen an die Nacht.
Atme.
Mein Herzschlag beruhigte sich langsam. Und ich spürte meine Zunge am Gaumen kleben. Ich brauchte dringend etwas zu Trinken. Natürlich hatte ich nichts im Zimmer.
Da ich ohne Hose im Bett lag (wie hatte ich das betrunken geschafft?), zog ich mir eine Jogginghose an, die auf dem Boden vor meinem Bett lag und schlich dann in mein Badezimmer. Das bedeutete, das ich langsam meine Zimmertür öffnen, zwei Schritte raus, dann die Tür rechts von mir lautlos öffnen und schließen musste.
Das schaffte ich. Ich schaffte es, den Hahn aufzudrehen, mir mit den Händen Wasser zu schöpfen und den Mund zu spülen. Ich trank auch ein paar Schluck. Ich pinkelte. Und dann beging ich den Fehler.
Ich spülte.
Das Rauschen des Wassers erfüllte die Stille, darauf folgte noch das Zischen, als der Spülkasten sich wieder füllte.
Atme.
Vielleicht schliefen meine Eltern noch?
Vielleicht hatten sie nichts gehört?
Ich schluckte.
Langsam öffnete ich die Badezimmertür, doch ich hatte sie kaum einen Spalt offen, als ich die Stimme meines Vaters hören konnte.
„Phillip? Bist du endlich wach?“ Sie hallte die Treppe hoch, er musste unten im Eingang stehen.
Atme.
„Wir müssen reden!“
Das klang gar nicht gut. Für einen Moment überlegte ich über den Balkon in meinem Zimmer zu fliehen.
„Phillip! Komm runter, oder ich komm dich holen!“
Keine rosigen Aussichten. Also bewegte ich mich, immer noch barfuß und in meinem Captain-Amerika-Shirt, Richtung Treppe.
Unten erwartete mich mein Vater mit verschränkten Armen, wortlos wandte er sich ab, als ich ankam und ging ins Wohnzimmer.
Paps sieht wütend aus.
Ich folgte ihm.
Auf unserer blauen Couch saß meine Mutter, mit roten Augen und dunklen Ringen darunter. Er setzte sich daneben und deutete auf den Sessel, der ihm halb gegenüber stand. Ich setzte mich hinein.
Atme.
Ich starrte zu Boden, nicht bereit sich dem zornigen Blick meines Vaters zu stellen. Oder dem enttäuschten meiner Mutter.
„Wo warst du gestern Nacht tatsächlich?“ Mein Vater sprach mit kalter Stimme.
„B-bei Fred-d-dy.“ Nur leise und stotternd brachte ich das raus.
„Warst du auf einer Party?“
Stumm nickte ich.
„Warum warst du betrunken?“
Meine Augen wurden groß.
Atme.
Er wusste nichts. Nichts über mich.
Wie auch, wenn er nie mit mir redete?
„Antworte mir!“ Er wurde lauter.
In mir brodelte etwas, etwas heißes und kaltes zugleich.
Wieder schwieg ich.
„Phillip!“ Noch lauter. „Antworte mir gefälligst!“
In mir brannte ein kaltes Feuer.
Zähneknirschend hob ich meinen Blick, nur um auf den erbosten meines Vaters zu treffen. Sein Gesicht war zu einer Grimasse des Zorns verzogen.
„Ich war auf einer Party, verdammt noch mal!“ Keine Ahnung, was sich da Bahn brach, aber ich hatte einen höllischen Kater und einfach keinen Bock auf diese Scheiße. „Da besäuft man sich!“ Ich war von dem Sessel aufgesprungen.
Auch mein Vater erhob sich, die Fäuste an seinen Seiten fest geballt.
„Was hast du da überhaupt verloren?!“
„Ich bin ein Teenager! Teenager gehen zu Partys!“
„Du nicht!“
Echt jetzt?!
Brennendes Eis durchzog mich.
„Du weißt 'nen Scheiß über mich! Alles, was dich interessiert, sind meine Noten! Meine Leistungen!“ Ich spuckte es ihm förmlich entgegen. „Du hast keine Ahnung wer ich überhaupt bin!“
Mein Vater zitterte vor Wut. Meine Mutter schluchzte.
„Du hast Hausarrest!“
„Leck mich!“
Ich stürmte zurück in mein Zimmer.
Dort schlug ich auf meinen Boxsack ein, während Tränen über meine Wangen liefen.
Ich malträtierte den Sack solange, bis meine Hände taub wurden.
Dann sank ich zusammen und weinte.
Irgendwann kroch ich in mein Bett, wo ich mit wahnsinnigen Kopfschmerzen mich selbst bemitleidete, bis ich in einen unruhigen Schlaf fiel.
Ein Piepen schreckte mich hoch.
Es kam von meinem Handy auf dem Nachttisch.
Als ich es in der Hand hatte, sah ich, dass es eine Nachricht von Kai war.
‚Hej, noch am Leben?‘
‚Ja, aber mein Alter hätte mich grad fast umgebracht.‘
‚Autsch.‘
‚Warum warst du plötzlich weg?‘
‚KA Hatte gehofft, du könntest es mir sagen.‘
‚Nee sorry, war beschäftigt😏‘
‚🤮‘
‚Haha.‘
‚Woll ma uns treffen? Über die Party reden?‘
‚Hausarrest'
‚Wie lange?‘
‚KA‘
‚Scheiße‘
‚Ja. Wir sehen uns beim Training.‘
‚Bis dann!‘
Damit erstarb die Unterhaltung.
Und ich war allein mit meinen Gedanken.
Warum hatte ich Freddys Haus verlassen und war ausgerechnet nach Hause gerannt?
Warum habe ich so viel getrunken?
Elias.
Frustriert warf ich mich in meine Kissen.
Ich wollte nicht an ihn denken.
Das machte nur Probleme.
Warum musste ich ihm begegnen?!
Wenn wir uns nicht über den Weg gelaufen wären (ok, ja, er hat mir den Arsch gerettet), wäre das alles nicht passiert.
Alles wäre noch in Ordnung!
Ich wäre in Ordnung!
Elias.
Wieder konnte ich die vertraute kalte Hitze in mir spüren.
Elias.
Das war verdammt noch mal seine Schuld!
Ich verprügelte meine Kissen.---------
Endlich das nächste Kapitel!
Wieder einmal hat Junior meinen Zeitplan gesprengt, diesmal mit einer heftigen Erkältung. 😪Bye
DG
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Elias und Phillip
Teen FictionElias war 17, Schüler eines bayerischen Gymnasiums und offen schwul. Er wollte das genießen. Selbstbewusst und leidenschaftlich. Er dachte, er wusste, was er wollte. Phillip, ebenfalls 17, war Fußballer im Verein "Die Feldlanger Kicker". Er war zu...