»Luca, kommst du mal langsam? Wir müssen bald los.« Willow stand an dem Roundpen und rief diese Worte ihrem Freund zu, der mit seinem Friesen auf dem Reitplatz dahinter arbeitete. Dieser lag um die Uhrzeit durch die umliegenden Bäume und Stallgebäude fast völlig im Schatten und eignete sich bestens für ein bisschen Training mit Wotan. Der kam oft zu kurz, weil Luca mit den Beritt-Pferden ziemlich ausgelastet war. Und wenn der Jugendliche für sein Tier Zeit hatte, dann mied er die Reithalle, wenn möglich. Meistens machte er einfach einen Ausritt, aber ab und zu musste auch Wotan mal richtig arbeiten. So wie heute. Wobei das Ganze wohl eher der Ablenkung seines Besitzers auf den bevorstehenden Abend diente.
»Bald?«, rief Luca zurück, »Es ist erst kurz nach Mittag. Also mach bitte keinen Stress, Liebes.«
»Du musst noch duschen, dich stylen, anziehen ... Da geht die Zeit schneller rum, als einem lieb ist«, gab Willow genervt zurück. Sie war aufgeregt und das merkte man ihr an. Langsam ging sie hinüber zu dem Reitplatz und lehnte sich auf die hölzerne Umzäunung. Der Jugendliche parierte den Friesen vor ihr durch und die Rothaarige kraulte die weiche Nase des Wallachs.
»Willow, wozu sollte ich so ein Theater machen? Ich habe kein Date, ich gehe lediglich auf den dummen Ball einer versnobten Adligen.« Der Jugendliche schmunzelte und schob die Sonnenbrille nach oben in seine Haare.
»Du hast ein Date ... Mit mir. Schließlich gehst du mit mir da hin«, murmelte die junge Frau, »außerdem weißt du nicht, ob ...« Sie verstummte.
»Ob? Ob was?« Luca zog die Augenbrauen zusammen. »Du glaubst, er könnte auch da sein, richtig?«
Als Willow zaghaft nickte, fuhr der junge Mann fort: »Das ist auch meine Befürchtung oder eigentlich gehe ich davon aus, denn schließlich ist er mit der ollen Bramlett-Hexe befreundet. Aber das ändert nichts daran, dass ich nicht die geringste Lust habe, mich hier zu überschlagen. Ich bringe Wotan gleich auf die Wiese und dann geh ich ins Haus rüber. Ein bisschen frischmachen und umziehen, Ende!«
Luca saß ab und nahm dem Wallach das Sattelzeug herunter. Der Jugendliche legte alles auf die Umzäunung und beobachtete Wotan, der sich sofort in den Sand warf und ausgiebig wälzte.
»Es ist dir also egal, ob du nach Pferd und Stall riechst, falls er ...«
Die Augen verdrehend sah Luca seine Freundin an. »Ja ... Nein ... Ich weiß es nicht, verdammt noch mal. Es sollte mir egal sein. Am liebsten würde ich gar nicht da hingehen.« Mit einem genervten Schnauben fing er Wotan ein und brachte ihn hinüber auf die Wiese.
Seit dem letzten Treffen mit Graf Draganesti waren drei Wochen vergangen und Luca hatte nichts mehr von dem Adligen gehört. Dabei hatte der Jugendliche so sehr gehofft, dass Viktor ihn vielleicht wenigstens einmal anrufen würde. Seine Nummer hatte der Adlige ja schließlich noch von dem Zusammenstoß mit Nala. Aber nichts war passiert und Luca war es satt zu leiden. Also hoffte er inständig, dass er Viktor nicht mehr über den Weg laufen würde, denn der Jugendliche wusste, widerstehen würde er dem Grafen nicht können und davor hatte er Angst. Nicht vor dem Moment, wenn sie sich wiedersehen würden, aber vor dem, das danach unweigerlich kam. Jedes Mal. Luca seufzte erneut. Er wollte diesen Herzschmerz nicht mehr. Wenn er Viktor nicht für sich haben durfte, wollte er ihn gar nicht mehr sehen.
»Du hast es Alan versprochen«, warf Willow ein und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
Langsam ging der Blonde zu ihr zurück und nahm das Sattelzeug vom Zaun. »Ja, das hab ich nicht vergessen. Ich wünschte, ich hätte ihm nicht zugesagt. Das war ein Fehler.«
»Ach Quatsch. Ich bin ja auch da. Also wird es nicht so schlimm werden.«
Luca sah herunter auf seine Freundin. »Das ist mein einziger Lichtblick«, sagte er leise, »vielleicht ist sein attraktiver Butler ja auch da. Was logisch wäre, wenn Viktor dort aufschlagen sollte. Dann würde es wenigstens für einen von uns beiden interessant.«
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VAMPIRES Book of Eternity I. - White Bird
Vampire- derzeit pausiert- Graf Viktor Draganesti, durch die Jahre seiner Existenz überdrüssig geworden, lebt so vor sich hin, pendelt zwischen Rumänien und England hin und her und vertreibt sich die Zeit mit Abendgesellschaften, Klavierkonzerten und Party...