Kapitel 20

190 34 19
                                    

»Ja, ich lauf nicht weg. Keine Sorge«, erwiderte Luca und sah Willow nach, als sie sich auf den Weg machte, sein Jackett abzugeben. Eigentlich hätte der Jugendliche das auch selbst getan, aber wenn seine Freundin das unbedingt für ihn machen wollte ...

Kurz darauf verschwand Willows roter Haarschopf in dem besagten Raum am Ende des Ganges und Luca wandte sich ab. Als ein junger Kellner mit einem Tablett voller Getränke an ihm vorbeikam, nahm der Jugendliche sich ein Glas Wein und seufzte. Auf was hatte er sich hier nur eingelassen. Er nippte an der roten Flüssigkeit und ging ein paar Schritte durch die Eingangshalle zu dem angrenzenden Salon. In der Türe blieb er stehen und rümpfte die Nase. Hier waren definitiv zu viele Menschen auf zu engem Raum. Die penetrante Mischung aus Parfum, Zigarrenrauch und sonstigen ... Düften ließ Lucas Magen sich zusammenziehen. Luca nahm einen großen Schluck aus seinem Weinglas und schaute sich nach Willow um. Die sollte ihn nicht suchen müssen, wenn sie zurückkam. Aber noch war nichts von seiner Freundin zu sehen. Dafür erblickte Luca seinen Onkel bei einer gemischten Gruppe aus Männern und Frauen und er schien sich köstlich zu amüsieren.

»Na, wenigstens du hast deinen Spaß«, schmunzelte der Jugendliche und lehnte sich leicht mit der Schulter gegen den Türrahmen. Plötzlich stutzte Luca und reckte sich ein wenig, um über die Köpfe einiger Gäste, die sich just in diesem Moment vor seiner Nase platzierten, hinwegsehen zu können.

»Nein, bitte nicht«, raunte der Blonde. Sollte seine schlimmste Befürchtung für diesen Abend wirklich eingetroffen sein? Sollte er tatsächlich auch hier sein? Luca schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch, bevor er sie wieder öffnete und ... nichts. Er hatte eine Minute lang geglaubt, Viktor in der Nähe der Terrassentür bei der dort aufgebauten Bar gesehen zu haben.

»Lieber Himmel, jetzt halluzinierst du schon. Ist es jetzt soweit? Reiß dich mal zusammen«, knurrte Luca sich selbst an.

Das war bestimmt nur Einbildung gewesen. Graf Draganesti konnte sich schließlich nicht in Luft auflösen. Wahrscheinlich hatte der Jugendliche in seinem Wunsch, dass Viktor wirklich hier sein würde, irgendeinen anderen Mann irrtümlich für diesen gehalten. Ja, nur so konnte es sein. Luca atmete tief durch und wandte dem Salon den Rücken zu. Langsam durchquerte er die Eingangshalle wieder und warf einen Blick in den Raum auf der gegenüberliegenden Seite. Der junge Mann schaute sich flüchtig um und ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er eine Fluchtmöglichkeit für sich ausmachte. Ein Stück entfernt, rechts von der Stelle wo er stand, führte eine zweiflüglige Glastür in einen großen Garten. Wie groß, das konnte der Jugendliche zwar nicht erkennen, aber von der Dimension des ganzen Anwesens ausgehend, war er bestimmt weitläufig genug, um diesen ganzen Menschen und Gerüchen zu entfliehen.

_

Viktor knurrte leise, als er den vertrauten Duft auffing und nur wenige Augenblicke später konnte er den weißblonden Haarschopf des Jungen an der Tür zum Salon erkennen. Der Adlige hätte damit gerechnet, dass Alan Summerson diese Veranstaltung besuchte, immerhin lobte Lady Bramlett seinen Hof über den grünen Klee, doch dass der Gestütsbesitzer seinen Neffen mitbrachte, der die High Society offenkundig verachtete, war eine Überraschung. Und Viktor wusste noch nicht, ob gut oder schlecht.

»Ich geh' hinaus«, presste er durch die Zähne hervor und Sebastian wandte den Kopf um, um herauszufinden, warum sein Herr die Flucht antrat.

»Ah«, brachte der Butler hervor, stellte sein Glas ab und folgte dem Grafen in den blühenden Garten, dessen Bäume in der rötlich-orangefarbenen Abendsonne strahlten wie Gold. »Sollen wir uns dann beim Grillmeister dort hinten etwas zum Dinner holen?«

»Ich danke dir, dass du keinen Laut über mein unreifes Verhalten verlierst, Sebastian«, murmelte Viktor, »Ich verstecke mich vor einem Jungen!«

VAMPIRES Book of Eternity I. - White BirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt