Turteln oder Stolz?

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Der Tag neigte sich dem Abend zu und auf Schloss Falkenstein war bereits höchster Betrieb. Überall standen Menschen in Gespräche vertieft, sich über ein Buffet hermachend oder auf einer eigens hergerichteten Tanzfläche. Im Hintergrund lief dezente Musik. Graf Falko stand mit seinem Sohn in der Mitte des Treibens und begrüßte fortlaufend Neuankömmlinge. In einer ruhigen Minute richtet er nervös sein Jacket. Wo Susanne nur blieb?

Seine Hand griff in seine Tasche und er holte eine kleine Schatulle heraus, um sie zu betrachten.

„Was hast du da?", fragte Alex neugierig.

„Ein Geschenk", entgegnete der Graf selbstsicher. „Eine gräfliche Selbstverständlichkeit."

„Für Frau Martin?", fragte Alex zufrieden.

„Ja, ja sicher", sagte Falko schnell und räusperte sich nervös. Dann steckte er die Schatulle zurück und richtete sich voll von adeligem Stolz auf.

Zur selben Zeit passierte eine hölzerne Kutsche das Tor. Auf dem Kutschbock saß Dagobert und trieb zwei silbern schildernde junge Hengste an, die der Graf auf einer Auktion ersteigert hatte.

Eiligen Schrittes bewegte sich Falko auf die Kutsche zu und öffnete die Tür. Als erstes rutschte Bibi von ihrem Sitz. Sie trug, wie immer, einen Pferdeschwanz. Ihr grünes Kleid hatte sie gegen ein langes, sonnengelbes Abendkleid getauscht.

„Hier sind wir!", verkündete sie freudestrahlend und vollführte eine kurze Drehung. „Ui, ist das Schloss aber schön hergerichtet!"

„Zeig her", forderte Tina, deren Kopf nun ebenfalls aus der Kutsche auftauchte. Sogleich ergriff Alex ihre Hand und half ihr, wie ein Gentleman, auf die Beine zu kommen. „Du siehst toll aus", gab er seiner Freundin ein Kompliment und betrachtete ihr hellblaues, wie ein Wasserfall herabhängenden Kleid.

„Danke", entgegnete Tina ehrlich und errötete leicht.

Falko hingegen warf nervös einen Blick in die Kutsche, deren Inneres verdunkelt war, und somit für ihn eigentlich gar nicht sichtbar. Susanne fehlte noch.

Er atmete erleichtert auf, als auch sie ihren Kopf aus der Kutsche steckte.

„Hallo, Falko!", grüßte sie ihn warm und ergriff seine Hand, die er ihr anbot.

„Hallo, meine liebe", erwiderte er und wollte ihr aus der Kutsche helfen, doch dabei verlor sie das Gleichgewicht und stürzte.

Falko reagierte schnell und fing sie auf, sodass sie nun in ihren Armen lag. Keiner von beiden wagte sich zu bewegen, es war ein magischer Moment. Susanne spürte Falkos stockenden Atem in ihrem Gesicht, Falko verlor sich in ihren meerblauen Augen. Nur wenige Zentimeter trennten ihre Lippen voneinander. Ihre Körper zitterten vor Verlangen.

Ein Räuspern brachte die beiden in die Realität zurück.

„Graf Falko, wie angenehm", sagte eine Stimme, die zu einem entfernten Verwandten Falkos gehörte.

„Graf Lichtenstein", merkte Falko an und ließ Susanne los, die schnell ihre festen Stand zurück fand.

„Welch ein Fauxpas", murmelte er verlegen.

„Ach, das macht doch nichts", entgegnete Susanne gespielt locker und strich sich ihr Kleid glatt. „Ich bin einfach nicht für diese Art von Mode gemacht."

Das erste mal an diesem Abend warf der Graf einen näheren Blick auf ihr Outfit. Ihr Kleid war weinrot und mit Rüschen und funkelnden kleinen Perlen besetzt. Dazu trug sie ein goldenes Amulett. Ihre Haare hatte sie zu einem Dutt zusammengesteckt. Sie war kaum wiederzuerkennen, vielmehr noch, sie sah aus wie eine echte Prinzessin.

„Papperlapapp", gab er an. „Du siehst toll aus! Wie... Ach naja, das spielt keine Rolle, denke ich." Er schüttelte sich kurz, lächelte blass und drehte sich dann zu dem dazugestoßenen Grafen um.

„Was war das denn bitte?", flüsterte Bibi Tina zu. Die zuckte nur mit den Achseln.

„Er hat Angst."

Alex, der die beiden tuscheln hörte, nickte nur. „Er hat noch ein Geschenk für sie. Ich bin gespannt! Momentan benimmt er sich ja eher wie ein Idiot, seit dieser Schnösel aufgetaucht ist. Ein Verwandter und wichtiger Finanzpartner von Vater dazu. Quasi unsere finanzielle Grundlage. Er kann alles nicht ausstehen, was nicht adelig ist."

Bibi verdrehte die Augen und Tina schnaubte leise.

Aus den Augenwinkeln merkten sie, wie Graf Lichtenstein Falko wegführte. Susanne blieb, nur mit Dagobert an ihrer Seite, an Ort und Stelle zurück. Der hingegen bat Susanne an, das Buffet aufsuchen zu können. Die Kinder beschlossen, sich zurückzuziehen und Falko im Auge zu behalten. Sie wollten wissen, wie sich die Situation weiter entwickelte.

Der Festball - Susanne Martin x Falko von Falkenstein LiebesgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt