2: Der beste Freund

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Castor:

Ich liege in meinem Bett und werfe gelangweilt einen Flummi an die Wand, der daraufhin wieder zurückkommt.
Ich kann einfach nicht glauben, dass Lucas mich damit erpresst.
Wir waren mal beste Freunde und jetzt sowas?
Nur, weil wir letzte Nacht miteinander geschlafen haben und er nicht will, dass es jemand erfährt, greift er zu Mitteln, die ich von ihm niemals erwartete hätte.
Andererseits kann ich es auch etwas verstehen, immerhin gilt er als Hete. Ist er ja eigentlich auch. Genau deshalb stellt sich mir die Frage, was gestern Nacht zwischen uns gelaufen ist.
Vor ihm habe ich zwar so getan, als erinnere ich mich an alles, aber in Wahrheit habe ich den totalen Blackout.

Wenn ich ehrlich bin, gibt es kaum eine Party in meinem Leben, an die ich mich noch erinnere, doch diese ist die erste, bei der ich es so richtig bereue.
Am liebsten würde ich mich jetzt bei Cody ausheulen, aber ich darf ja nicht darüber reden.
Scheiß Lucas!

Wieso interessiert es mich überhaupt so sehr?
Wieso will ich mich daran erinnern?
Ich habe keine Ahnung.
Ja, okay, ich gestehe mir ein, dass Lucas heiß ist, das war er schon immer, aber er war immer wie ein Bruder für mich. Es fühlt sich falsch an, auch nur daran zu denken, ihn zu küssen.
Allerdings ist unser letzter Kontakt bis auf den von heute Morgen schon zwei Jahre her.

Nach meinem Outing haben wir uns irgendwie entzweit. Ich weiß nicht, woran es gelegen hat. Er wusste immerhin schon ein Jahr vor allen anderen, dass ich schwul bin und er hatte nie etwas dagegen. Aber damals ist echt viel scheiß passiert.
In seiner Familie ist es drunter und drüber gegangen, ich musste mit meinem Scheiß klarkommen, dann sind auch noch Elisa und Marisa in die Stadt gezogen, mit denen ich mich sofort angefreundet habe, und naja, dann war der Kontakt plötzlich weg.

Lucas hat dann angefangen, mit niemandem mehr zu reden als seiner Schwester und meidet seitdem alle Menschen, obwohl er trotzdem irgendwie beliebt ist.
Keine Ahnung, wie er das hinbekommt, vielleicht weil er in der Fußballmannschaft der Schule ist und er bewundert wird.
Ich habe ihm immer helfen wollen, aber nachdem er gesagt hat, meine Schwuchtel-Vibes regen ihn auf, war ich sauer und habe auf seine Entschuldigung gewartet.
Das tue ich noch bis heute, wenn ich ehrlich bin, doch  ich glaube da kann ich noch lange warten.

„Alter, bringst du dich gleich um?“ Plötzlich steht Cody, mein bester Freund, in meinem Zimmer und reißt mich aus meinen Gedanken.
Ich fange meinen Flummi auf und rutsche im Bett nach hinten, um mich aufrichten zu können. „Stand eigentlich nicht auf meiner to do List für heute“, gebe ich zurück, während er die Tür schließt und sich dann zu mir aufs Bett wirft. „Wieso siehst du dann so depri aus? War die Party nichts?“
Ich sehe ihn vorwurfsvoll an. „Wärst du ein guter Freund gewesen und hättest mich begleitet, dann wüsstest du, wie die Party war.“ Ich kneife böse die Augen zusammen.
Er verdreht die Augen. „Du weißt doch, dass ich mich um meine Sis kümmern musste. Außerdem kannst du gar nicht mehr sauer auf mich sein, dafür liebst du mich zu sehr“ Er grinst mich verschmitzt an und spitzt dann die Lippen.
Augenverdrehend gebe ich ihm einen kleinen Kuss.

Habe ich schon erwähnt, dass wir beste Freunde mit gewissen Vorzügen sind? Nun ja, das sind wir.
Und wer jetzt glaubt, Sex mache eine Freundschaft kaputt, der irrt sich, denn bei Cody und mir macht es sie nur stärker.
Wir sind einfach nur Freunde, die uns eben um jedes Bedürfnis des anderen kümmern. Aber, um das nicht erklären zu müssen, halten wir es geheim.
Außerdem weiß niemand, dass Cody zweigleisig fährt und er will es auch nicht in die Welt posaunen.

„Hast du dann gestern wenigstens jemandem zum Rummachen gefunden?“, fragt er, während er es sich in meinem Bett gemütlich macht.
Ich tue es ihm gleich. „Ich bin heute Morgen neben jemandem aufgewacht, aber ich kenne ihn nicht“, lüge ich.
Dabei habe ich nicht einmal ein schlechtes Gewissen, immerhin habe ich allen Grund, mein Geheimnis für mich behalten zu wollen.
„Na siehst du. Wenn ich auf der Party gewesen wäre, wärst du mit mir im Bett gelandet und du brauchst doch deine Abwechslung. Sei mir ein wenig dankbar“, meinte er.

Oh, Cody, wenn du nur wüsstest, wovon du gerade redest und was du durch deine Abwesenheit angerichtet hast...

Liebe ist auch nur eine Sucht (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt