26: Outing

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Castor:

Brad fährt mich nachhause und hält dabei meine Hand.
Er wirkt so glücklich dabei, dies tun zu dürfen.

Einerseits weiß ich, dass es falsch ist, ihm etwas vorzumachen, doch anderseits fühlt es sich gut an zu wissen, dass wenigstens er mich mag.

Als wir vor meinem Haus halten, sieht er schüchtern zu mir. „Der Tag hat ja eine ziemlich überraschende Wendung genommen", lächelt er.
Ich nicke, erwidere das Lächeln, obwohl mir echt nicht danach zu Mute ist. Ich habe schon versucht, ihm zu erklären, dass ich eigentlich nicht auf ihn stehe, aber dazu müsste ich ihm sagen, dass Lucas mich missverstanden hat und ich eigentlich ihn liebe und das will ich nicht.

Wenn ich mir einfach vorstelle, er sei Lucas, dann funktioniert das mit uns vielleicht.
Ich weiß, Brad hat das nicht verdient, aber ich bin zu egoistisch, um ihm die Wahrheit zu sagen.
Ich bin zu instabil, weil ich die Drogen schon rufen höre.

Langsam beugt Brad sich plötzlich zu mir herüber.
Natürlich weiß ich, dass er mich küssen will, eigentlich macht mir das auch nichts aus, aber ich fühle mich jetzt irgendwie schlecht dabei.
Deshalb lege ich meine Hand auf seine Brust und drücke ihn leicht zurück. „Lass es uns doch langsam angehen", schlage ich vor.
Er scheint zwar etwas enttäuscht, nickt dann aber und küsst nur meinen Handrücken. Er ist wirklich unglaublich süß. Ich hoffe so sehr, ich werde ihm nicht allzu sehr wehtun...

„Ahm danke fürs Heimfahren.", sage ich dann nur noch, ehe ich aus dem Auto steige und in das Haus gehe.

Meine Eltern sind mal wieder nicht zuhause, also ist meine erste Tat nach der Dusche und dem Anziehen das Kuscheln mit Lucas Jacke.
Ich weiß, dass das krank scheinen muss, deshalb bin ich auch so froh, dass es keiner mitbekommt.

Am nächsten Morgen, als ich aus meinem Auto steige, kommt Brad sofort auf mich zu und umarmt mich.
Dafür bekommen wir seltsame Blicke zugeworfen, aber die sind nichts im Gegensatz zu denen, als wir händchenhaltend über den Pausenhof laufen.
Ich meine, ernsthaft: sehen sie alle denn nicht, wie unwohl ich fühle?
Und wie kitschig kann man eigentlich sein?

Ich mache mich schon dazu bereit, Brad eine Ansage zu machen, wenn er mich jetzt zwingt mit zu seinen Hohlbirnen von Kumpels zu gehen, doch er steuert meine Freunde an.
Elisa, Marisa, Cody, Coleen und ?. Lucas natürlich.

Ihm scheint es wieder nicht sehr gut zu gehen, denn er sieht einfach nur fertig aus. Am liebsten würde ich ihn in den Arm nehmen und ihm solange küssen, bis er keine Luft mehr bekommt, aber 1. Würde ihn das höchstwahrscheinlich umbringen und 2. Bin ich jetzt in einer Fake-Beziehung.
Naja, für mich ist es Fake für alle andere ist es echt. Nur Cody sieht mich mit einem Blick an, als wisse er, dass hier etwas gewaltig schiefgelaufen ist.

„Seit ihr zusammen gekommen?", fragt Elisa uns, als wir bei ihnen Halt machen.
Allein, dass ich jetzt schon in wir denke, kotzt mich an, solange es nicht Lucas und mich beinhaltet und alle andern ausschließt.
„Nein. Wir gehen es langsam an.", meint Brad.

Das Schnauben, das ich daraufhin höre, lässt mich zu Lucas sehen. Er hat deutlich missbilligend die Hände vor der Brust verschränkt.
Ich weiß nicht wieso, aber der Anblick gefällt mir irgendwie. Er wirkt nicht so, als sei es ihm schieß egal, was er hier sieht.

Nur um zu testen, wie er reagiert, umarme ich Brad und kuschele mich an ihn. Dank meiner guten Schauspielerfahrung, dank der keiner hier außer Lucas weiß, dass ich ein Junkie war, kann ich so tun, als würde ich das genießen.
Keine Frage, Brad hat einen geilen Körper, aber naja, es löst einfach nichts in mir aus, außer Erregung vielleicht.
Allerdings habe ich es mir die letzten Wochen abgewöhnen können, ständig einen Ständer zu bekommen und dann auch noch so, dass ich es gar nicht bemerke. Ich glaube echt, mein Sexentzug bringt was.

Und der Grund, weshalb ich es solange durchgehalten habe, ist, weil es sich sonst so angefühlt hätte, als würde ich Lucas betrügen. Lächerlich, ich weiß, aber es ist nun mal so.

Was aber ganz und gar nicht amüsant ist, ist Lucas Reaktion auf meine Kuschelei mit Brad, denn er beißt deutlich erkennbar die Zähne fest zusammen und killt Brad mit seinem Blick.
Es zeigt, was für ein schlechter Mensch ich bin, dass mich das glücklich macht.
Brad wird hier ausgenutzt, Lucas ist eifersüchtig und ich bin glücklich. So sollte es nicht sein, aber ich genieße es, denn es beweist, dass ich Lucas doch nicht völlig egal bin.
Aber auf der anderen Seite steht Brad, der sich durch diese Kuschelei mit mir outet und dem es egal zu sein scheint, dass er jetzt dieselben Blicke zugeworfen bekommt wie ich, solange er mich im Arm halten kann.

Ich verstehe endlich, warum ich mich ausgerecht in Lucas verliebt habe. Das nennt man Karma, weil ich andere verletze, weiß, dass ich ihnen wehtue, doch es nicht ändern will, aber es könnte, wofür ich jedoch zu egoistisch bin.

Bis zur Mittagspause überleben wir alles ohne weitere Vorkommnisse, doch als wir in der Cafeteria sitzen, unser ursprünglicher Vierertisch wurde auf einen mit 7 Plätzen ausgeweitet, kommt plötzlich die komplette Fußballmannschaft an unseren Tisch und stellt sich darum.
Ich weiß, dass das unschön wird und ich dafür verantwortlich bin, also lege ich meine Hand auf Brads, weil ich weiß, wie viel es ihm bedeutet.
Er lächelt mich leicht an.

Dann geht es auch schon los. „Hat er dich angesteckt oder warst du schon immer eine Schwuchtel?"
Brad schluckt, sagt aber nichts dazu. Er ist nicht der Typ, der auf Beleidigungen eingeht, dafür ist er zu schlau.
Ich allerdings hasse solche Kommentare. „Schwuchtel ist kein politisch korrekter Begriff, dafür könnte jeder Schwule dieser Welt dich anzeigen. Und mit Homosexualität kannst du keinen anstecken, entweder du bist so oder du bist es nicht. Man wird so geboren, du Vollpfosten." Böse sehe ich Trevor an. Den hab ich noch nie leiden können. Ich weiß auch, dass er hinter meinem Rücken gegen mich hetzt, aber so viel Mut es mir ins Gesicht zu sagen, hatte er noch nie. Bis jetzt.

„Man wird nicht so geboren, das ist eine Entscheidung. Und Brad hat die falsche Wahl getroffen" Trevor grinst böse, während er auf uns zukommt.
Ich mache mich schon bereit ihm eine reinzuhauen, weil Brad zu friedlich für sowas ist, aber da steht auch schon Lucas vor mir und dank seinem breiten Rücken sehe ich nichts mehr. „Du gehst jetzt besser, Trevor. Und alle anderen, die so denken wie er auch", damit wendet er sich an die Mannschaft. Er sieht ruhig aus, aber genau das macht ihn so bedrohlich.
Trevor schnaubt. „Wow, zwei Jahre lang bekommst du die Fresse nicht auf und wenn es mal passiert, dann um zu hetzen?"
Ich sehe, wie Lucas den Kopf schüttelt. „Derjenige, der hier hetzt, bist du. Leb' einfach dein Leben und lass uns unseres leben, dann gibt es keine Probleme."
Trevor schnaubt, murmelt etwas Unverständliches und verschwindet dann, gefolgt von ein paar weiteren aus dem Team.
Lucas setzt sich wieder, ich sehe ihn dankbar an, aber es ist noch nicht vorbei.

Liebe ist auch nur eine Sucht (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt