Castor:
Ich hab keine Ahnung mehr, wie ich nachhause gekommen bin.
Von dem Zeitpunkt an, als Lucas mir seinen Rücken zugedreht hat und gegangen ist, bis zu dem, als ich in mein Bett gefallen bin, habe ich einen totalen Blackout.Ich bin geschockt über mich selbst, über meine eigene Tat und über seine Reaktion.
Mir wenigstens sagen, dass wir trotzdem Freunde bleiben, hätte er doch können.
Aber nein, er ist einfach gegangen.Das macht mich so wütend. Wütend auf mich selbst, meine Tat und seine Reaktion.
In Wahrheit weiß ich gar nicht, was ich gerade fühle.
Vielleicht bin ich einfach nur überfordert.
Ja, das muss es sein.Das einzige, was sich weiß, ist, dass es verdammt weh tut und ich es einfach nicht mehr spüren will.
Ich rufe daher eine Freundin an, die mich die letzte Zeit ganz gut abgelenkt hat.
Marinette geht sofort ans Handy, wie immer als sei es in ihrer Hand festgeklebt. „Hei, du Hübscher", begrüßt sie mich.
Ich will einen lockeren Spruch zurückgeben, eine coole Begrüßung, aber mehr als ein Schluchzen kommt nicht raus.
„Cas? Was ist passiert?" Ihre Stimme verliert sofort an Fröhlichkeit.
„Ich will nicht darüber reden", bringe ich hervor.
„Komm zu mir, Cas, wir spielen Billard okay?"
Ich nicke, obwohl sie es nicht sieht, und stimme dann auch verbal zu.Bevor ich mich auf den Weg mache, muss ich erstmal ins Bad und mir diese verdammten Tränen wegwaschen.
Oft schieße ich mir kaltes Wasser ins Gesicht, immer wenn ich die Augen schließe, habe ich seinen Blick vor Augen.
Dieses Geschockte. Das, das sagt: Jetzt ist alles vorbei.Als ich den Spiegel sehe, erkenne ich mich fast nicht wieder.
Zum ersten Mal in meinem Leben sehe ich hässlich aus.
Ich bin einfach nur bemitleidenswert, mit meinen roten Augen, die glasig sind meinem verzweifelten und schmerzerfüllten Gesichtsausdruck.Ich ziehe mir eine Kapuzenjacke über, lasse Lucas' Jacke im Schrank hängen, da sie alles nur noch schlimmer machen würde. Als nächstes ziehe ich mir die Kapuze über den Kopf, senke den Blick zu Boden und mache mich auf den Weg in das andere Reichenviertel der Stadt.
Dass ich dadurch bei den Ghettos vorbeilaufen muss, stört mich wenig, immerhin sehe ich gerade so aus, als gehöre ich dazu.Bisher war ich erst einmal bei Marinette, um Billard zu spielen, aber da bin ich mit dem Auto gefahren, was weit weniger gefährlich war. Aber jetzt ist mir alles egal.
Ich würde mich auch ausrauben und verprügeln lassen, um diesen Schmerz irgendwie loszuwerden.Als ich dann wieder in bessere Gegenden komme, versiegt meine Hoffnung auf körperlichen Schmerz und der psychische steigt.
Bei Marinette angekommen, klingele ich.
Doch wer mir dann die Tür öffnet, schockiert mich, sodass ich erstmal einen Schritt zurückgehe.Seth grinst mich an, doch sein Blick verändert sich, nachdem er mich eine Weile gemustert hat.
„Komm rein, Kleiner" Er geht zur Seite.Marinette kommt aus dem Flur zu uns. „Hei, Cas. Das ist mein Bruder, von dem ich dir erzählt habe. Seth, das ist Cas"
Sie stellt mich gerade meinem Exfreund vor.Das schlimme ist, je weiter der Schock weicht und wieder Platz für den Schmerz macht, desto bewusster wird mir, dass Seth vermutlich gerade der einzige ist, der mir irgendwie helfen kann.
Ich betrete das Haus, Seth schließt die Tür und sieht zu seiner Schwester. „Ich hab dir doch mal von meinem Ex erzählt"
Sie nickt.
Seth deutet auf mich. „Da steht er. Aber nicht wirklich in voller Pracht." Er mustert mich kritisch.
Ich denke mir nur, Danke Arschloch, das hilft wirklich sehr.Marinete klopft ihrem Bruder auf die Schulter. „Ich wusste gar nicht, dass du auf jüngere Jungs stehst."
Kann mich bitte endlich jemand erschießen?
Die beiden scheinen zu bemerken, dass mir echt nicht nach Spaßen zumute ist.
Marinette nimmt mich in den Arm. „Was ist denn los?" Sie ist kleiner als ich, weiblich und gibt mir durch die Umarmung nicht wirklich das Gefühl, als könnte sie mich vor dem ganzen scheiß irgendwie retten.
Deshalb tue ich das dümmste überhaupt, schiebe sie von mir weg und umarme stattdessen Seth.
Zunächst ist er überrascht, doch er erwidert die Umarmung sofort und streicht mit den Fingern sanft über meinen Nacken. Das hat mich schon immer beruhigt.„Kann es sein, dass du vielleicht was zur Beruhigung brauchst?", höre ich ihn dann fragen.
Ich schüttle den Kopf.
„Zum aufpuschen?"
Wieder schüttele ich den Kopf. „Ich bin clean"
Er lacht leicht. „Junkies werden niemals richtig clean, honey. Stell dich nicht so an. Dir geht es scheiße und ich hab was, das dir helfen kann."Langsam weiche von ihm und sehe zu ihm hoch.
Er streichelt über meine Wange. „Du bist noch schöner geworden und so klein wie damals bist du auch nicht mehr." Er lächelt mich an, mit diesem Lächeln, das mich schon immer zum Schmelzen gebracht hat. Aber es lindert den Schmerz um Lucas kein bisschen.Ich habe endlich mal Gefühle zugelassen und auch dazu gestanden und was macht er? Reißt mir das Herz aus der Brust und trampelt darauf herum.
Ich weiß, er wollte mich nie mit Absicht verletzen, aber das hat er nun mal getan und ich muss jetzt damit klarkommen.Wer gesagt hat, wenn man verletzt ist, trifft man die dümmsten Entschieden seines Lebens, war ein wirklich sehr schlauer Mensch, denn ich stelle die nächste Frage. „Was hast du da?"
Seth lächelt breiter, geht zu einem Safe im Wohnzimmer.
Marinette beobachtet das kritisch. „Ich glaube nicht, dass er bezahlen kann, Seth"
Er zuckt mit den Schultern. „Ich lege es ihm aus. Guck doch mal, wie nötig er es hat. Ich will ihm bloß helfen"Als nächstes kommt er zu mir und legt mir eine Tablette in die Hand.
„Was ist drin?", frage ich.
Normalerweise habe und nur gespritzt, geschnupft oder geraucht.
Seth zuckt mit den Schultern. „Ein bisschen hiervon ein bisschen davon. Aber es hilft, glaub mir"
Ich mustere die Tablette kritisch und dann Seth.
Er lacht. „Vertrau mir doch mal ein bisschen."
Vielsagend sehe ich ihn an. „Dir vertrauen? Dein ernst?"
Er verdreht die Augen und verschränkt die Arme. „Nimm sie oder nimm sie nicht, aber du bist der, der mit den Konsequenzen leben muss. Du kannst entschieden, ob es dir gut oder schlecht geht"Tja und dann nehme ich sie.
Und nach wenigen Minuten fühlt sich die Welt schon so viel besser an.
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Liebe ist auch nur eine Sucht (boyxboy)
Teen FictionAchtung! Dies ist nicht die Geschichte einer Liebe wie sie beginnt, sondern wie sie endet. Aber vielleicht sollten wir doch erstmal von vorne anfangen: Es waren einmal zwei Jungs, beste Freunde, die unzertrennlich waren. Sie wuchsen zusammen auf un...