Kapitel 5

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Bens Sicht
Nach einer gefühlt endlosen Zugfahrt erscheinen die ersten Erfurter Häuser. Es ist ein Besonderes Gefühl wieder hier zu sein, hier ist mein Zuhause, hier ist der Ort, an dem ich immer glücklich war. Die Freude meine Freunde und Leyla wiederzusehen, ist nicht in Worte zu fassen. Ich hatte das alles hier so schrecklich vermisst und bin mehr als froh, dass ich mich entschieden habe wieder zurück zu gehen, auch wenn ich nicht weiß für wie lange. Ich kann Tina nicht verzeihen, aber Malina ist die letzte, die unter dieser Lüge leiden sollte. "Nächste Station Erfurt Hbf", ertönt die Stimme der Sprechanlage. Ich nehme meine Sachen und gehe in Richtung Ausgang. Wir fahren in den Bahnhof ein und schon holt mich die Vergangenheit wieder ein. Mit diesem Ort verbinde ich so viele Erinnerungen, gute wie schlechte, aber ich bereue es niemals, hier her gekommen zu sein. Die Türen öffnen sich und ich betrete nach über 3 Jahren wieder Erfurter Boden. Ich sehe mich um, es sieht alles noch so aus, wie ich es in Erinnerung habe. Ich folge den Treppen bis zum Ausgang und stehe kurz darauf vor dem Bahnhof. Der warme Wind weht sanft durch meine Haare, es ist wie ein Befreiungsgefühl wieder hier zu stehen. Nachdenklich schlendere ich durch die Erfurter Straßen, begrüße Bekannte, und mache mich irgendwann auf den Weg zu meinem alten Arbeitsplatz. Der Weg kommt mir immer noch so bekannt vor, als wäre ich ihn in den letzten Jahren jeden Tag gegangen. Irgendwann sehe ich die Umrisse des JTKs und einige Krankenwagen, die gerade die Notaufnahme passieren. Wie viel sich wohl verändert hat in dieser Zeit? Ich habe keine Ahnung. Doch meine Freude wird größer, als ich ein mir sehr bekanntes Gesicht sehe. Leyla steht mit Niklas vor dem Eingang und redet mit ihm, wahrscheinlich weil sie wieder irgendetwas beschäftigt. Er war schon immer für sie da gewesen, nicht so wie ich, der einfach abgehauen ist. Die Schuldgefühle sitzen immer noch tief, wie konnte ich es nur übers Herz bringen, Leyla zu verlassen? Nach allem, was wir durchgemacht hatten. Diese Zeit hatte uns nur noch mehr zusammengeschweißt. Ich beobachte die Zwei noch eine Weile und will schon auf sie zugehen, da sehe ich einen Mann mit kleinem Kind, der auf Leyla zusteuert. Sie begrüßt ihn und umarmt das Mädchen. Sie hat Leylas Haare, dass sehe ich aus dieser Entfernung. Ich hätte es vermuten können, aber es ist trotzdem wie ein Stich ins Herz. Genauso muss sich Leyla gefühlt haben, als ich sie verlassen habe. Und ich verstehe, warum sie sich nie gemeldet hatte. Sie führt jetzt ein glückliches Leben ohne mich, vielleicht ist sie auch schon mit dem Typen verheiratet, ich weiß es nicht. Leyla küsst den Mann und die drei gehen langsam Richtung Parkplatz. Ein paar Minuten später traue ich mich aus meiner Deckung. Nervös betrete ich das JTK, dass sich absolut nicht verändert hat in dieser Zeit. Ich setze mich auf einen der Cafeteriastühle und beobachte das Treiben. Ärzte rennen von A nach B, Krankenpfleger sortieren Akten am Counter, Patienten Laufe durch die Gänge. Alles wie immer. Vor lauter Beobachtungen merke ich gar nicht, wie sich von hinten jemand nähert. "Ben?", ertöhnt auf einmal Elias Stimme hinter mir. Ich wirble herum und schaue geradewegs in Julia, Elias und Theresas verduztes Gesicht. "Müsst ihr mich so erschrecken?", grinse ich, nachdem der erste Schreck überwunden ist und Falle den Dreien in die Arme. "Was führt dich denn mal wieder her, wir haben ewig nichts mehr von dir gehört", fängt Julia an zu sprechen. "Wir haben dich vermisst", wirft Bährchen ein. "Warum bist du abgehauen?", fragt Theresa. Alle Drei schauen mich erwartungsvoll an. "Ich kann euch alles erklären, aber sagt mir erstmal wie es Leyla geht. Ist sie glücklich mit ihrem Freund? Und war das vorhin ihre Tochter?" "So glücklich wie früher wird sie nie wieder sein denke ich aber ja es geht ihr gut und ihren Töchtern auch", fängt Elias an zu erzählen. Was Elias wohl damit meint, dass sie nie wieder so glücklich sein wird wie früher? Ist in meiner Abwesenheit irgendetwas passiert? "Ist irgendwas passiert, das ich vielleicht wissen sollte?", frage ich besorgt, denn ich kenne die Drei gut genug um zu merken, wenn sie mir etwas verschweigen. "Das sollte sie dir lieber selber sagen", meint Julia und verstummt gleich darauf. Ich verstehe gerade nur Bahnhof. Ist es etwa so schlimm, dass es mir keiner sagen will? Ich muss auf jeden Fall mal mit Leyla sprechen. "Wir wohnen seit 3 Jahren in Hamburg mit Malina unserer Tochter. Ich arbeite dort in einem Klinikum, bin aber abgehauen weil mir alles über den Kopf gewachsen ist...", erzähle ich ihnen. "Hier hat sich auch einiges verändert, nicht nur neue Kollegen, auch privat ist viel passiert", lächelt Julia und sieht dabei sehr auffällig zu Niklas. "Du und Dr. Ahrend also? Seid ihr wieder zusammen?" "Wir sind seit über 2 Jahren wieder zusammen und haben einen kleinen Sohn, Paul" "Herzlichen Glückwunsch, das freut mich wirklich sehr für euch Julia" Nach und nach erzählen auch die anderen beiden von ihren Erlebnissen der letzten Jahre. Ich wünschte ich wäre hier gewesen und hätte das alles mitbekommen. Sie wollen glücklich und das freut mich so sehr. Als alle wieder zurück an die Arbeit müssen, verabreden wir und noch für den heutigen Abend. Ich aber verlasse das JTK wieder und mache mich auf den Weg zu Leyla. Meine Gedanken kreisen wie immer weiter um sie und ich will wissen, was vorgefallen ist. Unsicher drücke ich auf die Klingel und wenig später geht die Tür auf. Leyla öffnet mit ihrem wunderschönen Lächeln und ihrer Tochter auf dem Arm die Türe, doch als sie mich sieht verdunkelt sich ihr Gesichtsausdruck wieder. "Hey Leyla. Ich...wollte mal wieder vorbeischauen und sehen, wie es euch allen geht" "Schätzchen geh doch nochmal zu Papa", meint Leyla zu ihrer Tochter und lässt sie von ihrem Arm herunter. Ihr Gesicht ist weiter Ernst, sie scheint sich überhaupt nicht zu freuen mich zu sehen. "Ich wollte mich entschuldigen, dass ich damals einfach abgehauen bin, dass war völlig idiotisch von mir. Ich dachte, ich tue das Richtige aber habe scheinbar alles verloren dadurch" "Das fällt dir jetzt ein nach 3 Jahren? Ganz ehrlich spar es dir. Du bist für mich gestorben, als du einfach abgehauen bist, mich alleine gelassen hast. Verschwinde einfach, geh am besten wieder nach Hamburg wo du herkommst, hier brauchst du nicht mehr aufzutauchen", meint sie wütend und will schon die Türe schließen, doch ich stelle schnell genug meinen Fuß hinein und kann es verhindern. "Leyla bitte. Lass uns reden. Ich hab all die Jahre immer nur an dich denken können. Ich habe es immer bereut gegangen zu sein und bitter dafür gezahlt.." "Du hast dafür gezahlt? Du hast keine Ahnung, was ich wegen dir durchmachen musste, du weißt garnichts! Und jetzt verschwinde einfach wieder aus meinem Leben ich will dich nicht mehr sehen!" Mit diesen Worten knallt sie mir die Türe vor der Nase zu. Ich verstehe nichts mehr, es tauchen nunoch mehr Fragen auf. Sie will mich nicht mehr in ihrem Leben haben das habe ich verstanden aber nur an der Trennung kann es nicht liegen. Es ist irgendwas anderes vorgefallen und das muss ich herausfinden, um wieder irgendeinen Draht zu ihr zu bekommen..

Beyla StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt