10

5.2K 312 20
                                    

Jungkook hörte die Herausforderung in der dunklen Stimme heraus und er wusste, dass er verloren hatte. Niemals würde er hier alleine rumgeistern. Sogar mit Mr Choi wäre er hier lieber durch gegangen als alleine und sein rasendes Herz war Grund genug, nicht einmal zu versuchen, dem Jungen etwas zu beweisen. „Fick dich", murmelte er schließlich. „Schön, du hast gewonnen. Ich habe Angst. Und jetzt?"

„Yoongi."

Er spürte einen Windhauch an seinem rechten Arm, dicht gefolgt von einer warmen Hand auf seiner linken Schulter. Er zuckte zusammen. „Erschreck mich nicht so", zischte er gereizt und er konnte ein dunkles Paar Augen sehen, das schwach glänzte.

Wieso war diese blöde Falltür über ihnen eigentlich direkt wieder zugefallen?

„Sorry", sprach der Rothaarige, „magst du jetzt mal was sagen oder soll ich?" Stumm hielt Jungkook dem Anderen das Walky Talky hin. Zumindest hielt er es da in die Luft, wo er seinen Kopf vermutete. Ein leises Lachen erklang und im nächsten Moment schlangen sich warme, schlanke Finger um seine eigenen, umgriffen fest das kleine Gerät und entwendeten es sanft aus seinen Händen.

„Wieso kannst du eigentlich so viel sehen?", fragte Jungkook und ließ seine Hand wieder baumeln. Bilder erschienen vor seinem inneren Auge, wie gruselige Gestalten aus der Schwärze hervorschossen und seine Hand schnappten. Er schluckte schwer.

„Ich sehe genauso wenig wie du. Ich habe nur als Kind sehr viel im Dunkeln gespielt. Da entwickelt man ein Gefühl", klärte Taehyung ihn auf und ein Knacksen ertönte aus dem Walky Talky. „Yoongi?", sprach Taehyung und der Dunkelhaarige schloss die Augen, verspannte sich und konzentrierte sich auf die warme Hand Taehyungs, die noch immer auf seiner linken Schulter lag.

„Hört ihr mich?" Yoongi klang kaum deutlicher als vorhin, doch Jungkook verstand ihn trotzdem. „Wir haben hier einen Plan der Zimmer. Ich glaube, wir müssen euch durchlotsen. Beziehungsweise ich. Die Mädels haben eine Tür gefunden und die ist dummerweise zugefallen. Keine Ahnung, wo die jetzt sind."

Taehyung lachte leise auf und auch auf Jungkooks Lippen erschien ein verkrampftes Lächeln. Die Stimme seines besten Freundes hatte schon immer eine beruhigende Wirkung auf ihn gehabt.

„Aber jetzt erstmal ihr. Wo seid ihr?"

„In einem dunklen Raum durch die Falltür. Man sieht nichts. Hier könnte eine Leiche liegen und wir würden es nicht sehen." Bei den Worten des Rothaarigen verkrampfte sich der Jüngere noch mehr. „Das mit der Leiche musste jetzt sein, oder?", murmelte er leise. „Ahh, tut mir leid, Jungkook", ruderte der Andere zurück, „hier liegt sicher nichts rum, keine Angst."

„Stockfinster?", knackste Yoongi. Taehyung machte ein zustimmendes Geräusch.

„Kannst du mir mal Jungkook geben, bitte?"

Eine warme Hand umschloss Jungkooks, löste die angespannte Faust und legte vorsichtig das Gerät hinein.

„Ja?", flüsterte Jungkook und die warme Hand auf seiner Schulter verschwand. Sofort umfing ihn eine Kälte, die ihn Erzittern ließ. „Alles okay?", wollte Yoongi fürsorglich wissen.

Yoongi wusste von seiner Angst. Natürlich wusste Yoongi es. Er war seit der Grundschule Jungkooks bester Freund und wusste alles von ihm. „Es geht", antwortete Jungkook. Es war zwar nicht ganz wahrheitsgemäß, aber er wusste, wie schnell sein Kumpel sich Sorgen machte.

Er ignorierte sein schwer und schnell klopfendes Herz, seine bebenden Hände und die Zähne, die immer und immer wieder aufeinanderprallten und nickte einmal. „Es geht", wiederholte er und war stolz, dass seine Stimme einigermaßen sicher klang.

„Okay. Entspann dich einfach, Kookie. Das geht bestimmt schneller als du denkst." Yoongis sanfte Stimme verstummte und die eine Hand tauchte an Jungkooks Oberarm auf, diesmal von vorne. Das Walky Talky wurde ihm abgenommen und der Dunkelhaarige konnte die Körperwärme spüren, die von dem Rothaarigen ausging. Er musste dicht vor ihm stehen.

„Keine Angst, ich werde mich nicht an dich ranmachen", fing Taehyung an und verwirrt verzog der Jüngere das Gesicht. „What the fck hast du vor?", fragte er panisch, als erneut leises Lachen erklang. „Ich wollte dich fragen, ob es dir helfen würde, meine Hand zu halten. So verlieren wir uns nicht", vollendete Taehyung vorsichtig seinen Satz und Jungkook atmete zitternd aus. Er brauchte nicht lange abzuwägen – unter normalen Umständen hätte er niemals die Hand von Kim Taehyung genommen, doch er befand sich gerade in einer unvergleichbaren Situation.

Die warme Hand, die an seinem Bizeps auflag, beruhigte ihn ein wenig. „Okay", hauchte er dann. Die Hand verschwand und kurz darauf stießen warme Finger unbeholfen auf seine. Taehyung positionierte seine Hand, sodass Jungkooks behutsam in seiner lag, dann drückte er sie leicht. Jungkook schluckte. Sobald er hier draußen war, würde er dem Rothaarigen nicht mehr in die Augen blicken können, da war er sicher. Wieso hatte er auch unbedingt mit diesem Idioten reden wollen? Er machte sich bestimmt schon lustig über ihn.

„Alles okay, Jungkook?"

„Hm, ja. Passt. Bring uns nur hier raus", äußerte Jungkook seinen dringendsten Wunsch und atmete tief ein.

„Aye aye, Captain. Yoongi, wo müssen wir hin?"

fire [taekook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt