Kapitel 23: Der Servamp des Hochmutes

54 4 5
                                    


Am nächsten Morgen wurde ich von meinem Handywecker geweckt. Ich schaltete den Alarm aus und war verwirrt, da ich heute eigentlich keine Schule hatte. 'Wie bin ich überhaupt in mein Bett gekommen?', fragte ich mich, bis ich mich erinnerte. Ich war gestern wohl eingepennt und wurde einfach von Shiro zu Bett gebracht. 'Ist...ja nichts...dabei...', dachte ich und merkte, wie meine Wangen immer wärmer wurden. Ich stand auf und ging durch die Tür, um zum Badezimmer zu gelangen. "Warte, Yuria", flüsterte jemand, der hinter mir neben der Tür stand. Ich drehte mich nicht um. "Was ist?", fragte ich. "Ich möchte dich gleich etwas fragen. Unter vier Augen!", antwortete die Person. "Ok...", antwortete ich und ging ins Bad. Ich machte mich fertig, während ich versuchte, wieder in mein Gedächtnis zu rufen, warum ich einen Wecker gestellt hatte. Danach ging ich in die Küche, wo Chiaki wartete. "Ist Chiharu nicht bei dir?", fragte ich. "Nein, die schläft, wie die anderen auch. Außerdem wollte ich doch sowieso unter vier Augen mit dir sprechen."  "Es ist doch noch früh, warum bist du überhaupt schon wach?", fragte ich, um abzulenken. "Ich bin nicht hier, um Smalltalk zu führen! Deshalb lass mich direkt zum Punkt kommen...Was hältst du genau von Shiro?", fragte sie direkt. "Hä? W-was soll ich von ihm halten?", fragte ich überrascht. "Liebst du ihn?" "W-was?! Nein, natürlich nicht! Wie zur Hölle kommst du darauf?", fragte ich hektisch. "Es ist ziemlich auffällig, nicht? Mach mir nichts vor...aber findest du nicht, dass du etwas zu jung bist?" "Ja, ich wäre zu jung, aber ich liebe ihn nicht!", sagte ich. "Wen liebt Yuria nicht?", fragte Chiharu, die verschlafen mit ihrem Stofftier in die Küche kam. "Niemanden...Nein, alle! Ich liebe niemanden, klar?" "Oje...Lasst uns, wenn wir schon mal alle wach sind, anfangen, das Essen vorzubereiten.", schlug Chiaki vor. Sie wollte wahrscheinlich das Thema vor Chiharu nicht vertiefen. "Okay", stimmten wir zu. Wobei Chiharu, wie immer, sehr motiviert klang. Ich fragte mich, woher sie diese Motivation schon am frühen Morgen her hatte. Chiaki holte die Sachen aus dem Kühlschrank und sie begannen zu kochen, ohne dass ich überhaupt wusste, was wir machten. "Ähm...", wollte ich die Beiden unterbrechen, aber sie waren in ihre Arbeit versunken. "Weißt du, Chiaki? Wenn wir keine Abkömmlinge wären, könnten wir zum Frühstücken ausgehen. Wie mit Papa damals", erwähnte Chiharu nebenbei. "Wie kommst du jetzt darauf, Haru? Das ist Jahrhunderte her und völlig aus der Luft gegriffen. Außerdem können wir mit Shiro gar nicht ausgehe, sonst gehen wir noch pleite!" "Dann könnte er sich ja einen Job holen, bei dem er in der Nacht arbeiten kann. Oder wir holen uns so einen Job!" 'Einen Job...Wie konnte ich das vergessen?!' "Ehm...Ich muss dann mal los, Leute. Ich komme heut Abend wieder", rief ich und lief zum Ausgang. "Moment mal! Wo willst du hin?", fragte Chiaki und kam mir hinterher. "Ich muss...zur Arbeit", sagte ich zögernd, nahm den Regenschirm, den Tetsu mir ausgeliehen hatte, und schlüpfte durch die Tür durch, nachdem ich meine Schuhe angezogen hatte. Ich rannte eine Zeit lang die Straße runter, bis ich fürs erste keine Luft mehr hatte. Als ich auf mein Handy sah, bemerkte ich, dass ich noch etwas Zeit hatte. Deshalb schrieb ich Chiaki eine Nachricht.

'Hey Chiaki, ich bin jetzt vielleicht schnell losgerannt...Wie soll ich es am besten erklären? Ich habe gestern einen Job bekommen, bei dem ich heute schon anfangen durfte. Eigentlich auch nur, um es mir anzuschauen. Wenn ich es richtig verstanden habe. Sag Shiro bitte, dass er zu der folgenden Adresse kommen soll. Wenn er nicht kommt, weißt du ja, was passiert!'

Ich wartete auf keine Antwort und steckte mein Handy zurück in meine Hosentasche. Kurz darauf kam ich an. Ich ging in das Gasthaus rein und begab mich zu einem Raum, in dem Tetsu sich mit mir treffen wollte. Nach etwa zehn Minuten kam er dann auch. Er erklärte mir, dass ich mich um die Gäste kümmern sollte, weil ich außer Japanisch noch Englisch und Deutsch sprechen konnte. Weil keine Ferien waren, kamen sowieso nicht viele Leute und wenn, dann nur welche, die nicht lange blieben. Deshalb war es eine gute Zeit, um sich den Job anzugucken und sich daran zu gewöhnen. 'Aber dass ich mich direkt um die Besucher kümmern musste, erschien mir...Ich weiß nicht...Aber das würde doch niemand machen. Ich meine, jeder normale Arbeitgeber würde sich den Arbeiter doch erstmal an den Arbeitsplatz gewöhnen lassen. Ich kenn mich hier ja nicht mal aus! Auch wenn er mir gestern alles gezeigt hat, konnte ich mir doch unmöglich alles merken!', dachte ich nervös. Nachdem er mir meine Aufgaben zugeteilt hatte, verging die Zeit relativ schnell. Es war ziemlich stressig und ich musste mich auch oft bei den Gästen entschuldigen, aber sie waren alle lässig drauf. Trotzdem freute ich mich auf eine Pause. Ich setzte mich in den Raum, in dem in der Mitte ein Tisch stand, bei dem man auf Kissen sitzen musste, weil er so klein war. Außerdem standen hier noch ein Fernseher, der Regenschirm, den ich vorhin hier hingestellt hatte, und ein Sarg. 'Moment mal...Was?! Ein Sarg?!', bemerkte ich schockiert. 'Stand der nicht vorhin auch draußen?' Auf dem Sarg war Werbung für den Onsen geschrieben, aber ich fand, dass es eine ziemlich abstrakte Art war, um Gäste anzulocken. Als ich in Gedanken über den Sarg versunken war, öffnete sich plötzlich die Schiebetür, was mich zusammenzucken ließ. Es war Tetsu, der zu mir in den Raum kam mit zwei Softdrink Dosen in der Hand und sich zu mir an den Tisch setzte. "Und? Wie findest du den Job?", fragte er, wobei seine Stimme etwas desinteressiert klang. Nein, das war es nicht, aber sie klang schon ziemlich stumpf. So hohl. Es war nicht böse gemeint, er war schließlich mein Boss oder so. "Es ist ziemlich anstrengend, irgendwie. Aber ich denke, daran kann man sich gewöhnen." Danach waren wir beide eine kurze Zeit still. "Ehm Tetsu...", wollte ich anfangen, doch er fing im selben Moment an zu sprechen. "Möchtest du etwas trinken?", fragte er. "Gerne", antwortete ich schüchtern. "Hier", sagte er und reichte mir die Dose. Ich nahm sie entgegen und bedankte mich. "Du wolltest doch noch was sagen, oder?", fragte er mich. "Ja...Da...", sagte ich und zeigte auf den Sarg. "Du hast den Regenschirm wieder mitgebracht", bemerkte er, da der Regenschirm neben dem Sarg stand. "Nein! Also ja, hab ich, aber das ist nicht das, was ich meine...Warum hast du einen Sarg als Werbung?" "Er ist nur nebensächlich als Werbung." "...und wozu brauchst du ihn dann?" "Vampire benutzen es gerne als Schlafplatz. Weißt du das nicht?", fragte er, als wäre es das natürlichste der Welt. "Und...schläft da wirklich ein Vampir drin?", fragte ich zögernd und vorsichtig. 'Was, wenn er es nur als Spaß sagt? Ich darf mich auf keinen Fall verplappern', dachte ich, während ich auf seine Antwort wartete. Doch wurde unser Gespräch durch das Klingeln meines Handys unterbrochen. Ich wurde angerufen. "Entschuldige, ich muss dran gehen", sagte ich und nahm den Anruf an. "Hallo?" "Warum verlässt du einfach das Haus, während ich schlafe?", fragte ein etwas wütender Shiro. "Tut mir leid...Ich hab Chiaki eine Adresse gesendet. Komm bitte, weil sonst passiert ja 'Du weißt schon was'." "Jaja, bin schon auf dem Weg...Also noch nicht aus der Tür raus." "...Ok, dann bis gleich...Obwohl warte! Gab es heute irgendwie Stress mit Chiaki oder Mika?", fragte ich. "Chiaki?", fragte er verwirrt zurück.

(K)eine Servamp FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt