Kleider, Küsse und ein Call me maybe

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Ich zog den Vorhang der Umkleidekabine auf. Und sah in diese Augen. Sah diese perfekt verwuschelten, dunkelbraunen Haare, das Lächeln eines Superstars. Ich sah ihn.

"Ich will aber auch mal einen Typen kennenlernen! Und du hast gleich eine ganze Warteschleife an Typen, die auf dich stehen!" Ich liebe meine Freundin, ich liebe sie wirklich. Und ich gönne es ihr ja auch, dass die einfach so begehrt ist wie ein Vuitton-Tasche. Aber warum muss ich denn dann umso unbegehrter sein? Das ist doch nicht fair! "Ach Süße, hör auf zu übertreiben! Du bist wunderschön und hast einen super Charakter. Aber du lernst keine Typen kennen, weil du sie nie ansprichst! Aber der Traumprinz kommt nicht aus den Wolken gefallen, kniet vor dir nieder und gesteht dir seine Liebe! Du musst dich mal bemühen!" Wie oft ich diesen Spruch schon gehört habe. Ivy ist mir da wirklich keine große Hilfe. Aber dann macht sie ausnahmsweise mal einen vernünftigen Vorschlag: "Ich weiß was. Wir gehen am Samstag zur Jugenddisko. Ich kenne ein paar Leute, die da auch hingehen. Die kennen bestimmt Typen, die zu dir passen könnten." Wow. "Das ist eine gute Idee! Cool! Aber ... was ziehe ich da an?!" Ivy macht sich gleich ans Werk, reißt meinen Kleiderschrank auf, guckt in alle Schubladen, ob sich etwas passendes finden lässt. Eigentlich hätte ich ein großes Problem damit, wenn jemand einfach meine Wäscheschubladen durchguckt. Aber Ivy darf das. Sie ist schließlich meine beste Freundin. Und sie findet eigentlich immer eine tolle Lösung. Außer jetzt. "Ist das dein Ernst?! Du hast kein Minikleid?! keinen Bleistiftrock?! Nicht mal eine sexy Röhre?!" Sie ist entsetzt. Anscheinend war sie bei ihrer Durchsuchung nicht erfolgreich. "Ich glaube, es wird dringend Zeit, dass wir mal was Vernünftiges für dich einkaufen gehen!"

Und so stehe ich zwei Tage später vorm Eingang des neuen Einkaufszentrums in unserer Stadt. Mit Ivy, die schon meterlange Listen von möglichen Outfits und verschiedenen Kombinationen vorbereitet hat. Wir betreten das Kaufhaus. Es ist riesig. "Okay, wo sollen wir zuerst hin?", frage ich Ivy. Schließlich hat sie die gesamte Planung unseres Shoppingtags übernommen. Schnell bekomme ich eine Antwort: "Zu *Hollister*! Ich wette, wir finden dort ein super Kleid für dich!"

Fünf Minuten später stehe ich inmitten einer meterlangen Warteschlange aus aufgeregten Teenies, die die ganze Zeit nur über Klamotten diskutieren. Wir stehen vor *Hollister*. Ich stehe eigentlich nicht auf so einen Markenquatsch. Aber das Design des Ladens, zumindest von außen, finde ich schon cool.

Nach einer halben Ewigkeit  laufe ich orientierungslos und vollkommen ziellos zwischen Klamottenständern, Regalen und aufgeregten Teeniegirls herum und weiß überhaupt nicht, wie mir geschieht, wenn Ivy ab und zu hektisch auf mich zugerannt kommt und mir irgendein Teil anhält. Schließlich werde ich von ihr mit zwei Kleidern, einer Short und einem fast bauchfreien Shirt in die Umkleide geschoben. Ich habe mir vorgenommen, das schönste Kleid zum Schluss anzuziehen. Nun trage ich die Shorts mit dem Shirt und erschrecke mich, wie weich die Sachen sind. Es ist unglaublich. Und sie riechen so gut! Dann ziehe ich das erste Kleid an. allerdings sitzt es nicht gut und zwickt ein bisschen. Also ziehe ich es wieder aus und schlüpfe in das schönste Kleid von allen. Es ist dunkelblau, trägerlos, mit Spitzen am Rock und einer weißen Schleife auf Taillenhöhe. Dieses Kleid ist ein Traum. Ich schaue in den Spiegel und erkenne mich fast nicht wieder. Zum ersten Mal fühle ich mich so richtig hübsch. Das Kleid schmeichelt meinen Hüften, lässt meine Beine dünner wirken. Meine langen braunen Haare fallen gerade so schön und meine Augen strahlen im Moment wie noch nie. Es ist merkwürdig, wie ein Kleid die gesamte Einstellung verändern kann. Wie auch immer, ich muss Ivy das Kleid zeigen. Ich ziehe den Vorhang der Umkleidekabine auf und schaue direkt in diese Augen. Sehe diese perfekt verwuschelten, dunkelbraunen Haare, das umwerfende Lächeln eines heißbegehrten Superstars. Ich sehe ihn. Den perfekten *Hollister*-Boy. Und er schaut mich an. Mein Blick wandert an ihm runter, vorbei an seinen breiten, starken Schultern, über seinen muskulösen, mit einem six-pack bestückten Bauch. Und erst dann fällt mir auf, dass er gar kein Shirt trägt. Sondern nur eine Jeans. von Hollister, klar. Er muss hier arbeiten, es geht gar nicht anders. Ich schaue wieder in seine strahlend grünen Augen. Sein Blick wandert über meinen Körper, das Kleid, mein Gesicht, meine Haare. Und er lächelt mich an. Ich lächel zurück. Und ich spüre etwas. Da ist Spannung in der Luft. Er geht einen Schritt auf mich zu, ich gehe einen Schritt zurück, in die Umkleidekabine. Er kommt immer näher auf mich zu , ganz langsam, ich gehe immer einen kleinen Schritt zurück, bis ich an der Wand stehe. Und ich fühle mich gar nicht bedrängt, fühle mich eher herausgefordert.

Und plötzlich beugt er sich zu mir herab, mit seiner Hand streicht er mir eine Haarsträhne hinter das Ohr. Er wird mich küssen, oder? Ja. Er küsst mich. ich halte mich in seinen Haaren fest, streiche über seine Brust. Dann ist der Kuss zu Ende. Er lächelt mich an, ich lächel zurück, schaue über seine Schulter, schaue in Ivys fassungsloses Gesicht. Was macht sie denn jetzt hier? Er dreht sich zu Ivy um. Ein entschuldigendes "Oh" bringt er hervor, schaut mich noch einmal an und verlässt die Umkleidekabine.

Ist das gerade wirklich passiert? Ich knutsche mit einem Typen rum, von dem jedes Mädchen nicht einmal zu träumen wagt, rede kein Wort mit ihm und weiß nicht einmal seinen Namen?! Kann mich mal jemand kneifen? Und da steht immer noch Ivy, mit offenem Mund , starrt mich fassungslos an. Ist eigentlich ein gutes Gefühl, die sonst so heißbegehrte beste Freundin mal neidisch zu sehen. Mein Blick wandert weiter, durch die Kabine, über meinen Kleiderhaufen, bleibt an einem kleinen Zettel hängen. Gehört der dort hin? Ich hebe ihn vom Boden auf, entfalte ihn.

Call me maybe ♥ 0156288866551 -Luke-

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