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„Und sein Hund muss die Nacht über beim Tierarzt bleiben?", hakte Jungkook nach und Taehyung neben ihm nickte. Er hatte sich auf Jungkooks Einladung neben ihn ans Fenster auf die Matratze des Dunkelhaarigen gesetzt und starrte ins Nichts. „Ddosun ist so ziemlich alles, was er hat. Und leider ist der Gute schon ziemlich alt"", sagte er leise.

„Und du", fügte Jungkook ebenso leise hinzu, was den Rothaarigen ein Lächeln entlockte. „Ja, ich auch. Jimin ist ein sehr sensibler Mensch. Er leidet an häufigen Panikattacken und dann hilft meist relativ wenig. Er sagte mir mal, dass meine Stimme das Einzige ist, was ihn halbwegs beruhigt in solchen Situationen", erzählte er weiter. Jungkook lächelte sanft. „Das ist irgendwie süß. Hatte er die letzten Tage auch Panikattacken?"

„Nein, Ddosun ging es nur so schlecht. Vorhin war es die erste Panikattacke seit fast zwei Wochen." Taehyung schlang seine Arme um die angewinkelten Beine und legte seinen Kopf schräg auf seinen Knien ab. Er musterte Jungkooks Gesicht und dieser starrte zurück. „Das ist auch der Grund, warum ich die letzte Zeit immer am Handy bin. Jimin hat gerade Ferien und ist komplett alleine mit sich und seinen Sorgen. Ich weiß, dass ist keine Entschuldigung für mein asoziales Verhalten, aber-"

„Finde ich schon", stellte der Dunkelhaarige fest. „Das ist wirklich sehr lieb von dir."

„Es ist selbstverständlich für mich, Jungkook. Er ist mein bester Freund. Und in gewisser Weise auch das Einzige, was ICH habe. Wir passen aufeinander auf wie Brüder."

„Obwohl ihr euch noch nie getroffen habt?"

„Ja. Es macht keinen Unterschied für mich!"

„Willst du ihn denn mal treffen?"

„Um ehrlich zu sein, habe ich keinen größeren Wunsch. Aber er wohnt ein Stück weg und meine Eltern würden das nicht erlauben. Sie mögen es nicht, wenn ich im Internet Kontakte knüpfe."

Nachdenklich tippte Jungkook sich an dir Lippen. Noch nie hatte er Taehyung so viel sprechen erlebt. Dieser Junge steckte wirklich voller Überraschungen.

„Darf ich dich was fragen, Taehyung?", traute er sich irgendwann, leise zu sagen.

„Nur zu."

„All diese Gerüchte über dich. Ist an ihnen was dran?"

„Welche meinst du?" Taehyung wirkte amüsiert. Ihm schienen die ganzen Behauptungen über sein Leben nichts auszumachen.

„Dass du Nacktfotos versendest?"

„Sehe ich so aus?"

Kurz musterte Jungkook den Älteren von der Seite. Der Mond schien nur schwach in sein Gesicht, doch es reichte aus, seine Augen zum Leuchten zu bringen. „Wie sieht denn jemand aus, der Nudes verschickt?", hakte er sicherheitshalber nach. „Keine Ahnung. Ich hoffe, nicht wie ich."

„Und stimmt es, dass du eine Internetbeziehung führst?"

„Nope. Jimin ist der Einzige, mit dem der Kontakt noch immer so eng und viel ist. Hast du eigentlich eine Freundin, Jungkook?"

„Du meinst, abgesehen von meiner Liebsten? Die du mir aufgezwungen hast?" Jungkook ließ seine Stimme nicht vorwurfsvoll klingen. Er wollte die Atmosphäre zwischen ihnen auf keinen Fall gefährden. Yoongi wäre stolz auf ihn.

Taehyung nickte grinsend.

„Nein, keine Freundin. Was ist mit dir?"

„Sehe ich so aus? Diesmal ist die Frage ist übrigens wirklich ernst gemeint."

Taehyung drehte seinen Kopf vollständig zu Jungkook und beobachtete ihn dabei, wie er sich durch die Haare fuhr, bevor er das Gesicht des Anderen scannte, von den Haarspitzen bis zum Kinn.

„Du siehst aus", sprach er dann langsam, „wie jemand, dessen Freundin genauso schräg ist, wie du."

„Danke."

Schweigen breitete sich aus, das Jungkook zum ersten Mal als einigermaßen angenehm bezeichnen würde. Hin und wieder ließ er seinen Blick zu dem Anderen wandern, der die Augen geschlossen hatte und irgendwie zufrieden aussah.

„Hast du Juna damals zu Nudes gedrängt und ihr Dickpics geschickt?", sprach Jungkook dann ein weiteres Gerücht an, das ihn beschäftigte, seit er Taehyung näher kannte. Er wirkte nicht so auf ihn, als würde er so etwas auch nur in Erwägung ziehen.

„Wtf, nein. Denkt man sowas wirklich von mir?"

Jungkook zuckte die Schultern. Juna war ein beliebtes und anständiges Mädchen, wohingegen Taehyung ein Außenseiter war, von dem man kaum etwas wusste.

„Naja, keine Ahnung."

„Was ist das denn für eine Schlange", stellte der Rothaarige fest und schüttelte den Kopf. „Ich habe sie nie zu irgendetwas gedrängt", erklärte er dann.

„Wieso sagt sie das dann?"

„Weil ich sie damals abgewiesen habe. Wir waren ein, zwei Mal miteinander aus. Sie wollte mehr, ich nicht." Taehyung starrte in die Luft, als hätte er Schwierigkeiten, sich zu erinnern. „Dann ist sie aufdringlich geworden. Bis es mir zu viel war, dann habe ich den Kontakt abgebrochen. Ende der Geschichte. Vermutlich war sie ein wenig sauer."

Jungkook sah mit großen Augen zu dem Anderen herüber.

„Wieso hast du das nie richtiggestellt?", hakte er neugierig nach, „das sind heftige Vorwürfe!"

Der Rothaarige begegnete seinem Blick.

„Wer hätte mir geglaubt, Jungkook? Oder überhaupt zugehört?"

Diese Gegenfrage ließ Jungkook verstummen. Der Andere hatte Recht. Auch er musste zugeben, dass er eher einem beliebten, freundlichen Mädchen wie Juna Glauben geschenkt hätte als dem Creep Taehyung, über den weitaus andere Gerüchte kursierten.

Eine Weile waren sie still und hingen ihren Gedanken nach, bis Taehyung erneut leise seine Stimme erhob und etwas sagte. Doch da hatte Jungkook längst seine Augen geschlossen und war in einen leichten Schlaf abgedriftet.

Er spürte nur leicht die sanften Berührungen an seiner Schulter, als Taehyung ihn sanft lächelnd von seiner Schulter auf sein Kissen schob und ihn zudeckte. Obwohl Jungkook es mitbekam, verspürte er nicht das Bedürfnis, die Augen zu öffnen und Taehyung wegzuscheuchen. Stattdessen ließ er ihn machen und konzentrierte sich auf die Wärme, die der Andere an ihn abgab, bis er in sein eigenes Bett kroch.

Im Halbschlaf dachte der Dunkelhaarige noch einmal über Taehyungs Worte nach. Dass Jimin ihn brauchte, wie sehr er ihm half und dass er sich so sehr wünschte, ihn zu treffen. Und dass er es gar nicht erst versuchte, seinen Ruf zu retten.

Wenn er so darüber nachdachte, war der langweilige Creep aus der Schule eine verdammt interessante und herzensgute Person.

Und wieso zur Hölle hatte er die Nähe vorhin gemocht, als Taehyung so dicht vor ihm stand und sie dieselbe Luft geatmet hatten. Und wieso dieses Geborgenheitsgefühl, als er ihn zudeckte?

fire [taekook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt