Ich trete aus dem Hauptgebäude des Londoners Heathrow Flughafens hinaus an die eisige Luft. Sofort wickele ich meinen Schal enger um meinen Hals, schließe meine dicke Jacke und vergrabe meine Hände in ihren großen Taschen. Vor mir stehen ein paar Taxis und Privatfahrzeuge. Ich halte nach einem Fahrer Ausschau, der einen Zettel mit meinem Namen in den Händen hält. Nach ein paar Sekunden entdecke ich einen älteren Mann der genau diesen Zettel vor seiner Brust hält und laufe rasch auf ihn zu. Vor mir kann ich kleine Wolken sehen, die ich mit jedem Atemzug ausstoße. Es ist wirklich arschkalt. Als nun auch der Mann mich mitbekommt lächelt er mir kurz zu und dreht sich dann zu dem Kofferraum seines Mercedes um und öffnet diesen. Etwas außer Atem komme ich endlich neben ihm zum stehen. " Good Morning Ms. Philips, May I take your suitcase?" fragt der Mann und lächelt mich wieder an. " Good Morning, oh yes thank you very much! May I ask what your name is?" frage ich ihn lächelnd. " Oh, excuse me, I forgot all about that. Smith, my name is Smith, but you can call me Paul." antwortet er und streckt mir seine Hand entgegen. Ich gebe ihm meine und sage noch schnell " You can call me Kaia, Paul." bevor wir in das warme Auto steigen. Ich mache es mir auf der Rückbank bequem und schnalle mich an, währenddessen startet Paul den Motor und parkt den Wagen gekonnt aus. " Did you have a good flight?" fragt mich Paul, durch den Rückspiegel anblickend. " Yes, he was very relaxed." antworte ich und Paul nickt mir noch einmal zu, bevor er seinen Blick wieder auf die Straße richtet.
Ich lehne meinen Kopf an das Fenster und beobachte die vorbeiziehenden Häuser. Endlich war ich da angekommen, wo ich schon immer hin wollte. Nichts und niemand sollte sich mir in den Weg stellen. Nun hatte ich es selber in der Hand, meinen Lebenstraum zu verwirklichen. Als ich meine erste Kamera bekam war ich 12 und von da an bestand beinahe meine gesamte Freizeit daraus in der Stadt herumzulaufen und alles und jeden zu fotografieren. Bis in die Nacht saß ich später auch immer öfter vor meinem Laptop und bearbeitete Bilder über Bilder. Ich wollte nur noch fotografieren und nichts anderes. Nach meinem Abitur fing ich sofort an zu studieren und nun war ich hier, in London und hatte die Möglichkeit meine Passion voll und ganz auszuleben. Durch das Internet war Mrs. Walsh auf meine Bilder gestoßen und verliebte sich in diese, wie sie mir bei einem Telefonat verriet. Mrs. Walsh und ihr Ehemann sind Unternehmer und wollen ihre finanziellen Möglichkeiten dazu nutzen mich zu fördern und zu unterstützen. Nach vielen Gesprächen zwischen ihnen und meiner Familie, bekam ich den Segen meiner Eltern und durfte nach London ziehen, mit der Bedingung sie so oft es geht zu Hause zu besuchen. Jetzt war ich aber erstmal hier und muss mich in meinem neuen Leben zurechtfinden.
Langsam merke ich wie meine Augen schwerer werden. Der Flug war scheinbar doch nicht so entspannt, wie ich ihn mir eingebildet hatte. Wir waren inzwischen in der Londoner City angelangt und standen im Stau. Ich beobachte die Menschen die an uns vorbeilaufen. Einige sind Touristen, die an jeder Ecke stehen bleiben und Fotos machen, andere sind Geschäftsleute in Anzug mit Aktentasche oder Stiftkleid mit teurer Markentasche. Am liebsten würde ich sofort aussteigen und fotografieren aber Familie Walsh erwartete mich schon, außerdem habe ich später immer noch genug Zeit zum fotografieren. Ich werde vorerst bei Familie Walsh leben. Sie haben ein großes Haus, damit jeder genug Privatsphäre hat und sie haben zwei Kinder. Einen Sohn, Tyler, in meinem Alter und Lucie, ihre 12 jährige Tochter, um die ich mich kümmern soll wenn Mr. und Mrs. Walsh keine Zeit haben. Das kommt durch ihren Job leider ziemlich oft vor. Ich war schon sehr aufgeregt die beiden kennenzulernen. Sie waren zweisprachig aufgewachsen, da ihre Eltern sehr viel mit deutschen Unternehmern zu tun haben, was für mich sehr angenehm ist. Ich kann zwar sehr gut Englisch aber Deutsch ist mir immer noch angenehmer.
Ich gähne und muss bei dem Gedanken an ein bequemes Bett leicht lächeln. "We'll be right there." kommt es von vorne und Paul lächelt mich durch den Rückspiegel an. Ich lächle nur nickend zurück und richte meine Aufmerksamkeit wieder auf die vorbeiziehenden Häuser, die nun um einiges größer sind als die zu Beginn unserer Fahrt. Ich muss mich dazu zwingen, dass mein Mund nicht so weit aufgeht dass eines dieser Häuser reinpassen könnte. Irgendwann werde ich auch in so einem Haus leben, das habe ich mir immer vorgenommen. Das kommt im ersten Moment vielleicht etwas oberflächlich rüber aber ich finde die Vorstellung schön, mit meiner Fotografie mir später einmal sowas leisten zu können.
DU LIEST GERADE
London calling Complicated love
Roman pour AdolescentsKaia wusste es bereits seit sie jünger war: London ruft nach ihr. Mit 20 wagt sie den großen Sprung, lässt ihr altes Leben im tristen Hamburg zurück und zieht in die Stadt, von der sie immer geträumt hatte. Dort möchte sie ihren großen Traum verwirk...