5 Jahre später

6 1 0
                                    

„Wie ihr jetzt stand ich vor 5 Jahren vor der Wahl meines C.B. Programmes und damit vor der Entscheidung, ob ich ein Cyborg oder eine Aussätzige werden will. Ich habe mich entschieden. Für das Leben mit Technik in meinem Körper. Und ich habe diese Entscheidung kein einziges Mal bereut. Mein Glück war es, die positiven und negativen Seiten von dem Leben als Cyborg und als Aussätzige zu kennen, so dass meine Entscheidung abseits von der durch die Regierung geteilte Propaganda fiel. Cyborg Technologie birgt ungeahnte Möglichkeiten: Wir können uns von Krankheiten heilen, Körperteile ersetzten und Verbessern und neue Berufe schaffen. Auf den ersten Blick wirkt es wie eine einfache Entscheidung sich für das Leben eines Cyborgs zu entscheiden. Doch wie ich feststellen musste ist es nicht so. Cyborg Technologie birgt auch Risiken: Fehler können zur Zerstörung und Verkrüppelung eines Menschen führen, Menschen werden Aufgrund ihrer Wahl gegen diese Technologie diskriminiert. Ausgeschlossen und runter gemacht.

Dieses erleben und die Sicht auf beide Seiten haben mich damals natürlich mit beeinflusst und geprägt. Doch jetzt stehe ich hier. Mit einer Augenprothese und spreche vor hunderten Schülern. Ich habe mich für ein Cyborg Dasein entschlossen, da ich an den Fortschritt, der mit dieser Technik verbunden ist, geglaubt habe und immer noch glaube. Ich habe das Risiko in Kauf genommen und würde es immer wieder tun. Denn wie gesagt, es ist ein Risiko und unser Leben steckt voller Risiken.

Aber es ist auch völlig okay sich gegen dieses Risiko zu entscheiden. Ich habe es am Anfang nicht verstanden, wie jemand sich gegen diese Möglichkeit wehren kann, doch ich habe bemerkt, dass es gar nicht schlimm ist kein Cyborg zu sein. Diese Menschen, oder Aussätzige, wie sie genannt werden, sind genauso wie wir. Genauso wie du und ich. Bloß weil sie ihre eigene Meinung haben, sind sie deshalb doch nicht weniger wert, oder? Viele Denken das. Doch dem ist nicht so. Auch wenn es zwischen uns Unterschiede gibt, sind wir doch alle Menschen. Wie haben alle Wünsche und Träume. Wir alle Leben auf der gleichen Welt und atmen dieselbe Luft. Vielleicht mag die Entscheidung sich gegen das C.B. Programm zu entscheiden einem Fremd vor kommen und alle die keine Cyborgs sind auch. Aber schaut euch an, bis jetzt seid ihr auch noch keine Cyborgs. Fühlt ihr euch aber deshalb minderwertig und weniger wert? Nein. Denn jeder Mensch ist gleich viel Wert. Egal ob Cyborg oder nicht. Egal welche Entscheidungen er im Leben trifft. Viele Cyborgs denken sie seien mehr wert. Weil sie durch die Technologie mehr Fähigkeiten haben. Aber sind es nicht unsere Entscheidungen, die uns zu dem machen wer wir sind und nicht unsere Fähigkeiten? Wir treffen täglich Entscheidungen, darüber was wir Essen oder anziehen wollen. Aber manchmal sind unsere Entscheidungen schwerwiegender. Dennoch, wie schon bei der Frage nach dem Essen, gibt es kein richtig oder falsch. Denn eine Entscheidung ist nie schwarz/weiß. Wir alle haben Gründe so zu handeln wie wir es tun. Deshalb diskriminiere ich jemanden genauso wenig wegen seiner Essgewohnheiten, als wegen seiner Entscheidung kein Cyborg zu werden oder zu sein.

Egal für was ihr euch entscheidet, eure Wahl ist völlig legitim und egal wie sie lautet, sollte sie akzeptiert werden. Genauso wie andere eure Entscheidung akzeptieren sollen, solltet ihr aber auch die der anderen akzeptieren. Wenn dies geschieht, dass jeder andere für ihre Entscheidungen, Lebensweise, Kultur und Charakter akzeptiert und nicht ausschließt, würden wir in einer besseren, Lebenswerten Welt leben. Und das sollte von uns allen das Ziel sein. Die Welt für andere uns sich selber lebenswert zu machen, ohne dabei andere einzuschränken.

Danke für eure Aufmerksamkeit."

Applaus brandet auf. Stühle werden zurückgeschoben und ich ziehe mich von dem Podest, welches vor den Schülern aufgestellt wurde zurück. Hände werden mir geschüttelt und eine Lehrerin dankt mir für die Rede. Freundlich lächelnd ziehe ich mich höflich, aber zügig zurück. Am Ausgang wartet meine Familie auf mich. Einträchtig stehen meine Eltern, Josh und Tante Marie nebeneinander und als ich bei ihnen stehe, werde ich erst mal in eine große Gruppen Umarmung gezogen.

„Wir sind so stolz auf dich!" Mom drückt mir, nachdem wir uns wieder voneinander gelöst haben, einen dicken Kuss auf die Stirn. Josh stimmt ihr mit einem Nicken zu und nimmt meine Hand in seine.

Ich bin froh eine Familie zu haben, die mittlerweile voll und ganz hinter mir steht und sich auch untereinander versteht.

Es war in den letzten Jahren nicht immer einfach. Mom und Dad wollten meine Beziehung zu Josh und den Kontakt zu Marie nicht akzeptieren. Irgendwann habe ich sie vor die Wahl gestellt entweder ich und Josh und Marie oder sie müssen auf mich für immer verzichten.

Es ist ihnen nicht leicht gefallen zwei nicht Cyborgs in ihrer Familie zu akzeptieren, doch mittlerweile können Josh und Dad sich unterhalten, ohne sich dabei in die Haare zu bekommen und Mom und Marie schaffen es einträchtig nebeneinander in der Küche zu stehen und zu kochen.

Auch für Josh war es am Anfang nicht leicht. Einen Cyborg als Freundin zu haben, hat in ihm ungeliebte Erinnerungen wachgerufen. Doch er hat seinen Weg gefunden damit klar zu kommen und wenn er sich dann an manchen Tagen stundenlang zurückzieht, weil er einen schlechten Tag hat und niemand sehen will, verstehe ich das. Vor fünf Jahren habe ich Logan, das Versprechen gegeben mich niemals von den Cyborgs abzuwenden. Ich hätte dieses Versprechen gebrochen, wenn es nötig gewesen wäre. Doch ich habe einen guten Weg gefunden beide Welten zu vereinen.

Ich habe bald nach meinem Schulabschluss, auf Drängen meiner Eltern hin, ein Studium als Architektin angefangen, doch schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist. Seitdem arbeite ich, wie es mein Wunsch war, für eine Hilfsorganisation, die sich gegen die Diskriminierung von Nicht Cyborgs einsetzt. Ich halte Reden an Schulen, organisiere Informationsveranstaltungen und Hilfsangebote. Als Cyborg werde ich respektiert und genau das Gleiche will ich auch für alle anderen erreichen. Die Arbeit macht mir Spaß und wenn ich sehe, wie Cyborgs und nicht Cyborgs nach ihren Entscheidungen befreundet bleiben und Eltern ihre Kinder akzeptieren wie sie sind und sie nicht ausschließen, bin ich mehr als glücklich. Denn ich weiß, dass ich Leuten mit meiner Arbeit helfen und ihnen ein besseres Leben ermöglichen kann. Die kleinen Dinge, wie wir als Organisation erreichen, machen das Zusammenleben der Menschen in unserer Stadt ein Stück besser und tragen zu einem lebenswerteren Miteinander bei.

Die Welt wird nie perfekt sein, aber man kann sich dazu entscheiden, sie etwas besser zu machen.

You've reached the end of published parts.

⏰ Last updated: May 08, 2019 ⏰

Add this story to your Library to get notified about new parts!

NirnayWhere stories live. Discover now