Kapitel 6 - Briefe und Feinde

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"Hallo Harry!

Du hattest mir ja am Gleis gesagt, dass ich dir mal schreiben könnte, wenn ich etwas wissen will oder Fragen habe. Und eigentlich will ich mit dem Brief beides tun. Ich habe lauter merkwürdige Sachen erfahren, die wohl mit meinem Vater zu tun haben. Ich will mich nicht bei dir beschweren, aber ich denke, dass du damals in der Winkelgasse nicht alles Wichtige über Dad erzählt hast. Ich würde einfach gerne von dir wissen, ob es wahr ist, dass Dad ein Werwolf war und warum dass anscheinend jeder weiß...
Ich habe das Gefühl, dass die ganze Zaubererwelt mehr über mich und meine Familie weiß, als ich selbst und das macht mich einfach total fertig. Deshalb wollte ich dir schreiben, um einiges besser verstehen zu können.
Du kanntest Dad gut, also bitte sag mir die Wahrheit und alles was du weißt. Das ist mir einfach verdammt wichtig, Grandma hat mir NIE etwas erzählt und solangsam gelte ich hier schon als verrückt, weil meine Mitschüler merken, dass ich rein gar nichts über meine eigenen Eltern und ja sogar scheinbar nichts über mich weiß.
Mum hast du doch auch gut gekannt, oder nicht? Denn meine Mitschüler wissen komischerweise auch alle über sie Bescheid. Weißt du, wie nervig das ist, wenn man irgendwie eine Art kleine Berühmtheit ist, aber nichtmal wirklich weiß, warum.
Ich weiß, dass ich dich viel auf einmal frage, aber anscheinend bist du ja mein Pate und ehrlich gesagt wäre ich froh, über diese Dinge, die Wahrheit zu erfahren und mit jemandem, zumindest darüber schreiben zu können. James hilft mir natürlich, aber nur du hast Mum und Dad wirklich gekannt.
Und, kommt es wirklich von Mum - das mit den Haaren??
Ich hätte gedacht, dass die meisten Zauberer sowas hätten.
Aber naja, es sieht eher nicht danach aus... Wie kommt das?!
Ich hoffe, dass du verstehst, warum ich dir so viele Fragen stelle, sei bitte nicht genervt deswegen.

Bis dann
Teddy

Als ich mir den Brief nochmal durchlese, bin ich zwar nervös, da ich viele meiner Sorgen und Fragen in den Text gepackt habe, aber auch entschlossen, weil ich endlich wirkliche Antworten haben will. Ich habe mich, als ich den Brief geschrieben habe, immer wieder gefragt, ob ich all diese Sachen wirklich Harry fragen kann, dann aber auch immer wieder gedacht, dass nur er mir die Antworten liefern kann. Gleichzeitig hab ich das Gefühl, dass er mich vielleicht versteht. Nachdem ich so viel über den großen Harry Potter gehört habe, habe ich auch erfahren, dass er seine Eltern, genau wie ich, nie kennengelernt hat und auch lange als Kind gar nicht wusste, dass er ein Zauberer ist. Er hatte also irgendwie ein ähnliches Schicksal..
Also binde ich die Briefrolle an das Bein meiner Eule Melvin und gehe danach wieder runter von der Eulerei in Richtung Gryffindor-Gemeinschaftsraum. Ich war extra um 4 Uhr aufgestanden, um noch vor dem ersten Schultag genügend Zeit zu haben den Brief schreiben und versenden zu können. Dementsprechend komme ich, für den ersten Schultag ungünstig, schon ziemlich müde und abgekämpft am Gemeinschaftsraum an, in den wenige Minuten später ein gähnender James hinunterkommt.
"Du bist aber schnell gewesen, heute morgen" sagt James müde, mit Blick auf mein schon vollständiges Outfit. Scheinbar hat er die Vorfälle von gestern schon wieder vergessen.
"Ja, ich war schon bisschen früher auf, bisschen nervös - erster Schultag und so." erwidere ich.
James nickt nur, als Zeichen, dass er verstanden hat. Gerade will ich ihm mitteilen, was ich eigentlich in den frühen Morgenstunden getan habe, als George, Liam und William die Treppe vom Schlafsaal runter kommen. Die Drei kommen schon freudig und hoffnungsvoll auf uns zu, als plötzlich James reagiert und mich am Arm aus dem Gemeinschaftsraum herauszieht. Ich frage ihn, wo er denn hin will, doch er antwortet nicht, bis er ein leeres Klassenzimmer gefunden hat.
"Was sollte das denn?" schnauze Ich ihn leicht genervt an.
"Was das sollte? Das - war deine Rettung! Die hätten doch nochmal mit dem Zeug von gestern angefangen. Schon vergessen?!" kontert James.
"Nein, ich hätte gedacht, du hättest es vergessen, aber ach egal... - also Danke!"
"Nicht der Rede wert!" sagt James lässig. Ich merke immer mehr, dass ich James vertrauen kann, auch wenn mich manches an ihm nervt.
"Du, James, das mit meinem Vater..."
fange ich an, ohne richtig zu wissen, wie ich ihm erklären soll, dass ich gerade seinem Vater einen ewig langen Brief geschrieben habe.
"Hey, Teddy, ich wusste selber nicht, nunja, dass du so wenig weißt.." sagt da James. "Ich kann dir alles, was ich über deine Eltern weiß, erklären... - wenn du willst, allerdings weiß ich auch nur das, was mir Dad gesagt hat."
"Und da sind wir schon beim springenden Punkt, " sage ich darauf, wonach James eine Braue hochzieht.
"Ich habe deinem Dad heute morgen geschrieben. Deswegen war ich schon so früh auf. Ich konnte eh' nicht schlafen und irgendwie ist es auch leichter über das Ganze zu schreiben, als naja du weißt schon, drüber zu reden... Weißt du ich will einfach alles wissen. Was soll das, alle kommen sie, sehen mich an und wissen wer ich bin. Aber ich weiß es nicht." sage ich und ich merke, wie sich meine Augen mit Tränen füllen. Über das Ganze zu reden, ist nochmal um einiges härter, als es nur auf Pergament zu schreiben. James legt mir einen Arm um die Schulter und sagt eine Weile lang nichts. In den Moment bin ich sowas von froh, einen Freund zu haben.
"So komisch ich es auch finde, dass mein bester Kumpel meinem Vater einen Brief schreibt", an der Stelle lache ich kurz auf "Ich denke, er ist genau der Richtige. Ich denke, ihr beide habt einiges gemeinsam und Dad weiß bestimmt mehr über sie, also über deinen Dad und deine Mum, als ich." ich nicke bestätigend, bin aber immer noch relativ fertig. James scheint das zu merken und fügt scherzhaft hinzu: "Und zudem weiß ich, dass Gryffindors, die sich nur in Klassensäalen verkriechen, keine guten Zauberer werden. Komm, erstmal gut frühstücken und dann ab zu Verwandlung."
"Ich zeig dir noch Gryffindor..." gebe ich lachend zurück und füge scherzend hinzu: "Mal sehen, wer als erster in eine Ratte verwandelt wird."
"Ja, am besten die Slytherins, komm wir gehen runter" sagt James darauf.
Nach dem besten Frühstück meines Lebens ist die Stimmung nochmal deutlich bessee und ich freue mich schon auf den kommenden Unterricht. Auf dem Weg zu Verwandlung reden James und ich mal wieder über unser Gesprächsthema Nummer 1: Quidditch. Als mir James gerade von dem unglaublich talentierten tcheschischen Treiber Milsk erzählt und wir am Verwandlungssaal ankommen, treten uns aus dem Nichts drei Slytherins entgegen, die uns wohl den Weg versperren wollen.
"Lupin und Potter. Ne Missgeburt und der Sohn vom Auserwählten" sagt der eine von den drei Slytherins, dabei betont er das Wort "Auserwählten" abschätzend. "Noch nichts erreicht und trotzdem gefeiert, weil die Eltern irgendwas in nem bescheuerten Krieg erreicht haben sollen." provoziert der dicke Slytherin weiter.
"In dem wohl wichtigsten und bedeutendsten Zaubererkrieg aller Zeiten", rufe ich ihnen zornig entgegen "Aber ihr hättet euch vermutlich gewünscht, dass euer Lord gewonnen hätte, nicht wahr?!" schleudere ich ihnen herausfordernd entgegen.
"Nicht so vorlaut, Teddybärchen, musst du zu Mami schmusen gehen, ach nein - geht ja gar nicht!" schmeißt mir der dicke blonde Slytherin entgegen.
"Das geht zu weit, ihr Arschlöcher!" schreit James daraufhin und zückt seinen Zauberstab. Doch ich bin schon auf den Slytherin losgestürmt und habe ihn zu Boden gerungen. Jetzt schaut uns die halbe Schule zu - bis...: "Was ist denn hier los, Mr Lupin, gehen Sie sofort von Mr Ronners runter... Und stecken Sie ihren Zauberstab weg, Potter!" befiehlt uns eine strenge Stimme. Unheil ahnend lasse ich das Arsch von Slytherin los und schaue in die strengen Augen von Direktorin McGonagall.
"Lupin, und ja auch sie Mr Potter, folgen sie mir, in mein Büro!
Sie alle anderen warten hier leise." sagt sie zu den anderen Schülern gewandt.
Immer noch kochend vor Wut, beschweren wir uns lautstark über diese Ungerechtigkeit, doch die Direktorin befiehlt uns zu schweigen und ihr zu folgen.
Der erste Schultag hat noch nicht einmal angefangen, und schon endet alles in einer Katastrophe.
Und das alles wegen diesen Slytherin-Schweinen, denke ich immer noch voller Wut.

Ted Lupin - Auf der Suche nach sich selbstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt