Kapitel 2 Teil 1

332 9 0
                                    

Am Ende der Ferien angekommen, packte ich mein letztes Heft in meinen Rucksack und ging nach unten. Dort sah ich Tom gerade aus der Haustür gehen und meine Mutter im Esszimmer sitzen. "Gehst du heute garnicht auf die Arbeit, Mama?", fragte ich sie. "Nein ich hab jetzt drei Tage frei und fahre mit Nadine nach Berlin ein bisschen die Stadt anschauen. Ich bin also übermorgen wieder da.", lächelte sie mich an. "Okay, na dann viel Spaß euch.", sagte ich und wendete den Blick ab. Als ich die Tür hinter mir schloss und in Richtung Bushaltestelle lief, fiel mir ein, dass ich ja mit Tom bis übermorgen alleine wäre. Ich bekam einen Würgereiz bei dem Gedanken daran also versuchte ich es zu vergessen und stieg in den Bus ein.

Nach circa 20 Minuten war ich vor der Schule angekommen. Ich sah viele Schüler, welche eintraten und ihre Klassenzimmer aufsuchten, als ich die Eingangstür öffnete und ein paar Schritte nach drinnen machte. Ich fühlte mich nicht gut. Von überall bekam ich neugierige Blicke entgegen geworfen und ich fühlte mich, als wäre ich winzig und alle um mich herum riesig. Ich senkte den Kopf und suchte das Sekretariat um nach meinem Raum zu fragen. "Du... musst die Neue sein, oder?", hörte ich eine Stimme hinter mir, die von einem Jungen sein musste. Ich drehte mich um und Blickte in die haselnussbraunen Augen eines braunhaarigen Jungen. "Ehm ja ich bin Kim.", gab ich zurück. "Ich weiß, ich bin Jana.", sagte Angesprochener lächelnd.
'Jana? Wer nennt seinen Sohn J-. Oh', mir ging ein Licht auf. Ich lächelte zurück und fragte zögerlich "Und wie soll ich dich nennen?" "Ju wäre ganz gut.", sagte Ju aller Anschein nach erleichtert. Ich war froh, dass ich jemanden gefunden hatte. Ju nahm mich ohne zu zögern bei der Hand und führte mich zu unserem Klassenzimmer. "Du kannst dich gerne neben mich setzen. Weißt du, ich bin nicht sehr beliebt... ich hoffe das macht dir nichts.?", sagte Ju. "Natürlich macht es mir nichts. Ich komm gerne zu dir.", grinste ich. Mein Gegenüber strahlte regelrecht bei meiner Antwort und wir gingen an unsere Plätze. "Sag mal, warum hast du mich direkt gefragt, wie du mich anstatt Jana nennen sollst?", wurde ich gefragt. "Naja. Ich hatte auch mal eine Freundin wie du, verstehst du? Nur, dass sie wollte, dass ich sie Clara nenne anstatt Felix.", erklärte ich. Ju konnte sich ein weiteres Lächeln nicht verkneifen. "Du bist die erste, die mich so akzeptiert. Als Junge.", schluchzte er plötzlich. "Ist doch selbstverständlich!", ich nahm seine Hand und drückte sie einmal kurz um ihm mein Verständnis zu vermitteln. Ohne eine Vorwarnung umarmte Ju mich und ich erwiderte diese. Als er mich wieder losgelassen hatte, sah ich, dass seine Augen gerötet waren.

Auf einmal kam ein weiterer Junge zu uns und fing an zu lachen. "Was soll die scheiße denn jetzt wieder, Jana? Geierst wieder nach Freunden. Wann verstehst du endlich, dass das was du abziehst dämlich ist? Mädchen ist Mädchen und Junge ist Junge!", sagte dieser. Die anderen Mädchen fingen an zu kichern. Aller Anschein nach war er das "Alpha Tier" der Klasse. "Na komm, Süße such dir wahre Freunde.", zwinkerte der Junge mir zu. Ich schaute Ju an und er sah mich an. Ich wandte den Blick ab und sah wieder nach Vorne "Bist du fertig?", fragte ich genervt. Mein Gegenüber warf mir einen wütenden Blick zu und ging zurück. Ju lächelte mich an und flüsterte ein "Danke" in meine Richtung.

Als es zur ersten Pause geklingelt hatte ging ich zusammen mit meinem neuen Freund nach draußen und er zeigte mir unterwegs noch ein paar Sachen in der Schule. Wir verstanden uns echt gut und ich war froh so eine nette Person gefunden zu haben, wobei ich jetzt vom Rest der Klasse gehasst werden würde, aber das war mir egal. "Hey, du... findest du mich komisch?", fragte Ju mich auf einmal. Ich schaute ihn an, zog eine Augenbraue nach oben und legte meinen Kopf zur Seite. "Warum sollte ich? Ich finde dich einfach nur Mega süß und freundlich. Ich bin froh dich als Freund zu haben.", erklärte ich ihm darauf. Ich sah wie er leicht rot wurde. Ich nahm seine Hand und wir gingen zusammen wieder nach drinnen. "Du, Kim wie alt bist du eigentlich?", "Ich bin 15 und du?", sagte ich. "Ich auch", antwortete er.

Als es kurz vor Unterrichtsschluss war, ging unser Lehrer kurz nach draußen ein paar Blätter kopieren und sofort als er den Raum verlassen hatte schnellten die Köpfe einiger Schüler in meine Richtung. Ju war gerade dabei einen Eintrag weiter zu schreiben und ich kaute auf dem Stiftende meines Bleistiftes herum und schaute dabei aus dem Fenster. "Kim du scheinst wohl richtig stolz auf dich zu sein, was?", zickte mich ein Mädchen an, welches schulterlange, blonde Haare hatte und schräg gegenüber von mir saß. "Stolz nicht mit dir befreundet zu sein, ganz richtig.", meine Grasgrünen Augen wanderten in ihre Richtung, jedoch kaute ich genüsslich weiter auf meinem Stift herum, gespannt auf Ihre Reaktion. Ich spürte Ju's Blick an meiner Seite haften. Das Mädchen hatte sich von mir abgewandt und fing an mit ihrer Nachbarin zu tuscheln. "Du hast aber eine ganz schön große Klappe!", lachte ein schwarzhaariger. "Gefällt mir, wir sollten ein Paar werden, Kim!", zwinkerte mir der Junge von heute früh entgegen. Ich legte den Stift zur Seite. "Und dein Name ist?", fragte ich diesen. Er drehte seinen ganzen Körper in meine Richtung, baute sich ein wenig protestierend auf und protzte den Namen "Chris" lächelnd in meine Richtung. "Na gut, Chris. Nur mal ganz kurz zum verstehen, okay?", er schaute mich erwartend an. "Schieb Dir deine Vorstellung, dass aus uns etwas werden würde sonst wohin.", spuckte ich ihm regelrecht entgegen.

In diesem Moment kam der Lehrer wieder in die Klasse mit einem Stapel Papier und sah mich wütend an. "Kim, deine Aufgabe als neue Schülerin ist nicht, seine Mitschüler zu beleidigen!".
Ich verdrehte die Augen und hab damit mein Einverständnis auf eine Zusatzarbeit gegeben. Als es zum Unterrichtsschluss klingelte ging ich zusammen mit Ju durch den Schulflur nach draußen auf dem Pausenhof. "Wir sehen uns dann morgen?", lächelte er mich an. "Klar. Ich freu mich und schreib mich an.", entgegnete ich. Ju nickte freundlich und ich machte mich auf den Weg zum Bus.

——————————————————————————

Being LostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt