Kapitel Vierzehn

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Sofort war die Stimmung geplatzt und enttäuscht zog ich mich zurück. Nur langsam wollte sich mein Herz beruhigen, noch schlug es laut und hämmernd in meiner Brust. Seufzend wandte ich mich ab und blickte stattdessen in die Richtung, in die Vraldes zeigte. Und tatsächlich, dort stand Ramura und unterhielt sich mit einer Frau. Direkt erkannte ich sie. Die Frau verkaufte das Brot, welches wir häufig aßen, und hatte immer ein nettes Wort für uns übrig. Widerwillig ließ ich mich von Vraldes hinziehen und schleppte Satumar hinter mir her, den ich an meiner rechten Hand hielt. Bei den letzten Metern riss sich Vraldes los und rannte auf Limbara zu. Diese erblickte uns und öffnete lächelnd ihre Arme. Sofort sprang ihr ihre Tochter in die Arme und Limbara zog sie an sich. Liebevoll vergrub sie ihren Kopf in Vraldes Haare und bemerkte da die Blume. Fragend lächelte sie mich an und ich nickte bestätigend. Beruhigt schloss Limbara die Augen, bevor sie sanft ihre Tochter auf dem Boden absetzte.

»Schöne Blume«, grinste sie.

Verlegen nickte Vraldes. »Die hat mir der Blumenmann gegeben«, rief sie dann stolz und benutzte damit unwissend den Namen, den ich dem kleinen, schlaksigen Mann insgeheim gegeben hatte.

Bei dem Namen fing Limbara an zu lachen und meinte dann: »Der Blumenmann heißt Victorus.«

Der Name passt sehr gut, dachte ich nur, bevor ich mich wieder Satumar zuwandte. Als ich noch im Schloss war, gab es dort auch einen Mann namens Victorus und der war immer total aufgeregt und hektisch, weshalb ich diesen Namen nun mit jemandem verband, der hektisch war.

»Wo ist Amandiel eigentlich?«, fragte ich Satumar, nachdem ich Amandiel nicht fand.

Auf meine Frage hin, suchte auch Satumar nach seinem Vater. Suchend sah ich mich um, aber Menschentrauben versperrten teilweise die Sicht.

»Dort«, flüsterte Satumar nach ein paar Minuten, in denen wir uns umsahen.

Suchend sah ich in die Richtung, in die er zeigte, doch sah ich Amandiel nicht. Kurz fluchte ich. Ich war zu klein. Als Satumar meinen Versuch mich größer zu machen, bemerkte, hob er mich ohne ein Wort zu sagen hoch. Überrascht quiekte ich auf, als er mich an der Hüfte packte und ich den Boden unter den Füßen verlor. Sofort versuchte ich mich frei zustrampeln, doch er hielt mich fest in seinen Händen. Nach einigen weiteren erfolglosen Versuchen wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, gab ich seufzend auf und blickte stattdessen wieder in die Richtung, in der Satumar seinen Vater vermutete. Direkt erkannte ich ihn. Er stand dort und sah sich auch suchend um. Als er sich in unsere Richtung drehte, stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen. Grinsend kam er auf uns zu und ich meinte zu Satumar, dass er mich jetzt runterlassen kann. Langsam ließ er mich nach unten, hielt mich aber weiterhin fest, obwohl ich schon stand. Mit festem Griff drehte er mich zu sich um und sah mir tief in die Augen. Auf einmal war da wieder diese aufgeladene Stimmung. Ich wusste, dass Satumar sie auch bemerkte, denn sein Blick glitt immer wieder zu meinen Lippen, nur um wieder zu meinen Augen zurück zu kehren. Auch mein Blick ging zu seinen Lippen und der Drang ihn zu küssen war überwältigend groß. Gerade, als ich dachte ich müsse die Initiative ergreifen, beugte Satumar sich vor und schon spürte ich seine Lippen auf meinen. Mein Herz setzte einen Schlag aus, nur um dann doppelt so schnell weiter zuschlagen. Kurz keuchte ich auf, von den Gefühlen, die in diesem Kuss steckten, überwältigt.

Nur widerwillig lösten wir uns voneinander. Als ich mich wieder zu Limbara umdrehte, schoss mir das Blut in die Wangen, denn sie starrte zu uns rüber. Ein kleines Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie bemerkte, dass ich sie fragend ansah, weil sie uns angestarrt hatte. Verlegen sah sie dann auf den Boden und scharrte mit den Füßen im Sand.

Ein Geräusch ließ mich herumfahren. Amandiel hatte uns erreicht. Fragend sah er von Limbara zu mir und wieder zurück. Jetzt war es an mir verlegen auf den Boden zu sehen. Sobald Limbara ihren Mann bemerkte sah sie auf und lächelte ihn liebevoll an. Etwas überrascht blinzelte Amandiel, bevor er wohl innerlich mit den Schultern zuckte, denn er ging zu Limbara und gab ihr einen kleinen Kuss. Limbara erwiderte diesen und fing dann leise an mit ihm zu reden. Hin und wieder nickte Amandiel, aber ich konnte nicht verstehen, worüber die Beiden redeten. Einmal sah er auf und blickte mich an und mir wurde siedend heiß. Reden die über mich?, fragte ich mich. Doch dann zuckte ich mit den Achseln. Selbst wenn die Beiden über mich reden würden, war es wohl nichts schlimmes, denn als Amandiel meinen forschenden Blick bemerkte, lächelte er mich aufrichtig an, sodass kleine Lachfalten entstanden. Auch meine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. Dann wandte ich den Blick wieder ab und sah mich erneut in der Menge um. Ich wusste nicht, wie häufig ich das schon getan hatte und sich nicht viel getan hatte, aber ich hatte keine Ahnung, wo ich sonst hinschauen sollte, weshalb ich die Menge beobachtete. Gerade sah ich einen kleinen Jungen, der mit einem Mädchen redete, welches ein bisschen jünger als er war. Bei seinen Worten errötete das Mädchen und wandte schüchtern den Blick ab. Der Junge schien etwas zu fragen, denn er hatte beide Augenbrauen leicht hochgezogen und sah sie mit schief gelegtem Kopf an. Kurz sah ich noch die Überraschung in den Augen des Mädchens, bevor sie sich wieder ihrem Gesprächspartner zuwandte. Mit einem Nicken symbolisierte sie ihre Zustimmung und grinsend hielt ihr der Junge seinen Arm hin. Zögernd hakte sie sich bei ihm ein und die Beiden verschwanden dann aus meiner Sicht. Einen Moment sah ich den Beiden noch nach und überlegte, was er sie wohl gefragt hatte, bevor ich mich innerlich seufzend abwandte und mir jemand neues zum Beobachten aussuchte.

Die nächsten, die ich mir aussuchte, hatten wohl einen Streit. Beide gestikulierten wild in der Luft, bis sich der eine genervt abwandte. Sein Streitpartner warf die Hände in die Luft und verschwand dann auch. Der erste schien dem anderen noch was hinterher rufen zu wollen, doch er entschied sich dagegen, fuhr sich durch die Haare und drehte sich ein paar mal im Kreis, so als wüsste er nicht, was er mit sich anfangen soll. Als er sich gerade in meine Richtung drehte, hob er den Kopf, entdeckte mich und wurde feuerrot. Ihm schien es wohl peinlich zu sein von einer Prinzessin beim Streit beobachtet worden zu sein. Langsam hob er dann aber die Hand und winkte mir kurz zu. Mit einem aufmunternden Lächeln grüßte ich zurück, bevor ich mich wieder abwandte. Ich wollte ihn nicht noch mehr in Verlegenheit bringen, auch wenn ich mich fragte, was daran so schlimm ist, dass ich ihn beim Streiten gesehen hatte.

Der rote MorgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt