"Wellen. Was sind das?"
"Wellen...das ist Wasser, das vom Wind gepeitscht am Felsen bricht. Das sind Berge aus Wasser, die den Frachter zum Kentern bringen. Wellen...das ist Wasser, das an schönen Tagen lustig plätschernd an den Strand rollt und Muscheln hinterlässt."
"Wasser - ein schönes Wort. Wir brauchen kein Wasser. Wir kennen es nicht. Wo kommt es her? was tut es?"
"Wasser...Wasser ist alt. Seit Anbeginn der Welt gibt es Wasser. Es kennt die Geheimnisse der Erde. Es kennt alle Geschichten. Es erzählt sie Nachts leise flüsternd dem Mond. Wasser ist ruhig und sanft...der Ursprung allen Lebens. Wasser ist aber auch rau und wild...der Ursprung aller Gefahren. Niemand kennt es wirklich."
"Wo ist es, das Wasser? Jetzt, in diesem Augenblick?"
"Wasser ist überall. Es ist in der Luft. Es ist in mir, wie in allem Leben. Was tot ist braucht kein Wasser. Die Wolken sind aus Wasser. Die Meere, die Flüsse, die Seen die Tiere - überall ist das Wasser... schon immer und auch jetzt in diesem Augenblick."
"Hat das Wasser denn keinen Feind? Es klingt so unbesiegbar?"
"Ja...das Wasser hat einen Feind. Einen einzigen. Aber auch der kann das Wasser nicht zerstören. Es ist das Feuer. Es frisst sich in alles, was in seine Nähe kommt. Es existiert seit Anbeginn der Welt. Es knistert und flackert, es hat Zungen und Arme. Es muss immer bewacht werden, denn es erzählt von Zerstörung und Hunger. Einmal befreit, will es seinen Hunger stillen und nichts kann es aufhalten."
"Und was ist mit dem Wasser? - In dem Augenblick, in dem es auf das Feuer trifft?"
"Das Wasser ist zu kalt für das Feuer - das Feuer ist zu heiß für das Wasser. Es ist ein Kampf seit Anbeginn der Zeiten. Geschichten erzählen von tosendem Regen und Strömen aus flüssigem Feuer...niemand kennt den Ausgang dieses Ewigen Kampfes. Das Wasser verdampft, wenn das Feuer es berührt. das Feuer verlischt, wenn das Wasser es berührt. Dann schwebt das Wasser als Wolke im Himmel und das Feuer zieht sich tief unter die Erde zurück."
"Und was ist mit dem Meer? Es sieht so traurig aus. Es sagt, ihr würdet es nutzen, ohne auf seinen Rat zu hören!"
"Ja, das tun wir. - Das Meer hat recht; es hat recht seit Anbeginn der Welt und es wird immer recht haben, denn das Meer kennt alle Geschichten. Wir nehmen ihm das Leben aus dem Herzen, sodass eine öde wilde Wüste zurückbleibt. Wir ersticken es unter Öl bis sein Atem stockt. Wir belästigen es mit Lärm und ertränken es in Müll. Wir sehen zu, wie es sein Leben aushaucht, doch wir können nichts dagegen tun. Zu spät erst haben wir die Folgen unserer Taten erkannt."
"Was heißt das? Dass es nie mehr Wellen gibt, die lustig plätschernd an den Strand rollen, um Muscheln zu hinterlassen? Dass niemand mehr Geschichten leise flüsternd dem Mond erzählt, vom Anbeginn der Zeit? Und dass es nie mehr Wasser gibt, aus dem das Leben kommt?"
"Nein. Das heißt es nicht. das Wasser überlebt - immer! Es hat schon immer überlebt - es überlebt sogar das Feuer mit seinen Zungen und Armen, das alles frisst, das in seine Nähe kommt. - Aber wir...wir überleben es nicht. wir zerstören uns selbst. Wir sind nur eine der Geschichten, die das Wasser nachts leise flüsternd dem Mond erzählt."

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Gespräch mit den Sternen
Short StoryKurzgeschichte zum Nachdenken. Es geht um Geschichten, Wasser, Sterne und Leben.