Kapitel 4 Teil 1

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Als ich Zuhause ankam war ich komplett verzweifelt. Ju war mein erster Freund hier geworden und ausgerechnet ihm musste das passieren. Ich warf meine Tasche in irgendeine Ecke meines Zimmers, lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand und lies mich, weinend, langsam daran herunterrutschen. "Ich muss zu ihm. Ich werde einen risen Ärger bekommen, aber das ist mir egal ich muss ihn sehen.", ich wischte mir mein Gesicht mit meinem Ärmel trocken und googelte nach dem nächsten Krankenhaus und wie ich mit dem Bus hinkommen würde.

Als ich vor dem Krankenhaus stand, musste ich mir eine Ausrede überlegen um an seine Zimmernummer zu kommen und mit ihm reden zu können. Ich ging durch die Tür und meine Ozeanblauen Augen schwebten durch die Eingangshalle. Es roch nach Medikamenten und es war stickig warm. Ich ging einfach geradeaus und versuchte eine Krankenschwester ausfindig zu machen. Plötzlich tippte mir jemand von hinten auf die Schulter und ich drehte mich sofort um. Vor mir stand eine hübsche, junge Krankenschwester, welche mir freundlich entgegen lächelte. Ihre Strohblonden Haare waren leicht zerstreut und ein paar kleine Strähnen hingen ihr ins Gesicht.

"Hallo junge Dame. Kann ich dir behilflich sein?"

"Ehm ja i-ich ehm suche meinen Bru- meine Schwester sie heißt Jana und ist wegen einer Kopfplatzwunde hierher gekommen ich muss ihn, äh ich meine sie unbedingt sehen!", antwortete ich nervös mit meinem Blick auf dem Boden und ab und zu in ihren Augen wechselnd. Mir war klar, dass hier keiner von 'Ju' wusste, weshalb ich 'Jana' sagen musste. Ich wartete gespannt auf eine Antwort.

"Ah du musst Kim sein. Jana hat nach Dir gefragt. Sie wollte dich ebenfalls sehen. Sie war sich sicher, dass du hier auftauchst. Komm", sie legte einen Arm auf meinen Rücken und schob mich vorsichtig nach vorne. Ich nickte und folgte ihr.

Wir gingen durch ein paar Gänge, an vielen Türen vorbei, bis wir schließlich vor einer stehen blieben. "Du kannst rein gehen. Sie wartet sicher schon gespannt auf dich", lächelte sie und verdeutlichte mir mit einer leichten Kopfbewegung, dass sie mich alleine lassen würde. Ich lächelte zurück, murmelte ein schnelles "Danke" und ging einen Schritt auf die Tür zu. Ich klopfte und öffnete dann langsam die Tür.

Hoffentlich ist er alleine. Ich hab nicht das Bedürfnis von seinen Eltern abgelenkt zu werden

Ich betrat das Zimmer,machte die Tür hinter mir zu und richtete meinen Blick auf Ju. Dieser schlief und hatte nichts von meinem Kommen bemerkt. Ich ging auf sein Bett zu und setzte mich auf die Bettkante. Ich lauschte seinen regelmäßigen Atemzügen und genoss das Gefühl voller Ruhe. Ich schloss meine Augen als plötzlich jemand nach meiner Hand griff. Ich öffnete meine Augenlieder und sah direkt in das glückliche Lachen von meinem Gegenüber.

"Du bist gekommen.", rissen mich Ju's Worte aus meinen Gedanken. "Als ob ich dich vergessen würde. Direkt als ich Chris eine geklatscht habe, hab ich mich auf den Weg zu dir gemacht. Und falls du fragst; mir ist egal was die Lehrer sagen!", erklärte ich ihm. Er kicherte kurz und blickte mir dann in meine blauen Augen. Für einen kurzen Augenblick verlor ich mich in seinen wunderschönen braunen Augen und verspürte ein Gefühl der Wärme, welche meinen ganzen Körper umgab.
"Du, danke, dass du vorbei gekommen bist, aber ich hab schreckliche Kopfschmerzen und würde gerne schlafen. Du kannst gerne morgen wieder kommen.", sagte er plötzlich.
"Kein Problem. Werde gesund.", antwortete ich verwirrt, stand vom Bett auf und ging in Richtung Tür.

"Ich- hab dich lieb". Als er das sagte blieb ich Augenblicklich stehen und drehte meinen Kopf seitlich. "Ich hab dich auch lieb", entgegnete ich mit einem leisen Schmunzeln. Ich verließ das Zimmer und machte mich auf den Weg nach Hause.

Am Abend wartete ich nur darauf, dass Tom verärgert nach Hause kam und als ich schließlich die Haustür hörte, welche mit einer solchen Wucht zugeknallt wurde, als wäre er bereit Amok zu laufen, schien sich meine Vermutung zu bejahen. Ich verdrehte meine Augen, als ich ihn nach meinem Namen rufen hörte. Man konnte seine Wut an der Art und Weise wie er diesen Aussprach genau heraushören. Ich raffte mich auf und schlappte die Treppe hinunter bis ich im Wohnzimmer ankam.

„Hast du mir etwas zu sagen, Kim?", fragte er mich und als ich einen kurzen Blick in seine Augen wagte, sah ich, dass sie weit aufgerissen und rot waren. Ich antwortete nicht, sondern sah auf den Boden und knetete nervös meine Hände. „Du bist ausfällig geworden, hast einen Mitschüler geschlagen und bist anschließend abgehauen?!", schrie er mich an. Ich reagierte immer noch nicht. "KIM, ich rede mit dir!", plötzlich schlug er mit seiner Handfläche so laut auf den Wohnzimmertisch, dass ich vor Angst kurz zusammenzuckte.

"E- es tut mir ja leid, ab-", kurz bevor ich ausreden konnte hörte ich ihn schluchzen. "Aber?", fragte er diesmal etwas beruhigter. Ich verschränkte meine Arme und wagte es ihm für ein paar Augenblicke anzusehen. "Mein neuer Kumpel. Er heißt Ju, er, sie, also ein paar Klassenkameraden haben ihm einen Streich gespielt und jetzt ist er im Krankenhaus. Ich musste ihn sehen.", versuchte ich vernünftig zu erklären. Ich gab mir einen Ruck und blickte Tom direkt in seine Eisigen Augen. Sie waren so hellgrau, dass sie schon fast weißlich wirkten. "Und das hätte nicht warten können?", hakte er nach.

"Nein!", zischte ich und stapfte wütend aus dem Raum. Ich wusste selbst nicht, was da gerade über mich gekommen war, aber es ging so schnell wie es gekommen war und als ich in der Küche angelangt war, war ich wieder normal gelaunt. Als ich Tom's Schritte hinter mir hörte, wollte ich ihm irgendwie erklären, warum es nicht warten konnte. "Er wird gemobbt und ich habe ihm gesagt, dass ich immer für ihn da bin. Ich bin seine einzige Freundin.", sagte ich. Ich hörte Tom erneut schluchzen aber er antwortete nicht, sondern ging zu einem Küchenschrank, holte ein Glas, ging zum Wasserhahn und füllte es dann mit Wasser. Auf einmal kramte er in seiner Hosentasche und als er seine Hand wieder herauszog hielt er eine kleine, weiße Tablette zwischen Zeigefinger und Daumen und gab diese in das Glas.

"Du bist bestimmt genauso müde wie ich. Das hier ist eine, naja, Beruhigungstablette wenn du es so willst. Sie ist komplett ungefährlich, keine Sorge. Du wirst so besser runter kommen.", das war das einzige was er dazu sagte, worauf er mir das Glas in die Hände drückte. Es kam so unerwartet, dass ich nichts mehr entgegnete und ohne nachzudenken einen großen Schluck nahm und es Tom zurück gab. "Danke? Schätze ich...", sagte ich und machte mich auf den Weg in mein Zimmer.

Als ich mich um- besser gesagt ausgezogen hatte, legte ich mich ins Bett und schlief sofort ein. Obwohl. Ein was konnte ich noch sehen. Ich sah, wie meine Zimmertür sich langsam öffnete und Licht sich den Weg durch den Raum bahnte. Ein großer Schatten fiel auf mein Bett, doch dann schloss ich meine Augen.

Being LostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt