Kapitel 14

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>>Manuel<<

"Morgen." Nuschelte ich als ich die Aula betrat. Ein paar Schüler irrten schon umher und auch zwei Lehrer standen in der Ecke. Heute war dieser dumme Kuchenbasar und auch das Sportfest. Die wenigen Schüler stellten schon brav die Tische bereit und holten alle die Kuchen raus.

"Ach Manuel. Gut, wo ist Patrick?" Hinter mir tauchte die Junge Lehrerin auf welche uns die letzten Tage betreut hatte. Ich zuckte nur mit den Schultern, seit er gestern raus gestürmt war habe ich ihn auch nichtmehr gesehen gehabt. War aber typisch das er zu spät kam.

"Okay. Warte einfach draußen auf ihn, ich will euch nicht doppelt erklären was zu tun ist." Sagte sie. Mit einem kurzen seuftzen verließ ich den Saal. Ich setzte mich draußen auf die Treppen vor dem Haupteingang. Auch vor der Turnhalle, welche mir gegenüber auf der anderen Straßenseite lag, tummelten sich schon so einige Leute, mit Rucksäcken, Sporttaschen oder schweren Kisten. Warum machen um dieses Fest heute alle so ein Tam tam?

"Du bist zu spät." Murmelte ich als der Junge neben mir die Treppen hoch lief. Es schien mir als hätte er mich nichteinmal gesehen.

"Ja und." Sagte er so kühl wie sonst auch immer. Ich war schon Überrascht. Immerhin, gestern und auch die Tage davor hatten wir uns ja nicht ganz so behandelt. Irgendwas ist doch bei ihm passiert. Ich mache es schon wieder! Ich mache mir schon wieder sorgen...

"Kommst du dann auch?" Ich schaute ihn nicht an und trotzdem spürte ich genau wie angespannt er war. Seine Stimme klang genervt und in seiner Nähe war mit kalt wie im Winter.

"Ähm ja." Ich stand auf. Der größere stieß die Türen auf und betrat gefolgt von mir das Schulgebäude. Von hinten musterte ich ihn nur und versuchte seine Gedanken lesen und können. Diese Fähigkeit besaß ich leider nicht. Ich unterdrückte den Drang, ihn zu fragen. Das durfte ich nicht, ich wollte nicht. Oder konnte ich einfach nicht?

"Ach gut da seit ihr ja, Patrick schon mal was von Pünktlichkeit gehört?" Lächelnd empfing die Frau uns wieder. Ich setzte ebenfalls ein kleines Lächeln auf, Patrick naja, er schaute kühl und eisern.

"Gut passt auf, ich habe gerade mit den Verantwortlichen gesprochen, gerade haben sie genug Leute und ihr könnt nichts machen, aber in der zweiten Hälfte wollen sie ein paar Schüler auswechseln. Von daher, ich hole euch dann, ihr könnt erstmal beim Sporttag Zuschauen." Und nachdem sie dies gesagt hatte, drehte Patrick sich um und ging einfach wieder. Ich schaute nur verwirrt hinterher. Was war mir ihm los?

"Ähm also. Ist irgendwas mit ihm?" Fragte auch die Junge Frau nach, und schaute mich an.

"Ich weiß es echt nicht..." Erwiderte ich den Blick und ging ebenfalls. Ich hatte glaube ich Angst. Das jemand genauso leiden konnte wie ich. Das jemand genau die gleichen Sachen durchmacht und mit den gleichen Problemen kämpft. Ich irrte also durchs Schulhaus und suchte ihn. Zum Sportfest wird er wahrscheinlich nicht gegangen sein, dafür sah er nicht motiviert genug aus. Immerhin das Laute jubeln und die freudige und angespannte Atmosphäre. Die Schulflure waren dunkel da zu wenig Leute durch liefen als das das Licht anginge. Ich wusste wirklich nicht mehr wo ich suchen konnte, vielleicht auf dem Hof? Wenn er sich abreagiert raucht er gerne eine. Ich hasste es wie gut ich ihn kannte, und wie freundlich ich mich gerade verhielt, und auch zwischendurch die letzten Tage. Möglicherweise hatte ich ja die Schnauze voll von all dem Streit, das macht mich auch nur unnötig fertig, ich habe anderes um das ich mich kümmern sollte.

"Gut was ist los mit dir?" Er lehnte an einem Baum auf dem Hof und wie ich es vermutete rauchte er. Gott wie ich diesen Geruch hasste. Mit verschränkten Armen blieb ich vor ihm stehen und schaute ihn durchdringend an.

"Nichts? Und was geht es dich überhaupt an?" Erwiederte er patzig. Ich rollte mit den Augen.

"Lass dir doch einfach helfen!" Rief ich. So energisch wollte ich gar nicht rüber kommen, aber naja. Auch wenn ich an seiner Stelle, demjenigen einen vogel gezeigt hätte, tat er es nicht. Ausgerechnet ich sage jemand anderes solle sich helfen lassen, diese Ironie.

"Und wie bitte sollst du mir helfen?" Seuftzte er und trat die Zigarette aus. Mit hochgezogener Augenbrauen musterte er mich. Ich zuckte die Schultern und ließ mich auf die grüne Wiese fallen.

"Ich verstehe dich mehr als du vielleicht denkst." Gab ich zu. Es war ein komisches Gefühl hier so vor ihm zu sitzen, ohne Gemeinheiten oder einen bösen Blick. Man könnte fast sagen wir sind einfach zwei bekannte die hier rumhockten.

"Achja?" Kam nur skeptisch von meinem Gegenüber, dieser ließ sich am Baum nach unten gleiten und zog die Beine an.

"Ja..." Murmelte ich nur und versuchte den größeren nicht großartig anzuschauen.

"Naja... Es läuft halt gerade alles falsch. Ich mache doch nur Probleme, das siehst du doch selbst." Sagte er und in seiner Stimmung schwang verzweiflung, als ich einen Blick zu ihm warf, sah ich diese auch in seinen braunen Augen. Verzweiflung und Trauer. Nicht die gewohnte Kälte und den Hass, ein beruhigendes Gefühl breitete sich aus, als ich diese Emotionen nicht entdeckte. Ich glaube, ich freute mich darüber sogar.

"Naja, mehr als ich doch auch nicht oder?" Versuchte ich mit aufmunternd er stimme. Sein Blick blieb unverändert. Wirklich geholfen hatte das also nicht. "Was meinst du eigentlich mit alles läuft schief." Ich wandte den Blick von seinen Augen ab und zupfte stattdessen zur Ablenkung etwas gras von der Wiese, ließ es fallen und rupfte wieder etwas raus.

"Meine Mutter ist enttäuscht von mir, mein Vater sowas von sauer und mein Cousin denk ich bin das größte Arschloch das es gibt. Hier in der Schule mache ich nur Stress und außerdem... Ach egal." Ich wusste nicht was er als letztes sagen wollte, aber es schien ihn zu bedrücken. Den Kopf lehnte er gegen den Baum und seuftzte.

"Wie alt ist dein Cousin?" Fragte ich interessiert nach. Ich wusste nicht viel über meinen Gegenüber und die Gelegenheit so ruhig mit ihm zu quatschen hatte ich auch nicht oft. Aber ich bin ja selber schuld.

"Jetzt acht. Naja ich habe mich immer gut mit ihm verstanden und eigentlich sehe ich ihn als einen Bruder an." Autsch. So jung und dann soll er den älteren für einen schlechten Menschen halten. Ich verstehe warum ihm das so zusetzt.

"Er ist ein Kind. Die haben eine andere Auffassung der Dinge, er wird dich auch wieder mögen, glaub mir das. Ich bin mit vier Geschwistern aufgewachsen, und bin selbst der jüngste." Mein lächeln war zurückhaltend. Patricks Augen blitzten auf.

"Möglich." Sagte er und ich glaubte er wirkte etwas erleichtert. Die Situation war komisch zwischen uns, so ungewohnt und neu.

"Können wir nicht einfa-" setzte er an aber dann stand auch schon ein jüngerer Schüler neben uns. Ich hatte eine Ahnung was er sagen wollte, und ich hätte zugestimmt.

"Wir brauchen euch jetzt unten." Sagte er und Zack war er wieder verschwunden. Hier laufen doch echt nur kuriose gestalten umher was? Mit einem leichten Kopfschütteln erhob ich mich und wartete bis mein Gegenüber das selbe tat. Nebeneinander liefen wir die Treppen des Schulgebäudes nach unten um in die Aula zu gelangen.

Hier war viel los, sämtliche Schüler standen an und kauften Kuchen. So viele Menschen. Das war ja ätzend. Meine Laune sank sprunghaft weiter nach unten, musste dieses ganze Drama denn so unbedingt sein? Lust hatte ich nämlich keine. Wir hatten doch gerade so friedlich draußen gesessen, uns einfach unterhalten, so als wäre nie was...

Never perfekt // KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt