Mittwoch. Auf dem Weg nach „Hause“. Strickjackenwetter. Bewölkt, doch trotzdem hell. Sie. Ein Mädchen. Gefühle ausgeschaltet. Keine Lust. Alles egal. Schiebt ihr Rad langsam, träge vor sich hin. Im Ohr irgendeinen Song. Beiläufig. Unbewusst. Ohne ihn richtig wahrzunehmen. Gedanken. Viele. Durcheinander. Wind, leise, leicht. Schritte werden schwerer, träger. Rechts, Obstbäume. Noch nicht reif. Klar, es ist ja erst April. Links, Pusteblumen. 100, 500, 1000...ja 1000 Stück. Wie gerne sie da durchlaufen würde. Keine Kraft. Alles egal. Zu viel. Musik macht sie lauter. Probleme, Welt, leben, Alltag, für einen Moment verdrängen. Ausschließen. Nach „Hause“. Eigentlich doch nur der Ort, an dem sie schläft, denn ihr Zuhause ist schlussendlich woanders. 1000. Das war ihre Zahl. Schlafen. Vergessen zu essen. Wie so oft. Aufstehen, Alltag, alles zieht wie ein ICE an ihr vorbei. Sie, außerhalb ihres Körpers. Stiller Beobachter ihrer selbst. Beobachter des ICEs. Nach „Hause“ laufen. Die Pusteblumen. 1000 Stück. Plötzlich nimmt sie jemand bei der Hand, zieht sie über das Feld. Hinter ihr eine Spur aus kleinen Fallschirmspringern. Lachen. Laut. Sie. Laut. Lachend. Nach „Hause“, essen, glücklich einschlafen. Den ICE STOPPEN. Das war der nach den Pusteblumen. Dann wieder herumlaufen. An den Pusteblumen vorbei. Doch diese waren nicht mehr da. Abgemäht. Zerstört. Einfach weg. In der Luft der Geruch von frisch gemähtem Gras. Eine letzte Pusteblume steht allein, verlassen am Rand. Sie nimmt sie. Pustet. Verflogt die kleinen Fallschirmspringer bis alle auf dem Betonboden, der Straße liegen. Und der ICE begann wieder zu rasen.
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Die Pusteblumen
Short StoryEine Kurzgeschichte über Depressionen, Alltag, Pubertät, Hoffnung, Heimweh und Fernweh...