Kapitel 17

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"Sag mal. Was macht ihr eigentlich immer nach der Schule? Ihr geh doch auch immer in einer Gruppe weg." Freitag. Der Schultag war vorbei. Ich und Manu hatten mehr oder weniger die meiste Zeit zusammen verbracht, die letzten strafen abgearbeitet und uns von den anderen Schülern blöd anstarren lassen. Natürlich nicht ohne einen Kommentar dazu abzugeben. Ganz so schnell ändern wollte ich mich dann auch nicht. Aber eben weil wir so friedlich zusammenhingen, haben sie uns alle perplex angeschaut. Besonders die Parallelklasse, als wir am Morgen nebeneinander redend in den Raum spaziert sind. Die haben Augen gemacht. Und auch die Kunstlehrerin stand für ein paar Sekunden mir offenem Mund da. Ich hatte Mühe gehabt mir ein lachen zu verkneifen.

"Wir haben vor zwei Jahren oder so mal ne alte Fabrik oder Lagerhalle, was auch immer, in Beschlag genommen. Ein Sofa, ein Tischkicker und schon hatten wir einen Ort an dem wir uns treffen konnten. Sind auch Leute die nicht zu unserer schule gehören dabei." Erzählte ich locker und schaute den Brünetten nebenmir an. Wir liefen gerade ein Stück gemeinsam nach Hause. Den letzten Tag des Friedens mussten wir noch auskosten.

"Klingt echt cool. Wir sehen uns hin und wieder mal bei einem von uns zu Hause. Eigentlich wenn man unser auftreten in der Schule bedenkt, verbringen wir die meiste Zeit mit zocken, wenn einer man nicht zum Treffen kann, dann eben online. Schon irgendwie blöd was?" Er lachte und schaute wieder auf den Weg. So dumm fand ich das gar nicht und wirklich gedacht hätte ich dies auch nicht. Es machte Spaß ihn etwas näher kennenzulernen. Sogleich war die Situation angespannt, wie auch beruhigend. Immernoch hatte ich ein komisches Gefühl im Bauch wenn ich so neben ihm lief, allerdings versuchte ich dies einfach zu Ignorieren. Es war neu das ganze hier. Und ich weiß das es nicht lange hält... also.

"Find das nicht blöd. Es würde mir manchmal besser gefallen als nur auf Partys rumzusitzen. Soll ich dich mal mitnehmen? Die meisten sind doch eh auf der Rückfahrt und die anderen haben soweit ich weiß schon was vor." Bot ich ihm an. Vor ein paar Tagen hätte ich nie im Leben auch nur daran denken können, ihm, ausgerechnet ihm, diese Halle zu zeigen. Aber... Es fühlte sich nicht falsch an, richtig aber genauso wenig. Wahrscheinlich lag der Zwiespalt, an dem fehlenden vertrauen.

"Klar gerne. Aber sicher das da keiner ist? Ich spare mir die Kräfte für Montag." Jammerte er und holte weit mit den Armen aus. Ich lachte nur über seine übertriebene Bewegung. Sicher war ich mir nicht. Aber jemand der Manu kannte, war auf keinen Fall da.

"Warte, ich Stelle kurz den Rucksack rein." Wir liefen gerade am Haus vorbei. Ich schloss kurzerhand auf, stellte den Rucksack oben in mein Zimmer und bevor es irgendwer bemerkte verschwand ich auch wieder.

"Los steig auf. Geht schneller." Ich setzte mich auf mein Fahrrad. Manuel schaute mich skeptisch an, setzte sich dann aber auf meinen Gepäckträger und hob die Beine etwas in die Luft.

"Na dann fahr mal." Lachte er hinter mir. Er hielt sich an dem Gitter unter ihm fest und bemühte sich das Gleichgewicht zu halten, seinen Rucksack hatte er schließlich noch auf den Schultern. Ich fuhr extra nicht so schnell, einen Unfall bauen wäre dann eben auch blöd. Da ich relativ zurückhaltend fuhr, waren wir eine Viertelstunde unterwegs. Fünf Minuten länger als sonst, auch nicht so tragisch.

Ich schaute mich um. Keine Fahrräder, kein Motorrad und auch kein Longboard was vor dem Tor stand. Wir kletterten gemeinsam durch das Loch im Zaun.

"Das ist wirklich ein großes Gelände. Und euch hat noch nie einer erwischt?" Fragte er neugierig von der Seite. Mehr als Schulterzucken tat ich nicht wirklich.

"Naja, ist halt verlassenes Sperrgebiet. Hier wurde nichts gefährliches hergestellt wenn man sich die Fabrik von innen anschaut, es wäre Geldverschwendung das kontrollieren zu lassen." Wir hatten nicht wirklich herausgefunden was das für eine Fabrik war und seit wann sie Leerstand. Viele Informationen hat man im Internet nicht gefunden.

"Nadann. Hier halten wir uns für gewöhnlich auf." Wir betraten die Halle. Manu drehte sich einmal im Kreis, schaute auf den Boden und dann an die Decke.

"Das ist echt groß hier. Aber ihr habt es mega geil gemacht." Sagte er, während er etwas weiter in den Raum hinein lief. Ich lächelte nur und schaute ihm hinterher.

"Ihr hattet echt Langeweile wenn ihr das riesen Sofa hier hergeschleppt habt oder?" Er zeigte auf den genannten Gegenstand und schaute mich fragend an. Ich konnte nichts anders als lachen.

"Ne der große Bruder von einem hat uns geholfen. Der hat ein Auto und einfach ohne Nachzufragen, hat er es hergefahren." Erklärte ich und ließ mich auf das Polster sinken. Der Brünette tat dasselbe.

"Ihr habt es wirklich schön hier. Irgendwie gemütlich." Sagte er und schaute sich nocheinmal um. "Bist du gut?" Er stand auf und lief zum Tischkicker. Ich grinste und ebenfalls richtete ich mich auf.

"Logo. Die Frage ist ob du mir gewachsen bist." Wieder lachte ich. Wir begannen zu spielen. Irgendwie war es noch immer ein komisches Gefühl, innerhalb ein paar weniger Tage wurden aus Feinden, zwei... Ja meine Ahnung. Freunde wäre zu viel, zu schnell gesagt.  So sehe ich das zumindest. Und wenn Manu das anders aufnimmt, wäre ich im falschem Film. Bei uns beiden scheint sich etwas getan zu haben, das eben genau diese Aussprache stattfand und ich mich so viel freier fühlte, zeigt nur das wir die Situation beide satt haben. Und auf einer bestimmten Ebene verbindet uns das.

"Hey schon wieder ein Tor. Wo bist du denn mit deinen Gedanken?" Fragte er verwirrt und musterte mich.

"Ich verstehe immernoch nicht ganz, was genau passiert ist, das das gerade passiert. Das ist... komisch?" Etwas Hilflos suchte ich seinen Blickkontakt. Er schaute ebenfalls in meine Augen.

"Dann siehst du das genau wie ich. Ich weiß auch nicht was wir gemacht haben, aber ich hinterfrage es nicht." Sagte er mit fester stimme. Wo er Recht hatte, hatte er wohl Recht. Ich sollte es vielleicht hinnehmen und glücklich darüber sein. Und das war ich auch. Ich lache wieder. Und nicht gekünstelt oder weil ich betrunken bin, sondern weil es mir wirklich spaß macht und ich die ganzen Probleme ausblenden kann. Sie werden mich irgendwann wieder einholen. Morgen. Übermorgen. Montag. Aber in diesem Moment sind sie nicht da. Keine Zweifel, keinen Angst, keine Wut. Kein nichts. Freude, Spaß und auch Glück. Das fühle ich gerade. Und so soll es bleiben, trotzdem es sich ungewohnt anfühlt.

"Okay!" Sagte ich laut. "Dann werde ich wohl mal mein volles Potenzial entfesseln." Ergänzte ich und dreht den Griff sodass sich neuen kleinen Spiler bewegten. Mir scharfem Blick funkelte ich meinen Gegenüber an. Er nahm die Herausforderung und setzte den Punktestand auf null. Dann mal los. Ein Krieg in anderer Art und Weise begann zwischen uns. Einer der Spaß machte. Also wirklich Spaß machte.

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Hab ne Weile überlegt ob dieses Kapitel tatsächlich so kommt, weil es ein bisschen viel Frieden ganz Plötzlich ist. Aber dann dachte ich mir, warum nicht :D
Die Kriesen kommen ja noch.

Never perfekt // KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt