•▪■Kapitel 11■▪•

7 0 0
                                    

Sayana krallte sich an den trockenen Zweig und hangelte sich so von dem letzten Vorsprung.
Mit einem leisen Ächzen landete sie neben Leyria im trockenen Staub und gemeinsam rannten sie in die nächstbeste ausgetrocknete Oase, in welcher die Magierin ihrer Weggefährtin einen Stein in die Hand drückte.

"Der ist für...?" Verwirrt merkte Leyria ein Kribbeln, das sich von ihrer Hand aus über ihren gesamten Körper ausbreitete.
"Pssht!", machte Sayana hastig, und ihr Gesicht verschwand.
Im selben Moment ertönten Schritte und ein Orc tauchte am Rande der Oase auf, misstrauisch die Umgebung überblickend.
Mit einem leisen Fluch auf Orcisch wandte er sich wieder ab und trottete davon.

"Du kannst dich entspannen.", wisperte Sayana mit einem Grinsen in der Stimme. "Es war ein Peon. Die müssen hier meist nur Materialien sammeln, um Orgrimmars Befestigung zu stärken. Na ja, jetzt zum Reparieren." Sie räusperte sich leise. "Und wir sollten uns vor den Riesenskorpiden in Acht nehmen."
"Riesenskorpide?"
"Grün gepanzerte Ekel, die dich mit einem Stich schon tödlich vergiften können?"
"Können wir bitte jetzt schon gehen?" Leyria schauderte und blickte gen Himmel.
Die Sonne hatte den Zenit schon hinter sich gelassen. Es war vielleicht sechzehn Uhr.
"Auf keinen Fall!", protestierte Sayana und rutschte dem Staub und den Geräuschen nach in eine liegende Position. "Wir sind so nah an Vol'jin, ich werde das nicht durch eine Planveränderung in den Wind schießen lassen."
"Na, hoffen wir mal, dass sich das nicht als fatal erweist." Leyria legte sich ebenfalls auf den Boden, den Stein fest umklammernd und sehnlichst hoffend, die Nacht käme schnell.

•▪■▪•

Die ehemalige Dragonerin erwachte im Dunkeln, eine von Schluchzern bebende Sayana neben sich.
"Sayana?" Sich die Augen reibend setzte sie sich auf und erblickte die Magierin vor sich.

Sie antwortete nicht, sondern umklammerte mit zitternden Händen ihr Fußgelenk.
Blut quoll zwischen ihren Fingern hervor und hatte schon eine ordentliche Lache gebildet, die sicher bald die Raptoren heranlocken würde.
Neben ihrem Fuß lag der Kadaver eines Skorpids, zwei Fuß lang und von einer Eislanze aufgespießt. Blut klebte an seinem Stachel.

Leyria benötigte einige Sekunden, um die Information zu verarbeiten, dann verrenkte sie sich die Arme, um ihre Kapuze von dem eigentlichen Kleid zu reißen.
Den Stoff endlich in den Händen haltend, zerrte sie Sayanas Hände weg von der Wunde, schüttete vorsichtig etwas von ihrem Trinkwasser hinein, bis es wieder aus der Wunde quoll und Sayanas Wimmern leiser wurde.
Dann wickelte sie den Stoff um ihr Fußgelenk und knotete ihn so energisch fest, dass es nicht unwahrscheinlich war, dass nach einiger Zeit ihr Fuß einschlafen würde.

"Wir gehen jetzt. Auch Schattenjäger wissen, wie man so etwas heilt, da bin ich mir sicher. Der Rest deines Plans hat doch eh nur mit Kraft zu tun." Leyria hievte Sayana auf ihren Rücken und umklammerte den Unsichtbarkeitsstein erneut.

Mit einem Blick auf die nicht vorhandene Magierin versicherte sie sich, dass sie beide unsichtbar waren, bevor sie in einem großen Bogen um Sen'jin lief, zu den Booten, die unbeaufsichtigt im knöcheltiefen Wasser lagen.
Vorsichtig setzte sie Sayana im Boot ab, stellte sicher, dass sie noch immer ihren Stein besaß und unsichtbar war, und stemmte sich dann gegen den hölzernen Rumpf.
Es brauchte sie eine ganze Weile, bis es sich auch nur einen Zentimeter bewegte, doch dann rutschte es endlich ins tiefere Gewässer und sie sprang schnell ins Innere.

Sayana hielt ihr zitternd ein Paddel entgegen und Leyria nahm es mit gemischten Gefühlen an.
Sie mussten zur Dunkelspeerfestung, oder Sayana würde mit Sicherheit sterben...
"Trink etwas.", wies sie die Magierin an, bevor sie mit dem Paddel das Boot um die Inseln lenkte und sich selbst sagte, dass sie mit Sayanas Verwundung nicht lange im Wasser hätten bleiben können.
Zum einen hätte sich die Wunde entzündet und Sayana wäre nach mindestens einer Stunde am Schreien gewesen, zum anderen wären sie innerhalb kürzester Zeit von Haien getötet worden.

"Dort." Urplötzlich ertönte Sayanas Stimme neben ihr und sie deutete auf die kleine Sandbank, die in ihrem Plan noch als kleiner Strand bezeichnet wurde.
Im Grunde genommen war es sowieso dasselbe, also kommentierte Leyria das nicht und zog das Boot an einer Palme ans Ufer, nah genug, damit Sayana herausklettern konnte.

Gemeinsam zogen sie das Boot dann in den Sand, um im Notfall noch einen Fluchtweg zu haben, dann schlich Sayana voraus.
Statt den Strand hinaufzugehen, sprang sie an die hölzerne Mauer, die die größte Insel der Echoinseln umrundete, und hangelte sich angestrengt weiter.
Leyria folgte ihr weniger unbeholfen, ächzte jedoch, als die Magierin innehielt und sich nach ein paar Minuten auf den Balkon des Gebäudes über ihnen zog.

Vor ihnen flackerte das Feuer einer Art Kamin, jedoch war es mehr eine Eisenschale, in der Holz vor sich hin brannte.
Eine Klinge schwebte direkt vor Sayanas Hals.

"Na, großartig.", stöhnte Leyria und verlor im nächsten Moment das Bewusstsein.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 01, 2019 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Dear twin brother...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt