Kapitel XXXIV - Jatar

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Er betrat den Laden. Ein kleines Glöckchen klingelte fröhlich und verkündete dem Ladenbesitzer seine Ankunft. Jatar schloss die verglaste Tür hinter sich. Er hatte sich den besten aller Waffenläden ausgesucht. Er war berühmt, aber auch berüchtigt für seine hohen Preise. Ein rundlicher Verkäufer, der Jatars Meinung nach zu gut lebte, eilte auch gleich herbei. Sein Bauchumfang konnte das bestätigen, aber Jatar war nicht hier, um den Verkäufer zu kritisieren. 

Der Raum war nicht groß, sondern umfasste nur einige niedrige Tische und einen Satz von Regalen, die sich an den Wänden aufreihten und eine große Auswahl an Schwertern, Lanzen und anderen Waffen zeigten. Auf den Tischen waren sorgsam angeordnet zwischen Diamanten, wertvollen Tüchern und Seide kleinere Waffen, wie Dolche oder Messer. Es roch gut und sauber und die Waffen glänzten um die Wette. Die Fenster waren vergittert, ein Schutz gegen Verbrecher und ebenfalls verglast. So fiel warmes Sonnenlicht in die Verkaufsstube und auf den Ladentisch, der ordentlich poliert war.  

„Was wünscht der Herr?", fragte der Ladenbesitzer und grinste Jatar dabei freundlich an. 

Ihm entging jedoch nicht, dass der Verkäufer auch einen ärgerlichen Blick auf seine Kleidung geworfen hatte. Ihm behagte sein Aussehen nicht, aber er sollte sich nicht beklagen, denn Jatar war immerhin ein bezahlender Kunde. Ebenso freundlich antwortete Jatar. „Ich suche nach einem Bogen. Einem Guten, wohlgemerkt. Er soll eine gute Reichweite und vor allem eine herausragende Durchschlagskraft besitzen." 

Der Verkäufer sprang sofort auf und umrundete die Theke. Derweil plapperte er.  

„Hohe Anforderungen, die du da an einen einfachen Bogen hast. Nicht, dass ich so etwas nicht be-sitzen würde, aber es hat natürlich auch alles seinen Preis." 

Der watschelnde Elf rieb Daumen und Zeigefinger gegeneinander, aber drehte sich nicht um. Jatar hätte wetten können, dass das eine Anspielung auf sein Aussehen war. Der Elf wollte also nicht glauben, dass sein Geldbeutel dick genug war, dass er einen guten Bogen bezahlen konnte. Da würde er aber auf bitterste Weise enttäuscht werden. 

Er blieb vor einer Wand stehen, die am anderen Ende des Ladens lag. Dort waren schöne Bögen in Haltern an der Wand aufgereiht worden. Die Halterungen waren aus Silber und fast ebenso schön, wie die Schmuckstücke, die sie halten durften. Diese Bögen waren wirklich von allerhöchstem Wert, so sahen sie jedenfalls aus. Man sah es dem Besitzer an, dass er stolz auf seine Waffen war. Er schweifte etwas ab, indem er etwas über seine guten Handelsbeziehungen erklärte. Dann kam er endlich zur Sache. Jatar war heute höflich und hatte ihn kein einziges Mal unterbrochen, obwohl es ihn in den Fingern juckte. Er wollte den Preis des Bogens nicht noch durch sein Verhalten in die Höhe treiben, wahrscheinlich hatte er es schon durch sein Aussehen getan.  

„Für dich geeignet sind wahrscheinlich diese Bögen hier. Ich habe einige gute Modelle aus Holz, die eine gute Durchschlagskraft haben." 

Er zeigte auf zwei Bögen, die vollkommen unterschiedlich waren. Der eine war schon verziert und aus hellem Holz gemacht. Er sah aus, als würde er beim ersten Spannen schon zerbrechen. Der zweite war weniger ausgestaltet und sah durchaus robuster aus. Beide sagten Jatar nicht wirklich zu. 

„Und dann gibt es natürlich noch den Bogen aus Horn, das wäre dieser hier. Ein verdammt guter Bogen und ein verdammt hoher Preis!", lächelte der Verkäufer einehmend. 

Der Bogen auf den sein fleischiger Finger zeigte, war weiß, klar vom Horn. Es waren schöne Motive hinein geschnitzt worden, die aus Silber bestanden, was sich gut mit dem Horn fügte. Der Bogen war anmutig geschwungen und hatte eine Griffzone aus weißem Leder, das sich sicher wunderbar weich anfühlte. 

„Das ist wahrlich eine Meisterwaffe.", gestand Jatar bewundernd. 

„Das stimmt, sie ist von dem besten Macher, den ich kenne. Also, wie hast du sich entschieden?" 

Jatar musste nicht lange überlegen. „Der Hornbogen!" 

Der Verkäufer zog die Augenbrauen hervor, murrte aber nicht. Er runzelte die Stirn und meinte dann grinsend und nicht einmal ernsthaft. „Macht achthundert Goldstücke." 

„Gekauft!", rief Jatar. 

Nun runzelte der Verkäufer seine Stirn noch mehr. Er wusste nicht, ob er gerade auf den Arm ge-nommen wurde und stand ein wenig unschlüssig herum.  

„Runzle nicht so die Stirn, sonst gewöhnt sie sich noch daran und bleibt so. Das willst du doch nicht? Also los, gib mir den Bogen.", schmunzelte Jatar. 

Der Besitzer fand das gar nicht lustig und streckte trotzdem seine Hand aus. Jatar ließ einen dicken Beutel Münzen den Besitzer wechseln. Der neue Besitzer warf nur einen Blick in den Beutel und war prompt überzeugt. Seine Miene erhellte sich schlagartig. Er riss den Bogen förmlich von der Wand und drückte ihn Jatar samt dem zugehörigen Köcher mit den weißen Pfeilen in die Hand. Dieser nahm beides dankend an, aber der Verkäufer war schon wieder durch den Vorhang verschwunden. Jatar schüttelte den Kopf. Er hasste diese geldgierigen Elfen, aber er hatte, was er wollte, einen guten Bogen. Der war von extremer Wichtigkeit, ohne ihn würde es nämlich nicht klappen. Gut gelaunt verließ er den Laden und ließ das Glöckchen dabei bimmeln.

Der Blutschrein [2] - LithorinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt