Die Frage war so einfach und doch so schwer zu beantworten. Eigentlich wollte ich mit dieser ganzen Sache nichts mehr zu tun haben. Und mit Sam? Ja mit dem eigentlich auch nicht. Das redete ich mir zumindest ein. Aber wenn ich ihn wirklich retten könnte, muss ich es versuchen. Ich kann ihn nicht einfach so im Stich lassen. Und er hat niemanden außer mir. Die Erkenntnis hatte einen bitteren Nachgeschmack. Es war schrecklich, sich vorzustellen, dass er niemanden auf der Welt hatte. Sein Bruder war lange tot und wer sonst ist schon gern der Freund des Teufels. Schon wieder kam ich mir etwas schlechter vor. Wie konnte ich ihn nur die ganze Zeit so falsch einschätzen? Noch immer sah ich das Bild an der Wand an.
„Ja!"
„Ja?"
„Ja ich will ihn retten. Egal was ich dafür machen muss. Dieses Schicksal hat er nicht verdient. Er hat das Recht auf ein normales Leben."
Ich sah Herr Cosso fest in die Augen. Ich werde ihn retten und wer weiß, vielleicht hatten wir gemeinsam auch eine Zukunft.
„Dein Entschluss steht also fest?"
Er warf mir einen Fragenden Blick zu. Ich nickte entschlossen. Ja mein Entschluss stand fest.
„Nun gut. Aber glaube nicht, dass das hier wie ein guter Roman ist, Liebes. Es ist das Gegenteil. Es gibt nur eine Möglichkeit Sam von diesem Schicksal zu befreien. Und wenn du mir gut zugehört hast und nachdenkst, weißt du was das bedeutet. Bist du dir sicher, dass du das kannst?"
Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Oh man, wie konnte ich denn nur so ein Naivchen sein? Ich dachte wohl wirklich das alles wäre ein spannender Roman und ich würde die gutaussehende Hauptfigur befreien.
Still war es nun in der Wohnung. Herr Cossso wandte sich von mir ab und ging in die Küche. Ich bewegte mich allerdings keinen Zentimeter von dem Bild weg. Immer noch starrte ich Sam an. Meine Gedanken kreisten. Ich musste an den Tanz denken, an den Kuss, aber auch an seinen Wutausbruch. Wie er mich an die Wand presste und mich würgte. Automatisch griff ich mir an den Hals und schluckte. Er war so unglaublich unberechenbar. Ich hatte keine Ahnung, was ich nun machen sollte. Rette ich ihn oder vergesse ich ihn? Mir fiel die Entscheidung nicht leicht. Das hier war eine Frage der Moral.
Konnte ich Sam wirklich töten?
„Du kannst ihm kein normales Leben ermöglichen. Auch wenn du dir nichts anderes wünscht. Aber meinst du nicht, er hat lange genug dort unten in der Dunkelheit gelitten?"
Herr Cosso stand nun wieder neben mir und reichte mir eine neue Tasse Tee.
„Das ist aber nicht fair! Er opfert sich für die Menschen, durchlebt die Hölle und muss zum Schluss sterben, ohne auch nur einmal ein ganz normales Leben geführt zu haben."
Diese Erkenntnis machte mich regelrecht aggressiv. Ich hatte solch eine Wut auf wen oder was auch immer. Warum nur war das Leben so unfair?
„Es ist in der Tat ungerecht. Aber unsere einzige Möglichkeit."
„Und wer nimmt dann seinen Platz ein?"
Er setzte sich wieder auf seinen Stuhl und sah aus dem Fenster.
„Das ist eine gute Frage. Leider habe ich darauf auch noch keine Antwort."
Dieser Plan war eindeutig nicht ganz durchdacht. Angenommen ich würde Sam wirklich umbringen...oh Gott, sogar bei dem Gedanken wurde mir schon schlecht. Ich setzte mich wieder auf meinen Stuhl und nippte an dem frischen Tee. Niemals, niemals könnte ich ihm etwas antun. Nie! Und wer sollte seinen Platz einnehmen? Etwa ich? Jetzt war mir richtig schlecht.
„Ich glaube es ist besser, wenn du jetzt wieder nach Hause gehst, Chrisi. Es ist schon spät und du siehst ziemlich fertig aus.
Da hatte der Mann wohl Recht. Ich musste wirklich langsam gehen. Langsam stand ich auf und beim Rausgehen, drehte ich mich nochmals zu dem Bild. Wie sollte ich diesem Mann nur so etwas antun können. Ich und ein Mörder? Unvorstellbar.
„Kann ich morgen wieder kommen?"
„Ich habe dir schon alles gesagt, was du wissen musst. Mehr kann ich dir leider nicht helfen."
Was? Das konnte doch nicht alles sein. Das war nicht gerade hilfreich. Ich hatte ja keine Ahnung, wie ich überhaupt zu Sam gelangen, was ich tun und wie ich wieder zurückkommen sollte. Und dann war ja noch die große Frage, wer an seine Stelle musste.
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Der Teufel lebt weiter
FantasyChrisi ist jetzt seit drei Monaten wieder zu Hause, doch es hat sich viel verändert. Jakob und Tamira hatten sie nur ausgenutzt, Max hat schon lange eine anderer Freundin und Lilli ist kaum für sie da. Außerdem muss sie ständig an Sam denken. Was is...