"Ähm... das ist eine längere Geschichte... Er war bei der US Navy... Er starb als ich 4 Jahre alt war.", presse ich hervor und schaue betreten zu Boden. Reiß dich zusammen! Schnell schließe ich meine Augen und schüttele leicht den Kopf, so als könnte ich dadurch die negativen Bilder und Gefühle die mit dieser Vergangenheit verbunden sind verscheuchen. "Oh... das tut mir leid... ich habe gehört du hast auch kleine Geschwister?", versucht Caleb das Thema zu ändern. Er scheint sehr viel Mitgefühl zu haben. Wie süß. Ich kann mir die Herzchenaugen meiner inneren Stimme sehr gut vorstellen. "Ja, eine Schwester und einen Bruder. Leona ist vor kurzem 7 geworden und Max wird in ein paar Wochen 5...Und bevor du dich wunderst: sie sind nicht meine biologischen Geschwister. Ich bin seit etwa 4 Jahren in dieser Pflegefamilie. Meine leibliche Mutter ist in Therapie. Ich hab sie seit 3 Jahren nicht mehr gesehen. ", erzähle ich ihm. Wow, seit wann bist du so offen? Woher weißt du, ob du ihm so viel anvertrauen kannst? Shit. Da hast du wohl recht. Hoffen wir einfach mal, dass er nicht weiter nachfragt. Bleibt uns wohl nichts anderes übrig. "Ich muss noch was für die Schule erledigen. Die Reithalle findest du ja.", entschuldige ich mich hastig und laufe aus dem Stall, bevor Caleb noch etwas erwidern kann. Sein Nachrufen ignoriere ich einfach. Ohne ein weiteres Wort mit irgendeiner anderen Person in unserem Haus laufe ich in mein Zimmer und lasse mich auf mein Bett fallen. "Wie konnte ich nur so unvorsichtig sein.", murmele ich und schlage mir ein paar Mal mit der flachen Hand gegen die Stirn. Ok, ich werde ihm in der Schule aus dem Weg gehen und mir jetzt keine weiteren Sorgen machen. Abgesehen davon habe ich ihm ja auch nicht viel mehr erzählt als Mini. Ich richte mich auf und setze mich an meinen Schreibtisch. Jetzt erstmal Hausaufgaben machen und dann kann ich ja noch mal schauen, ob Caleb und Olivia weg sind.
Eine knappe Dreiviertelstunde später habe ich meine Hausaufgaben endlich fertig und packe meine Schulsachen schonmal für den morgigen Tag in meine Tasche. Meine Zimmertür geht auf und Leona kommt in mein Zimmer. "Hey Süße, wie war dein Tag?", frage ich sie. "Echt schön. Ich hatte so viel Spaß in der Schule. In Deutsch und Mathe bin ich eine der besten in der Klasse.", erzählt sie freudig. "Duuuu, Hayhay, hilfst du mir bei meinen Hausaufgaben?", bittet mich meine kleine Schwester. Biologisch verwandt oder nicht: Immer wieder fällt mir auf, wie lieb ich meine kleinen Geschwister habe. "Natürlich Süße." Ich lächele Leona an und nehme ihre Hand. Zusammen gehen wir in ihr Zimmer und Leona setzt sich an ihren Schreibtisch. Wenn ich so ihre Hausaufgaben sehe wäre ich gerne nochmal in der Grundschule. Da war mein Leben noch relativ unkompliziert. Zumindest in der ersten Klasse. Danach war ich notentechnisch ziemlich abgestürzt und hätte die zweite Klasse beinahe wiederholen müssen. Deswegen hatte meine Mum mich bei einer Therapie angemeldet, damit ich den Tod meines Vaters verarbeiten kann. Ehrlich gesagt hätte ich nach den Jahren mit meinem neuen Stiefvater eigentlich auch eine Therapie benötigt. Aber ich will die Vergangenheit jetzt endlich hinter mir lassen und nach vorne in die Zukunft schauen. "Danke Hayhay.", bedankt sich meine kleine Schwester bei mir. "Für dich tue ich doch alles." Sanft streiche ich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Mit ihren hellblonden Löckchen, ihren rosa Pausbäckchen und ihren strahlenden hellblauen Augen sieht sie aus wie ein kleiner Engel. Max hat ebenfalls hellblonde Haare und hellblaue Augen, was sie beides von ihrem Vater haben, den ich nie wirklich kennengelernt habe, da er eine eigene große Firma mit mehreren Standorten weltweit hat. Jedenfalls bin ich logischerweise die Einzige von uns dreien mit kastanienbraunen, glatten Haaren und braunen Augen. Die braunen Augen habe ich von meinem Dad, die Haare von meiner Mum. Aber insgesamt hat mein Gesicht mehr von meiner Mum als von meinem Dad. Zum Beispiel die stark ausgeprägten Wangenknochen. Dafür habe ich meine breiten Schultern eindeutig von meinem Dad, was manchmal bei der Kleidungssuche ein wenig problematisch werden kann. "Gehen wir mal nachsehen was Max gerade macht?", schlage ich Leona vor. Sie stimmt sofort zu. "Nimmst du mich Huckepack, Hayhay?" Ihrem flehenden Blick kann ich nicht widerstehen. Lächelnd schüttele ich den Kopf. "Du weißt, wie du mich rumkriegst, nicht wahr?" Leona lächelt verschmitzt. Ich nehme sie Huckepack und laufe die Treppe mit ihr runter. In der Küche treffen wir auf meine Oma, die gerade dabei ist, das Abendessen vorzubereiten. "Wo ist Opi denn eigentlich? Ich habe ihn seit heute morgen nicht mehr gesehen.", erkundige ich mich bei meiner Oma. "Der ist schon den ganzen Tag mit Oliver in der Werkstatt am werkeln. Sie wollen die Sprünge ja neu gestalten." Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es schon kurz vor 18:00 Uhr ist, was bedeutet, dass gleich die Pferde gefüttert werden. "Leona, möchtest du mit in den Stall kommen?", frage ich meine Schwester. "Au ja!" Sofort flitzt sie zur Tür um sich Schuhe und Jacke anzuziehen. "Nehmt ihr Max auch mit? Er wollte heute die ganze Zeit zu dir und deiner Mutter.", bittet mich meine Oma. "Klar. Wo steckt der Kleine denn?" "Der ist glaube ich in seinem Zimmer und spielt mit seinem neuen Lego-Set." Ich laufe also wieder die Treppe hoch und klopfe an der Tür meines Bruders. Leise öffne ich die Tür. "Hey Kumpel, möchtest du mit mir und Leona zu Mama in den Stall kommen?" Max sitzt mitten in seinem Zimmer und spielt tatsächlich mit seinem Lego Duplo. Als er mich entdeckt springt er auf und rennt mir freudestrahlend in die Arme. Ich hebe ihn hoch und wirbele ihn einmal im Kreis. "Na dann los."
Nachdem ich Max beim Anziehen geholfen habe gehen wir zu dritt in den Stall. Meine Mum ist noch in der Reithalle und trägt sich etwas in ihren Terminkalender ein. "Mami! Mami!" Leona und Max rennen auf meine Mum zu und werfen sie dabei fast um, was sie zum Lachen bringt. "Na ihr, wollt ihr Oliver beim Füttern der Pferde helfen? Mami kommt auch gleich dazu, okay?" "Okay." Und schon rennen die zwei wieder in den Stall. Kopfschüttelnd schaue ich ihnen hinterher. Ich will mich ebenfalls zum gehen wenden, da hält meine Mum mich auf. "Ist alles okay? Caleb und du, ihr scheint euch schonmal begegnet zu sein. Das habe ich an deinem Blick gemerkt Ist da irgendetwas vorgefallen zwischen euch?", fragt sie und ich höre die Liebe zu uns Kindern in ihrer Stimme. Ihr Blick fällt auf meine Hand. "Was ist denn mit deiner Hand passiert?" "Ach, nichts schlimmes. Ich bin nur heute in der Schule auf der Treppe ausgerutscht und habe mir dabei wohl die Hand geprellt. Ach und dann hat Citti mir die Longe einmal quer durch die Hand gerissen als sie sich erschreckt hat.", winke ich ab. "Ouhh, heute scheint nicht so richtig dein Tag gewesen zu sein. Der Verband sieht aber sehr professionell aus. Hat Oma den gemacht?" Es herrscht einen Moment lang Stille bis ich mich möglichst selbstbewusst hinstelle und ihr mit ruhiger, bestimmter Stimme antworte. "Ne, also um ehrlich zu sein war das Caleb."
Dieses Kapitel ist jetzt mal ein bisschen kürzer, aber naja. Ich hoffe es hat euch gefallen. Viel Spaß und bis zum nächsten Mal.
🌌~ galaxygirl ~🌌
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Auf der Flucht vor der Vergangenheit
Ficção AdolescenteIhre Vergangenheit war schon immer ein Geheimnis. Und so soll es auch bleiben. Doch dann begegnet sie ihm und fühlt sich regelrecht von ihm angezogen. Aber je näher sie sich kommen, desto schwerer wird es, das Geheimnis zu bewahren. Dann wird sie pl...