Brieffreunde

Ein erster Streit

Robin

"Du denkst, nur weil ich dir ein paar Komplimente und Andeutungen gemacht habe, dass ich in dich verliebt sein würde, nur weil ich dir gestanden habe, dass ich Männer mehr mag als Frauen? Shawn, du brauchst dir echt keine Gedanken machen. Ja, du bist hübsch und alles, aber das heißt nicht sofort, dass ich auf dich steh'. Jeder macht einem Menschen ein paar Komplimente. Warum denn auch nicht? Keine Sorge, dein bester Freund macht sich nicht an dich ran," versicherte ich ihm und war zugleich alarmiert. Wahrscheinlich sollte ich in Zukunft unterlassen, ihm irgendein Kompliment zu seiner Person zu machen... Wahrscheinlich war es sogar besser, wenn ich mich von ihm fernhalten würde. Ich hatte echt keine Lust auf so eine "Freundschaft" und ich wollte ihn nicht noch mehr in Verlegenheit bringen.
"Wegen London wollte ich noch einmal mit dir Reden. Leider hat sich da was geändert. Mein Chef nimmt nun doch einen anderen mit, weswegen ich wohl doch nicht kommen kann." erklärte ich ihm, was eine krasse Lüge war. Ich wollte dieses Spiel einfach nicht noch riskanter werden lassen. Dieses Telefonat war schon riskant genug.
"Es tut mir leid, aber da kann ich leider echt nichts machen." gestand ich und versuchte traurig zu klingen.

Shawn

Nicht sein Ernst oder?! Ich sollte es ihm sagen und wenn ich es dann tatsächlich machte, motzte er mich mehr oder weniger an, wie ich nur auf eine so dumme Idee kommen konnte. Das hätte man auch netter ausdrücken können, anstatt mich wie einen totalen Deppen darzustellen. Ich ärgerte mich, dass ich es überhaupt angesprochen habe. Natürlich stand er nicht auf mich. Sonst hätte er sich bestimmt schon von sich aus bei mir gemeldet. Außerdem kannten wir uns schon so lange, da wäre mir das doch bestimmt schon längst aufgefallen.
Aber als ob das noch nicht genug gewesen wäre, da sagte er auch noch unser Treffen ab, weil angeblich jemand anderes den Auftrag bekommen hat. Ob er das nur gesagt hat, weil ihm jetzt klar war, dass er keine Chance bei mir hatte? Möglich wäre es. Das machte mich jetzt echt pissig. Wollte er mich etwa nur sehen, um zu versuchen, mich anzugraben? War ich ihm als Freund überhaupt wichtig? Verarschte er mich nicht vielleicht die ganze Zeit und stand eigentlich gar nicht auf Typen? ,,Hör mal, wenn du jetzt absagst wegen dem, was ich gesagt habe, dann ist das echt mies von dir. Ich hätte dich wirklich gerne wiedergesehen. Du hättest auch fragen können, ob ich stattdessen vorbei komme. Aber lass mich raten: Du hast keine Zeit, stimmt's? Verarsch doch jemand anderen und sag einfach, dass du keinen Bock hast mit mir zu schreiben, telefonieren oder dich zu treffen.", redete ich mich in Rage, ohne genau darüber nachzudenken, was ich da sagte. Es machte mich einfach fertig, wenn er so etwas sagte, was ziemlich nach einer Lüge klang. Sonst hätte er doch bestimmt schon längst von sich aus Bescheid gesagt. Wütend hielt ich mein Handy in meiner verkrampften Hand und legte letztendlich auch auf, da ich jetzt erstmal meine Ruhe brauchte, um mich abzuregen. Vielleicht würde ich später nochmal anrufen. Sydney würde sich bestimmt nicht von sich aus melden.

Robin

War ja klar, dass er ihm seine Lüge nicht abkaufte. Ich war nicht Sydney und wahrscheinlich war er von ihm eine andere Reaktion gewohnt. Verdammt! Ich hätte nie auf diesen Brief antworten sollen. Jetzt hatte ich den Salat! Wahrscheinlich war Shawn wie alle anderen Heteros, die mit einem schwulen Freund befreundet waren. Da rettet man nur seinen Arsch vor dem ekeligen Homo, der ihn mit seiner Krankheit anstecken könnte. Als ich bemerkte, dass er aufgelegt hatte, blickte ich wütend aufs Handy hinab. Auch wenn es so besser war, wollte ich das so nicht beenden.
Ich drückte auf Wahlwiederholung und wartete, bis Shawn wieder ans Telefon ging. Doch der Arsch ignorierte mich einfach. Erneut drückte ich auf den grünen Hörer, wartete erneut, doch ich kam einfach nicht durch... oder er nahm einfach nicht ab. Irgendwann, beim fünften Mal, ließ ich es einfach sein. Verzweifelt, warf ich mein Handy auf die Anrichte in der Küche, da ich mittlerweile immer mal wieder auf und ab gelaufen war.
Ich fuhr mir durchs Haar, konnte nicht verstehen, wieso das alles so aus dem Ruder gelaufen war. Er musste sich dringend abreagieren. Deswegen entschied ich endlich mal wieder aus zu gehen und mich von irgendeinem Kerl ficken zu lassen. Ich musste einfach auf andere Gedanken kommen.
So duschte ich mich, zog mich um und machte mich dann ohne Handy, auf den Weg zu einem meiner Lieblingsclubs.