Rose

6 0 0
                                    

Carter

Als es kurz nach zehn war wollte ich gerade die Tür für die Gäste abschließen, als sich dieser ein kleiner Schatten näherte. Trotz der überschrittenen Öffnungszeiten ließ ich also die Tür noch offen und hoffte inständig, dass die Person sich nicht lange in dem Laden aufhalten würde. Denn trotz der Uhrzeit brachte ich es nie über mein Herz, Kunden rauszuschmeißen oder vor der Tür stehen zu lassen.
Als sich die Tür öffnete, erkannte ich auch um wen es sich handelt. Es war das Mädchen von heute Mittag. Sie sah immer noch aus wie heute Mittag, nur trug sie jetzt eine dünne Mütze und hatte ihre Jacke nicht an.Mir kam in den Sinn, dass sie sich wahrscheinlich diese holen wollte. Da fing sie auch schon an zu sprechen:
,,Hallo ich war heute Mittag hier dann musste ich schnell weg und ich hab vergessen, dass ich meine Jacke ausgezogen hab, weil es da hinten ziemlich warm war und dann...," sie stoppte kurz ihren Redefluss uns fuhr dann etwas schüchtern fort, " also...ähm...was ich eigenlich sagen wollte... Ich glaube ich hab meine Jacke hier vergessen...und wollte nachfragen, ob die villeicht gefunden wurde." Die braunhaarige lief leicht rot an und richtete  den Blick auf ihre Füße. Irgendwie süß wie sie versuchte sich zu rechterfertigen. Weil ich dennoch merkte, wie unangenehm ihr die Situation war, lächelte ich sie bloß an und erwiederte:,, Es wurde tatsächlich heute eine Jacke gefunden. Ich gehe sie mal eben schnell holen." Mit diesen Worten stützte ich mich auf meine Krücken und machte mich auf den Weg in den Mitarbeiterraum, wo die besagte Jacke hing.
Ugh diesesr Knöchel brachte mich heute noch um. Er schmerzte wieder viel mehr als in der gesamten letzten Woche und ich habe meine Schmerztablettem zu Hause vergessen. Außerdem machten sich Zeichen der Erschöpfung bei mir langsam aber deutlich bemerkbar. Ich hoffte nur, dass ich den Bus später noch bekam.
Trotz den Schmerzen schnappte ich mir also die Jacke, die erstaunlich gut nach einer Mischung aus Vanille und Zimt roch. Mit der Jacke über der Schulter ging ich also mit kleinen Schritten wieder zu Theke und überreichte dem Mädchen, nachdem ich mich wieder hingesetzt hatte, ihre vermisste Jacke.
,, Vielen Dank. Ich hab schon gedacht ich hätte sie jetzt verloren." Nahm sie die Jacke dankend an und zog sich diese direkt über. Sie wirkte etwas zu groß für ihren zierlichen Körper, dennoch passte sie irgendwie zu ihrem gesamten Auftreten. Die braunhaarige trug nämlich klobige Stiefel in denen ihre von einer grauen Strumphose umgebenen Beine steckten. Dazu trug sie einen schwarzen Rock, der ihr bis zu den Knien ging und das T-shirt konnte ich leider nicht mehr erkennen, weil sie sich den Reißverschluss ihrer Jacke schon bis zum Kinn hochgezogen hatte. 

Erst ihre Stimme riss mich wieder aus meinen Gedanken:,, weißt du zufälligerweise ob jetzt noch ein Bus zu University of Washington fährt?" Oh, sie geht auf mein College, ich hab sie hier noch nie gesehen.
,, Natürlich. Hier links um die Ecke ist direkt eine Bushaltestelle. Der nächste Bus kommt um halb elf und hält direkt bei den Wohnheimen. Also falls du dahin möchtest. Gehst du auch auf das College dort? Ich hab dich noch nie da gesehen." Ich fuhr mir durch meine langsam wieder nachwachsenden Haare und beschloss nächste Woche endlich mal zum Friseur zu gehen, damit ich endlich mal wieder eine richtige Frisur hatte.
,,Naja das College ist aber auch riesig. Aber ich bin tatsächlich erst jetzt ab diesem Semster auf dem College und studiere Architektur ." Sie wirkte immer noch nervös und ich fragte mich ob sie sich unwohl in dieser Situation fühlte. Ich hoffte es nicht und fragte einfach weiter;,, Also bist du ein Ersti?"
,,Nein, ich war nur vorher auf einem anderen College und bin gerade erst hierher gezogen. Ich bin im zweiten Semester." Daher wahrscheinlich der leichte Akzent der mit erst in diesem Moment bewusst wurde. Aber interessant, sie studierte fast das gleiche wie ich und dann noch im selben Semester. Unwillkürlich fragte ich mich ob wir uns jezt villeicht öfters sehen würden.
,, Dann sehen wir uns ja villeicht ab jetzt öfter. Denn wie es aussieht werden wir wahrscheinlich zumindest ein paar der gleichen Kurse besuchen." Ohne das ich wusste warum, musste ich bei dieser Vorstellung lächeln. Das Mädchen vor mich blickte jedoch nur verwirrt drein.
,,Du studierst auch Architektur?"
,,Architektur und Städteplanung" ich schaute auf die Uhr, ,,Und so ungerne ich unser Gespräch auch unterbreche, solltest du jetzt glaube ich gehen. Dein Bus kommt in vier Minuten." Für einen Moment glaube ich so etwas wie Enttäuschung in ihrem Blick ausmachen zu können, jedoch weicht dieser schnelle Entschlossenheit.
,,Na gut. Dann muss ich mich wohl langsam auf den Weg machen aber," sie deutete auf meine Krücken, ,,musst du den nicht auch bekommen?"
,, ach das ist kein Problem. Ich muss eh noch hier sauber machen. Ich nehm einfach den nächsten." Auch wenn das eine Lüge war, machte ich einen ausweichende Geste. Ich wollte nicht, dass sie sich deswegen schlecht fühlte.
,, Ok dann sehen wir uns bestimmt nochmal...einen schönen Abend dir noch," das Mädchen lächelte leicht und drehte sich um als mir einfiel, dass ich nicht einmal ihren Namen wusste:,, Warte mal kurz." Ich machte eine kurze Pause, während das Mädchen sich wieder umdrehte und mich musterte. ,, wie heisst du eigenlich?" Jetzt lächelte sie leicht.
,, Eigentlich Rosalie, aber jeder nennt mich einfach nur Rose."
,, ok einfach nur Rose aber eigentlich Rosalie. Ich wünsche dir einen guten Heimweg. Bis bald."
,,Bis bald" mit diesem Worten verließ sie das Cafè.

Erst als ich begann die Tische, sowie die Theke abzuwischen, spürte ich meine Erschöpfung wieder deutlich. Sie ist diesmal stärker als in den letzten Tagen und fast so stark wie kurz nach dem Unfall. Bei den Gedanken daran wanderte meine Hand sofort  an meinen Hinterkopf, wo zwar mittlerweile wieder etwas längere Haare wachsen, die Narbe aber trotzdem noch deutlich zu spüren war Auch die Schmerzen in meinem Bein wollten  einfach nicht besser werden. Das Gegenteil war sogar der Fall. Denn als ich bereits abgeschlossen hatte und losgegangen war, wurden die Schmerzen mit jedem gehumpelten Schritt schlimmer.
Ich verfluchte diesen scheiß Knöchel innerlich dafür, dass er nicht einmal seine Ruhe geben konnte.
Der Rest meines Körpers bettelte regelrecht danach endlich eine Pause mit Schlaf einlegen zu können und die 15 Minuten Fußweg, die ich noch vor mir hatte, schienen plötzlich ein unerreichbares Ziel. Alles was ich wollte, war mich kurz hinzusetzen um mich etwas auszuruhen und meinen Knöchel zu entlasten. Doch wusste Ich, dass sich Alec bestimmt sorgen um mich machen würde, wenn ich nicht bald im Wohnheim auftauchen würde. Also quälte ich mich fluchend weiter vorran und versuchte mir währenddessen zu erklären, weshalb ich heute so erschöpft war, jedoch schaffte ich es nicht einmal mehr einen klaren Gedanken zu fassen. Als ich an den Bahnschranken  ankam, musste ich mal wieder feststellen, dass diese wie so oft unten waren und mir den Weg versperrten. Also gönnte ich meinem Körper die langersehnte Pause und merkte jetzt nur noch mehr wie extrem meine Lage gerade war, denn kleine schwarze Punkte begannen vor meinen Augen zu tanzen. Es waren nicht viel und ich war mir sicher, dass ich nicht gleich ohnmächtig werden würde, jedoch war es doch ein eindeutiges Zeichen für mich nicht mehr weiter zu gehen.

Stattdessen beschloss ich Alec anzurufen ob er villeicht die Möglichkeit hätte, mich mit Henrys Auto abzuholen.
Das Gespräch nahm ich gar nicht mehr richtig war und danach konnte ich nur noch hoffen, dass Alec so schnell wie möglich da sein würde.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 02, 2019 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Remind me to forget Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt