Spekulationen

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Vor dem magischen Spiegel in Ilirea versuchte Eragon seine Gedanken zu ordnen.
"Das seid ihr wirklich auf ein interessantes Rätsel gestoßen." Sagte er zu dem Abbild seines Bruders und seiner Tochter auf der glänzenden Oberfläche des Spiegels. "Was schlägst du vor, wie wir mit der Situation umgehen sollen Bruder? Ich hoffe das Du Marlena bei der Aufklärung dieser Angelegenheit unterstützen wirst. Ich weiß, dass du dich eigentlich etwas von deinen Pflichten zurückziehen wolltest aber......"
"Ich werde meine Nichte nicht mit dieser Angelegenheit alleine lassen Eragon keine Sorge." Unterbrach der dunkelhaarige Drachenreiter.
"Ich benötige kein Kindermädchen." knurrte Marlena und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Tochter....."
Dieses eine Wort von Arya genügte damit die junge Drachenreiterin die Augen verdrehte und einlenkte.
"Aber es wäre natürlich unvernünftig auf die Hilfe meines Onkels zu verzichten oder irgendetwas dummes ohne sein Wissen zu tun" räumte Marlena wenn auch etwas widerwillig ein.
"Was habe ich doch für ein kluges Mädchen großgezogen." schmunzelte Arya und der Anflug eines Lächelns zuckte um ihre Mundwinkel.
Auch Eragon brauchte einen Augenblick bis er wieder mit ernster Stimme der Unterhaltung aufnehmen konnte:
"Also, was schlagt ihr Beide, als die Mitglieder des Ordens die vor Ort sind, vor wie mit der Situation weiter umgegangen werden soll?"
Murtagh räusperte sich und begann zu erklären:
"Glücklicherweise haben Dorn und ich dieses Gebiet während unserer Zeit im Exil recht gründlich erkundet. Wir werden zunächst einmal die Höhle aufsuchen die Uhr eine Zeit lang unser zuhause war und dort unser Gepäck abstellen. Dann werden wir uns auf die Suche nach weiteren Spuren von diesem unbekannten Drachen und seinem Reiter machen. Die Gegend hier im Norden ist schon Recht karger Natur. Allein um die Wasserquellen herum gibt es Bereiche genug jagdbares Wild existiert, um einen Drachen dieser Größe zu versorgen. Ich denke das Marlena und ich diese Orte einfach gemeinsam mit Dorn und Alonvy systematisch absuchen sollten."
"Kommt nicht auf die Idee nicht zurücklassen zu wollen." unterbrach sie wieder nur mit großer Entschlossenheit. "Ich mag keine Magierin sein aber ein zusätzliches Paaraugen kann auf keinen Fall schaden."
"Mag sein Selena aber Murtagh und Marlena sind auch für deine Sicherheit verantwortlich. Diese Situation ist ziemlich unübersichtlich. Ich erwarte also von dir, dass du ihren Anweisungen folgst und ich zurückerhält sollten Sie der Meinung sein, dass eine Situation für dich zu gefährlich ist."
"Ja Onkel." Nur ungern stimmte die junge Adlige den warnenden Worten ihres berühmten Verwandten zu letztlich jedoch hatte er recht.
"Wir werden der regelmäßig berichten Eragon." Mit diesen Worten beendete Murtagh das Gespräch.
Als die glänzende Oberfläche wieder nur eine Reflektion seines eigenen Abbilds und seiner Gefährtin zeigte, wandte sich Eragon an Arya.
"Was denkst du?"
Die Elfe ließ sich einen Augenblick Zeit. Man konnte förmlich an ihren schönen Gesichtszügen ablesen wie sie noch einmal alle Fakten überdachte. Schließlich trat seinem Stuhl und setzte sich an den Tisch, der im Zentrum des Quartiers stand, dass sie mit Eragon teilte.
"Man muss immer erst das unmögliche eliminieren, die restlichen Fakten, ganz gleich wie unwahrscheinlich sie sind, müssen dann auf die Wahrheit hindeuten."
Eragon nahm gegenüber von Arya Platz und bedeutete ihr mit einem Kopfnicken weiter zu sprechen.
"Wir können ausschließen, dass es sich um einen Reiter des Ordens handelt. Keiner unserer ehemaligen Schüler würde auf unnatürliche Weise das Wachstum seines Drachens beschleunigen. Keiner der anderen Reiterdrachen übertrifft jedoch Saphira, Dorn oder meinen Seelenbruder an Größe. Sicher gibt es wilde Drachen, wie beispielsweise Voratan, die größer sind als unsere Wegbegleiter da ihre Eier von weit älteren Drachenweibchen gelegt wurden als beispielsweise das Ei von Saphira. Aber Murtagh und Marlena haben schließlich Anzeichen für ein Lager gefunden, das offenbar Zweibeinern gedient hat. Einzelner wilder Drache sucht nicht unbedingt die Gesellschaft von Menschen, Elfen oder einem Mitglied der anderen Rassen Alagaesias. Erst recht nicht wenn er sich in Begleitung eines Küken des befindet."
"Wilde Drachen sind auch sehr beschützend was ihren Nachwuchs angeht. Das Wissen beinahe ausgestorben zu sein hat sich tief in ihre Seele gegraben." Betonte Eragon. "Die einzige Brutstätte wilder Drachen die zumindest in gewisser Nähe zu Murtaghs und Marlenas gegenwärtigen Standort liegt ist der zweitälteste seit Ende des Krieges. Rahner der Schwarze hat sie damals gegründet als wir unsere ersten Schüler unterwiesen haben. Aber auch diese Brutstätte ist zu weit weg als dass es Drachen aus diesem Clan sein könnten. Kein Drache würde sich mit einem Küken so weit von angestammten Jagdgründen entfernen. Wenn wilde Drachen ihre gewohnte Umgebung verlassen reisen sie entweder als Donner oder sie sind strikte Einzelgänger. Eine so kleine Gruppe mit zwei Drachen so unterschiedlichen Alters ist die ihrer Natur."
"Ich stimme dir in allen Punkten zu Eragon." murmelte Arya. "So unwahrscheinlich es klingt, zumindest bei den älteren Drachen muss es sich um einen aus der Zeit des alten Ordens handeln. Wir wissen nicht ob es sich bei dem jungen Küken ebenfalls um einen Reiterdrachen handelt. Vielleicht weist einen Reiterdrachenweibchen mit seinem Nachwuchs. Wir haben ja bei Saphiras Jungen gesehen, dass auch wilde Drachenkücken ein sehr harmonisches Verhältnis zu den Reitern ihrer Eltern aufbauen können."
"Du hast recht." nachdenklich stimmte Eragon der Elfe zu. "Wenn man die Größe des alten Ordens bedenkt ist es nicht unbedingt ausgeschlossen, dass Einzelner Galbatorix wahnsinniges Wüten überlebt haben. Die Frage ist nur, warum hat sich dieses Gespann nicht beispielsweise in den Dienst der Varden gestellt? Wo waren Sie in all den Jahren und wieso tauchen sie erst jetzt auf?"
Arya wiegte ihren Kopf von einer Seite auf die andere. Eine Geste, die Eragon einmal mehr mit der Naturverbundenheit der Elfen konfrontierte. Die Bewegungen seiner Gefährtin hatten etwas, das den Anführer der Reiter an einen Vogel erinnerte der seine Umgebung musterte.
"Es gebe noch eine weitere Möglichkeit. Ich glaube wir beide wissen wovon ich spreche Eragon und keinem von uns gefällt diese Vorstellung."
"Du meinst, dass es sich um einen abtrünnigen und seinen Drachen handeln könnte."
Arya nickte ernst.
"Aber wie sollte das möglich sein?" erkundigte sich Eragon. "Die Wyrdfel sind entweder im Krieg gegen den alten Orden gefallen oder im Kampf gegen die Varden."
Arya verzog skeptisch den Mund und schüttelte den Kopf.
"Einige haben auch Selbstmord begangen oder sind durch den übermäßigen Gebrauch von Magie getötet worden Eragon. Wer sagt, dass nicht einer dieser Verräter seinen Tod inszeniert hat? Sicher, Galbatorix hat von Anfang an einen Schwur in der alten Sprache von seinen getreuen gefordert aber Murtaghs Beispiel zeigt deutlich, dass das nicht unbedingt ein Garant für Loyalität ist."
"Du hast recht. Nicht einmal die Kenntnis von Murtaghs wahrem Namen hat ihn völlig vor Verrat geschützt. Wenn ich mich richtig an Oromis Unterricht erinnere, dann hat er zwar bindende Schwüre gefordert aber erst als die Anzahl seiner Getreuen immer weiter schrumpfte damit begonnen auch die wahren Namen zu fordern."
"Dein Gedächtnis betrügt dich nicht Liebster. Ich erinnere dich ungern daran, dass ich schon einige Sommer mehr gesehen habe als du aber ich habe es miterlebt als Galbatorix dazu überging. Die Varden war es gelungen einen seiner Reiter in eine Falle zu locken und zu töten. In seiner Arroganz ging der Verräter davon aus, dass dieser Gefolgsmann seinen Tod billigend in Kauf genommen hatte. Galbatorix konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand mächtig genug sein könnte einen von ihm ausgebildeten Krieger zu besiegen."
"Selbstüberschätzung war schon immer seine Schwäche." murmelte Eragon und dachte an seine Begegnung mit dem dunklen König zurück. "Er hat Murtagh falsch eingeschätzt und nicht einmal in Erwägung gezogen, dass es etwas in der Magie geben könnte, dass ich weiß er aber nicht. Nur deshalb konnte ich ihn damals mit einem ungesagten Zauber überraschen!"
"Sehr richtig." sagte Arya und fuhr fort. "Wie gesagt begann er erst nach diesem Vorfall seine Diener auch durch den wahren Namen an sich zu binden. Wenn es davor jemandem gelungen wäre seine Natur im tiefsten zu ändern, dann wären die Schwüre in der alten Sprache unwirksam geworden und mit einem Geschickten Manöver hätte sich ein und treuer Gefolgsmann von ihm lösen können."
"Das würde dann auch erklären, warum sich der betreffende Reiter so lange versteckt gehalten hat." folgerte Eragon. "Wer hätte schon einem Wyrdfel vertraut."
"Ich bin froh, dass dein Bruder bei unserer Tochter ist. Marlena ist von uns gut ausgebildet worden aber Murtagh hat weit mehr Erfahrung. Wir werden wohl einfach abwarten müssen, was ihre Untersuchungen ergeben."
Eragon erkannte, dass dies eine Vorstellung über die seiner Gefährtin nicht im mindesten behagte. Gut konnte er dies verstehen.
"Vielleicht gibt es doch etwas was wir tun können um die Beiden zu unterstützen."
Aryas Blick richtete sich umgehend auf ihren Gefährten.
"Hier in Ilirea hat man Abschriften aller Aufzeichnungen über die Wyrdfel und ihr Treiben gesammelt." erklärte Eragon seine Idee. "Vielleicht wäre es von Vorteil, wenn wir diese Aufzeichnungen einmal studieren würden mein Stern. Versuchen wir die Geschichte jedes einzelnen Wyrdfel nachzuvollziehen bis zu dem Punkt wo er augenscheinlich getötet wurde. Auch wir besitzen inzwischen einiges an Erfahrung im Umgang mit der Magie. Vielleicht können wir das Feld der verdächtigen eingrenzen. Besteht kein Zweifel an ihrem Ableben und wo ist genug Spielraum, dass ein geschickter Magier den Tod vielleicht nur vorgetäuscht haben könnte. Wenn wir diese Information dann am Montag und Marlena weitergeben sind sie besser auf das vorbereitet was sie vielleicht erwartet."
"Es ist nicht viel was wir von hier aus tun können." räumte Arya ein, schenkte ihren Gefährten dann aber ein Lächeln. "Doch es ist immer noch besser wenig zu tun als überhaupt nichts."

Eragon Buch 7 - Im Wandel der ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt