41. Daheim in Teak

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Bernd saß am reichlich gedeckten Frühstückstisch und stopfte sich sein Buttermarmeladenbrot in den Mund: "Dann heißt es jetzt wohl Abschied nehmen, was?"
Julius nickte: "Alles weitere musst du wohl uns überlassen. Ich danke dir für alles, Kapitän."
"Ach, das war doch keine Ursache!", winkte der Braungebräunte ab: "Wenn du jemals wieder was brauchst, melde dich einfach bei mir. Stell dir vor; wir haben hier sogar Telefone", zwinkerte er und brach in Gelächter aus.

Cecilia und Julius erhielten von ihrem Kumpanen und seiner Frau noch ein paar Vorräte mit. Der Weg führte die beiden über jene unendliche Weiten, über welche der Teaker gekommen war.
Da er die Landschaft schon kannte, war er wenig beeindruckt davon. Für Cecilia war es hingegen umso aufregender. Sie sah die vielen Pokémon auf der Weide und fragte sich, wem diese gehörten und wer hier eine Farm betreiben würde.

Allabendlich entzündete Julius mit seinem Hundemon ein Lagerfeuer. Hier im Westen von Teak war kein johtolesisches Militär anwesend und auch die Olivianer hielten so weit weg von der Stadt keine Wache. Die Luftabwehrmechanismen, die Julius damals in Teak beinahe abgeschossen hätten, waren johtolesische Waffen.
Julius erzählte Cecilia viel von ihrem Leben, in der Hoffnung, dass sie sich wieder daran erinnern könnte. Aber für sie war alles gänzlich neu. So erfuhr sie, dass ihr Vater ein skrupelloser Geschäftsmann ist, den sie offenbar nicht mochte und ihren einzigen Bruder im Krieg bei einem Bombenangriff verloren hatte. Ihre Mutter war schon lange tot. Julius hatte sie nicht einmal kennengelernt.

Mitte November erreichten sie schließlich die bewachte Pforte von Teak. Julius wusste, dass nach ihm gesucht wurde. Er war aber zuversichtlich, dass er einen Kampf zusammen mit Cecilia auch gewinnen konnte. Sorglos betrat der Bürgermeister daher die Pforte. 
Der Wachposten sprang von seinem Stuhl auf: "Hey, stehen bleiben!" Er deutete auf Cecilia und Julius und verkündete: "Ihr werdet einer Personenkontrolle unterzogen!"

Der Mann tippte auf die Tasten seines Telefons und sagte in den Hörer: "Ich hab hier zwei Verdächtige... Ich brauche eine Entscheidung von Euch! ... Ja ... Wäre schön ... Bitte ... Heute noch wäre gut ..."
Eine Flucht wäre in den Minuten, in denen Julius und Cecilia auf die Person warteten, ohne Weiteres möglich gewesen. Aber der ehemalige Bürgermeister hegte eine Hoffnung in sich.

Die Tür der Pforte öffnete sich und Lars stand vor ihnen. Sein Pupitar hatte er in einem kleinen Anhänger mitgezogen.
Der neue Bürgermeister blickte verwirrt in den Raum: "Wer muss hier kontrolliert werden?"
Der Wachmann deutete auf das Duo, welches zwischenzeitlich auf einer kleinen Bank Platz genommen hatte.
"Ha, das ist ja Julius! Hallo!", rief Lars erfreut und winkte.
Sein Pupitar machte ein paar Freudensprünge in seinem Hänger, welcher darunter beinahe zu Bruch gegangen wäre.

Bei Personen, die vom Wachmann als verdächtig eingestuft wurden, war es üblich, dass der Bürgermeister hinzugezogen wurde.
Julius erhob sich und umarmte seinen Kumpel: "Lars, grüß dich, wie geht's dir?"
Sein Nachfolger ließ seinen ganzen Frust ab: "Ach, hier ist alles voll doof geworden, seit ich Bürgermeister bin. Vor ´ner Woche ist eine Gefangene geflohen und ich werde deswegen zusammengeschissen. Pfff. Alle sind an der Front oder auf dem Weg hierher."
"Hierher?", unterbrach ihn Julius.
Der Kerl klagte weiter sein Leid: "Ja. Vor ein paar Wochen sind die Kantonesen von Ebenholz aus nach Borkia marschiert und haben es eingenommen, kurz darauf ist Rosalia gefallen. Und jetzt karren sie ihr ganzes Zeugs in Richtung Teak. Keine Ahnung warum. Und Vivi ist so schwer, ich schaff´s kaum noch, es in seinem Anhänger mitzuziehen. Wenn es wenigstens noch Beine hätte, aber nein."
Cecilia verzog eine Augenbraue in die Höhe: "Warum nimmst du es nicht in einem Pokéball mit?"
Doch Lars wusste eine Antwort darauf: "Aber dann ist es ja eingesperrt. Ich glaub, das mag Vivi nicht."

Hinter der Theke räusperte sich der Wachmann: "Werter Bürgermeister, Ihr wisst schon, dass hier zwei gesuchte Personen vor Euch stehen, oder?"
"Ja, und endlich sind sie wieder da", freute sich Lars und klopfte seinem Kumpel auf beide Schultern: "Dann kannst du doch gleich wieder Bürgermeister hier machen, oder nicht?"
Der Wachmann knirschte die Zähne und schüttelte ungläubig den Kopf: "Der General sucht die beiden, Ihr Vollidiot!"
"Aber warum denn?", fragte Lars mit großen Augen und hielt fest: "Der kann mit ihnen doch auch nichts anfangen und hier in Teak wird Julius wirklich gebraucht."
Da blickte Julius auf den Wachmann und erhob einen Zeigefinger: "Nicht Hermann Bescheid geben, sonst mach ich Euch höchstpersönlich fertig."
Der Wachmann winkte müde ab: "Ich mein ja nur. Mir ist es egal, ob Ihr gesucht seid oder nicht. Ich wollte unseren Herrn Bürgermeister nur auf seine Pflichten hinweisen."
Julius nickte und ohne weitere Widerworte des Wachmannes betraten Cecilia, Julius und Lars samt Pupitar die Stadt.

Pokémon - Ruf der Heimat (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt