Jeder hat schon mal einen sogenannten Penner gesehen. Ob unter einer Brücke, in einer Unterführung oder einfach nur an einer Straßenecke. In einer Großstadt gehört das zum Alltag. Sie werden mit abweisenden Blicken angeguckt und man macht einen Bogen um sie und ich nehme mich da nicht aus. Die Penner sehen allerdings auch so aus als würden sie wissen wie sie angeguckt werden und gucken dem entsprechend zurück, um so überraschender ist es, wenn sich einer zu einem an den Tisch setzt. Sein Name war Helmut. Er hatte verhunzte Klamotten an, einen grauen Bart, wilde, verwuschelte, kinnlange Haare und roch nicht ganz so angenehm. Also genau genommen erfüllte er das Klischee eines Obdachlosen.
Er wirkte sehr bedürftig. Da wir, ich und ein paar Freundinnen, alle nicht knausrig sind, obwohl wir aus dem Schwabenlände kommen, spendierten wir ihm einen Burger.
Helmut war Witwer und nach dem Autounfall seiner Frau wandte sich sein Sohn nach und nach von ihm ab. Er erzählte von seinen dunklen Jahren und der Drogensucht. Immer wieder schmunzelte er oder fing sogar an zu lachen. Wir wussten nicht ob wir lachen oder heulen sollten so nahe geht uns die Geschichte des Fremden. Helmut aß mit Messer und Gabel und wir alle fühlen uns beinahe schlecht mit dem Ketchup das an unseren Händen klebte. Eine Freundin die bis jetzt nur still gelauscht hatte fragte was Helmut vor dem Tod seiner Frau gemacht habe. Er erzählte er hatte ein Abitur und eine Schreinerlehre aber als sein Sohn ausgezogen ist war die Routine und das „für jemanden sorgen" weg. Er hat angefangen zu Trinken und ab da ging alles den Bach runter. Er war privat insolvent und wurde in eine Sozialwohnung gesteckt. Ein Entzug und ein Therapeut sollten ihm helfen, taten sie aber nicht. Helmut tat uns allen sichtlich leid. Er bedankte sich nach dem Essen und ging seines Weges.
Ich war überrascht wie höflich und Wortgewand ein „Penner" sein kann. In zwischen schenke ich hin und wieder einem Penner ein Lächeln oder laufe einfach nur keinen Bogen. Um Helmut und seinen Kameraden zu zeigen, dass sie aktzeptiert sind.
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Kolumne Teil 1 - Begegnung mit Helmut
General FictionErster Teil einer nicht „zeitungsabhänigen" Kolumne.