Man sagt ja immer, wenn sich die eine Tür schließt, öffnet sich dafür eine andere. Nun ja, anders könnte ich es grade nicht beschreiben. Diese Geschichte fing vor etwa 10 Jahren, als Jake und ich uns Ende der 7. Klasse kennengelernt haben, an. Seit dem waren wir beste Freunde und unzertrennlich, haben uns jeden Tag getroffen und uns wirklich nie gestritten. Obwohl, naja, doch, einmal hatten wir so zusagen Streit. Das war, als die ganze Klasse auf der Klassenfahrt Wahrheit oder Pflicht gespielt hat. Meine Pflichtaufgabe war es, Leo zu küssen. Leo war der unbeliebteste aus der Klasse, außerdem hat er sich mal voll mit Jake angelegt. Doch da es meine Pflicht war, diese Aufgabe auch zu erfüllen, machte ich es einfach und küsste Leo auf die Wange. Jake aber, fand das war aber "Verrat gegenüber unserer Freundschaftsvereinbarung". Ich denke, ich sollte das kurz erklären. Kurz nachdem Jake und ich beste Freunde wurden, haben wir eine Liste mit ein paar Regeln aufgestellt. Eine davon ist, dass wir uns nur auf andere einlassen dürfen, wenn wir gegenseitig damit einverstanden sind. Ich weiß.. blöde Regel, aber komm schon, wir waren 13 und 14! Jedenfalls hat Jake dann den ganzen Tag nicht mehr mit mir gesprochen und es war schrecklich, ich dachte er würde nie wieder mit mir sprechen. Aber sonst hatten wir nie Streit, wir waren sogar meistens der selben Meinung. Wir hatten echt viel gemeinsam. Zum Beispiel haben wir beide einen gemeinsamen Lieblingsfilm gehabt. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie wir, immer wenn wir übernachtet haben, den Film "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" geguckt haben. Wir liebten diesen Film. (Achtung, Spoileralarm!) Allerdings fand ich es so schlimm, das Augustus Waters am Ende starb, das ich jedes Mal anfing zu weinen. Und jedes Mal umarmte mich Jake und sagte "Es ist alles gut, ich bin doch bei dir." Diese Worte vermisse ich irgendwie am meisten von ihm. Leider kann er mir dass jetzt nicht mehr sagen, da er nicht mehr hier bei mir ist.. dazu gibt es auch viel zu erzählen..
Ich war seit der 9. Klasse in Jake verliebt, er wusste das auch, aber er liebte mich eben als seine beste Freundin. Das war aber nie Problem für mich, im Gegenteil, ich war froh, seine beste Freundin zu sein und trotzdem habe ich meine Gefühle für ihn behalten und nie bereut. Ich denke, wenn man eine Person liebt, wird ein Teil von deinem Herzen immer ein Teil dieser Person gehören. Doch desto größer der Teil ist, den du dieser Person schenkst, desto schlimmer ist es, diese Person zu verlieren und als ich Jake verlor, verlor ich alles. Das dachte ich jedenfalls.
An dem Tag, an dem ich erfuhr, dass Jake Leukämie (Blutkrebs) hat, fuhr ich sofort zu ihm ins Krankenhaus. Er erzählte mir, dass er unterwegs war und als er aufwachte, lag er hier im Krankenhaus und die hätten ihm erzählt, dass eine Fußgängerin ihn bewusstlos, mitten auf dem Gehweg gefunden hatte. Er wurde sofort untersucht und als die Diagnose zur Leukämie festgestellt wurde, rief er mich gleich an. Sein Kreislauf war aber noch instabil, weshalb er noch ein paar Tage im Krankenhaus bleiben musste. Klar war es toll, das er wieder so schnell raus kam, aber das änderte nichts daran, daß der Arzt ihm maximal nur noch 4 Monate zu leben gab. Ich wollte ihn aber nicht verlieren, ich wollte nicht, dass unsere Geschichte genau wie bei Das Schicksal ist ein mieser Verräter endete, das war eine andere Geschichte, nicht unsere.
In den ersten Wochen, nachdem er wieder zu Hause war, versuchte ich ihm alles Recht zu machen und erfüllte ihm jeden kleinsten Wunsch. Es dauerte etwas, bis ich bemerkte, dass sein größter Wunsch war, einfach wie ein normaler Mensch zu leben, und nicht ständig so bemuttert zu werden. Also tat ich so, als wäre alles wie immer. Naja, bzw. versuchte ich es wenigstens so wirken zu lassen. Innerlich zerbrach ich aber. Ich konnte mir nicht vorstellen plötzlich ohne ihn zu leben, nach all den Jahren, die wir durch gemacht haben. Manchmal vergaß ich sogar für einen Bruchteil einer Sekunde, dass er sterben wird, doch dann erinnerte ich mich daran und jedes mal fühlte es sich wie eine neue Nachricht an, die mich immer wieder aufs Neue schockiert, obwohl ich es doch eigentlich wusste. Eigentlich redeten wir auch nie über seine Krankheit, ich wusste auch nicht viel darüber, nur das Jake sterben wird. Doch diese eine Nacht veränderte alles.
Ich über achtete mal wieder bei Jake, da seine alleinerziehende Mutter Nachtschicht hatte und ihn unter keinen Umständen alleine lassen wollte. Es waren bereits dreieinhalb Monate nach der Diagnose vergangen. Ich saß auf seinem Bett und tippte ein paar WhatsApp Nachrichten, als er aus der Dusche kam. Eingewickelt in ein Handtuch setzte er sich neben mich aufs Bett und schaute mich mit diesem wir-müssen-reden Blick an. Was er dann sagte, war wie ein Schicksalsschlag.
"Du weißt, dass ich dich liebe, du bist meine beste Freundin. Ein Leben ohne dich wäre unvorstellbar und ich weiß, dass es dir auch so geht. Ich weiß noch ganz genau, wie du mir Ende der 9. Klasse deine Liebe gestanden hast, das war mutig von dir, doch heute muss ich dir etwas beichten. Ich weiß, ich habe eine große Familie, viele Freunde, und Freunde wie dich, die zu meiner Familie geworden sind. Sie werden mich genauso vermissen, wie du. Ihr wisst, dass ich bald nicht mehr hier bin. Doch ich möchte, dass ihr etwas von mir habt, an dass ich euch erinnern kann. Etwas, das mich reflektiert. An das ihr euch wenden könnt, wenn ich nicht mehr da bin. Ich möchte, dass ein Teil von mir noch die Chance hat zu leben, doch mein Körper macht das bald nicht mehr mit. Ich möchte ein Kind. Aber ich möchte es mit dir, denn du bist das wertvollste, das ich besitze und ich möchte dich nicht im Stich lassen. So könnt ihr gegenseitig für euch da sein, denn ich kann es bald nicht mehr. Ich habe mit meinem Arzt darüber gesprochen und er meinte, bei mir besteht die Chance zu 50%, dass ich trotz Leukämie noch Kinder zeugen kann. Ich weiß das überfordert dich jetzt vielleicht, aber ich musste auch ziemlich lange darüber nachdenken und ich denke das es richtig ist. Ich gebe dir natürlich Zeit, um darüber nachzudenken, aber bitte lass dir nicht zu viel Zeit, sonst ist es vielleicht schon zu spät.."
Nach den ersten Worten war ich emotional schon so getroffen, dass mir ein paar Tränen die Wangen runter liefen. Ich war darüber geschockt, aber ich freute mich, trotzdem irgendwie. Ich brauchte nicht lange um darüber nachzudenken, weil ich auch wusste wie viel ihm das bedeutet. Und wenn es das letzte war, das ich für ihn tun konnte, ich tat es auch, weil ich ihn so sehr liebe. Eine Woche später starb Jake, doch ich bin schwanger und bald wird ein wundervoller Engel auf die Welt kommen.
Und so endet diese Geschichte doch noch anders, als bei Das Schicksal ist ein mieser Verräter.
// Ausgedacht & geschrieben von Nina P. \\
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Der Abschied ist ein neuer Anfang
RomanceZwei beste Freunde müssen sich plötzlich auf die schlimmste Art, verabschieden. Doch bevor es dazu kommt, passiert etwas, dass niemand erwartet hätte.