Sie wunderte sich, wie es sein konnte, dass das Wasser so klar war.
Sie konnte alles erblicken, den leicht ergrauten Sand zwischen ihren Zehen und die kleinen schwarzen, flinken Fische, die um sie herum schwammen.
Gerade hatte sie noch versucht, die Fische in die Hände zubekommen. Ihre kleinen Finger nach ihnen ausgestreckt, doch ehe sie den Gedanken richtig ausführen konnte, waren die kleinen Tiere auch schon weg. Und glitten ruhig weiter, ohne Hast. Als wüssten sie, dass das Mädchen ihnen nichts anhaben konnte, egal wie oft sie es versuchen würde.
Sie wünschte, dass könnte sie auch. Noch ehe jemand nach ihr greifen würde, da wäre sie auch schon weg und mit tiefster Gewissheit in Sicherheit.
Ihre blauen Rüschen von ihrem Badeanzug ließen sich zu den weichen Strömungen im Wasser treiben, fasziniert betrachtete sie. Eigentlich wollte sie den Badeanzug in Pink. In solch einer Farbe, wie Frau Flauschig.
Frau Flauschig war ihr rosarotes Häschen und es war das einzige, was ihre Mutter ihr da gelassen hatte, bevor sie gegangen war. Ihre Mutter sah beim Abschied gar nicht gut aus. Ihre Haut war fahl und sie war „nicht mehr gut genährt" wie ihr Vater es immer betonte. Ihr Vater wollte nicht, dass sie ebenfalls „nicht gut genährt" war.
Sie runzelte die Stirn und zupfte wütend an ihren Rüschen. Ihre Mutter hätte ihr den pinken Badeanzug geholt. Aber ihr Vater wollte es nicht. Der blaue lies sie weniger jung wirken, hatte er gesagt. Aber sie war noch jung. Natürlich bestand sie darauf, dass sie kein Baby mehr war, immerhin war sie schon acht.
Die Fische schwammen schnell davon, als die großen Pranken ihres Vaters nach sie griffen. Fast wollte sie lachen, immerhin sollte sie weg rennen. Nicht die Fische.
Ihr Vater konnte keinen Fischen etwas antun.
Sie spürte das Kratzen von den Brusthaaren auf ihrem Gesicht, als der Vater das Mädchen an sich drückte.
Das mochte sie nicht. Ihre Mutter hatte so etwas nie.
Komm, es wird spät. Lass uns nachhause gehen.
Die blonden Haare flogen hin und her, als sie sich wehrte. Nicht nachhause, dort waren keine Fische, die sie warnen würde. Da war nur Frau Flauschig, die ihr zusah, aber nicht helfen konnte.
Du siehst ihr so ähnlich. So ähnlich.
Ihre Nase drückte sich platt an die Fensterscheibe, so dass sie fast Angst hatte, dass ihre Nase nach oben gebogen blieb, während sie vom Auto aus dem glitzernden See nachblickte.
Vielleicht sah das Mädchen der Mutter dann nicht mehr so ähnlich, dachte sie. Vielleicht würde ihr Vater, sie dann nicht mehr jagen. Vielleicht musste sie dann nicht mehr wie ein Fisch denken.
Also drückte sie ihre Nase mit noch mehr Nachdruck an die Scheibe. Sie löste sich erst, als die letzten Sonnenstrahlen ihr in den Augen weh taten.
Die Nase reibend, leider hatte ihre Nase sich nicht verschoben, sie war einfach nur rot geworden, schaute sie ängstlich zum Fahrersitz.
Die Hände ihres Vaters waren weiß geworden und es schien, als knirschte er mit den Zähnen. Was nicht sein konnte, da es nicht gesund war und sie es auch nicht machen durfte.
Wir sind gleich da. Dann kannst du ins Bett. Bist bestimmt müde, nicht wahr, Prinzessin?
Nein. Nein. Sie war nicht müde, sie war hellwach.
Morgen musst du wieder früh in die Schule. Wir sollten uns beeilen.
Sie schloss fest die Augen, bis sie weh taten und sie bunte Farben vor ihren geschlossenen Augen sah. Aber das konnte nicht sein, denn sie hatte die Augen nicht auf.
Als das Auto hielt, stieg sie schnell aus und rannte nach oben in ihr Zimmer.
Vielleicht schaffte sie es diesmal einzuschlafen, bevor er kam. Frau Flauschig lag neben ihr im Bett, aber sie konnte sie nicht beschützen, wie die kleinen Fische.
Sie dachte an ihre glitschigen Freunde und fast hätte sie es geschafft einzuschlafen, aber dann hörte sie die Tür öffnen und ein stechender Geruch machte sich breit. Er wurde noch stärker, als ihr Vater sich zu ihr beugte und seine Lippen auf ihre Wangen drückte.
So ähnlich, Prinzessin, so ähnlich.
Ja, ich lasse auch mal wieder was von mir hören... ^^ Ich hoffe, dass es euch gefällt und würde mich über konstruktive Kritik sehr erfreuen!
Alles Liebe
Josie Anastasia
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So ähnlich, Prinzessin
Short StoryEine weitere One - Shot Erzählung, die mir nicht aus dem Kopf ging. Ich hoffe, ihr könnt was damit anfangen. :) Alles Liebe Josie Anastasia