Kapitel 19 - Ischariot

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Der Kriegsrat im Schloss der Schatten löste sich auf, nachdem die wichtigsten Dinge geklärt und sie gerade so um einen handfesten Streit herumgekommen waren.

Jeder, der eine Waffe zu führen imstande war oder eine besaß, hatte diese den Feen übergeben, die sie an sich genommen hatten, um sie in der Akademie mit dem Energieabsorbtionszauber zu versehen.

Riley und Phobos hatten sich nur ungern von ihren Kriegsinstrumenten getrennt, auch wenn sie als Vampire in der Lage waren, ohne diese zu kämpfen. Sylfaen hatte sich hingegen geweigert, den Stab ihres Vaters herzugeben. Ein solcher Zauber, wie von den Feen geplant, würde diesem selbst die Macht nehmen und dann würde er nur noch ein hübsches Andenken sein. Die Magie würde die Kraft des Amethysten absaugen und ihn zu einem wertlosen Klumpen Mineral werden lassen.

Wie ein eingesperrter Tiger im Käfig schritt Riley nun, mehrere Stunden nachdem die Gäste wieder gegangen waren, vor den hohen Fenstern des Rittersaales herum und starrte düster nach draußen.

Das Wetter passte zu der trüben Stimmung des jungen Vampirs. Hoch im Norden, am Horizont, waren helle Blitze am finsteren Nachmittagshimmel zu erkennen. Ein Sturm musste über dem Meer aufgezogen sein.

»Riley«, murmelte Phobos, der vor dem Kamin saß und versuchte, sich in eines der Bücher zu vertiefen, die es schon früher geschafft hatten, ihn abzulenken, wenn es darum ging, Zeit totzuschlagen. Doch das Getigere seines Liebsten ließ keine Konzentration zu.

»Was?«, knurrte der Angesprochene gereizt und wandte seine hell erscheinenden Augen seinem Partner zu. Das Blitzen vor dem Fenster ließ seine Iris erstrahlen.

»Es dauert nicht mehr lange ...«

»Das sagst du so. Wie ... wie kannst du so verdammt ruhig sein? Solltest du nicht ... warum bin nur ich so angespannt?«

Phobos legte das Buch an die Seite und erhob sich. Im Gehen streckte er dem jungen Vampir die Hände entgegen, der sie mit einem Schnauben ignorierte und sich abwandte.

»Ich bin nicht entspannt«, murmelte der Unsterbliche seinem Liebsten ins Ohr, als er hinter diesem stand. »Ich ... versuche nur, einen kühlen Kopf zu behalten. Du weißt, was geschieht, wenn mir das nicht gelingt.«

Riley nickte.

»Ich würde am liebsten nach draußen gehen und mit meinen bloßen Händen ein paar Bäume fällen oder einen Troll erlegen. Doch bringt uns das weiter? Wohl kaum.« Phobos legte seine Stirn in Rileys Nacken und umschloss dessen Oberarme mit den Fingern.

»Dieses Warten macht mich noch verrückt«, flüsterte der junge Vampir rau. »Es bricht alles auseinander.«

»Nichts wird zerbrechen. Nicht, solange wir zusammenhalten.«

»Glaubst du wirklich, dass auf der Insel ein Drachen haust, der uns alle umbringen könnte?«

Phobos zog den Anderen an seine Brust und nickte. »Und Ben tut das auch. Er will es nur nicht laut aussprechen, wie ein Fluch, der sich dann bewahrheitet. Die Schriften sind eindeutig, die Legenden schlüssig. Ich bin davon überzeugt, dass er da ist. Denn wenn man direkt fragt, bekommt man von den Feen nie eine direkte Antwort. Sie verweisen auf Mythen und Gerüchte. Du hast Belle vorhin gehört. Ich habe sie gefragt. Es wäre leicht gewesen, einfach Ja oder Nein zu sagen. Und das ist für mich Antwort genug.«

»Verstehe ich irgendwie ... was können sie gegen eine Riesenechse ausrichten?« Ein Kichern in seinem Nacken brachte Riley dazu, den Kopf zu drehen. »Was ist?«

»Du hast gesehen, was die Magie der Feen zu erschaffen imstande ist. Also kannst du ermessen, was sie zerstören kann.«

»In meiner Welt heißt es, dass nichts durch einen Drachenpanzer dringt und dass Zauberkraft keine Wirkung zeigt.«

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