SHE SAILED SEAS OF EMOTION,
TO WANDER A FOREST OF SCARS,
SHE IS A DANCER OF
LIGHT AND DARKNESS
A GALAXY OF SHADOW AND STARS.Neugierig lehnt Gwendolin sich noch ein Stück weiter aus dem Autofenster und sieht sich, gegen den Fahrtwind anblinzelnd, aufmerksam um.
Natalie Martin zupft an ihrer Lederjacke.
"Komm wieder rein, Gwendolin. Das ist gefährlich!"
Widerwillig folgt Gwendolin der Aufforderung ihrer Gastmutter.
Gwendolin Ginger, frisch aus Europa, soll ein Jahr in Amerika, Beacon Hills verbringen.
Ärztliche Anweisung von ihrem Psychiater.
Und sie kommt bei Natalie Martin und ihrer Tochter Lydia Martin unter.
"Wir sind bald da." verspricht Mrs Martin und Gwendolin nickt mit einem leichten Lächeln. Ihr Blick wandert wieder aus dem Autofenster. Nichts als Bäume. Beacon Hills ist umgeben von Wäldern. Sie sind allein auf der Straße, als das Ortsschild auftaucht. Zusammen mit den ersten Häusern. Die Reifen rollen über die Stadtgrenze und alles in Gwendolin zieht sich zusammen. Ihre Finger krallen sich um den Türgriff des Autos und sie rollt kurz den Kopf, um das leise Flüstern der Dämonen in ihrem Kopf zu vertreiben. Ein Flüstern, dass sie seit zwei Jahren nicht mehr los lässt. Unbewusst greift Gwendolin sich in den Nacken und ihre Nägel kratzen über alte Narben. Sie kann die Seitenblicke der anderen Frau auf sich spüren, doch wagt es nicht den Kopf zu drehen, aus Angst ihre Augen könnten sie verraten. Diese unerträgliche Angst, die seit zwei Jahren an ihr nagt und nie verschwinden wird.
"Sieh mal, da ist die Schule."
Aus ihrer eigenen Hölle gerissen, folgt Gwendolin dem Finger von Mrs Martin mit den Augen. Eine ganz normale High School. Jugendliche strömen in und aus der Schule. Gelbe Busse fahren vor, ebenso wie Autos und ein paar Motorbikes.
"Und das Stadion. Wir haben ein ziemlich gutes Lacrosse-Team."
Gwendolin erkennt einige Jungs, die in roten Trikots und Lacrosse-Ausrüstung übers Feld stürmen und ihre Schläger schwingen.
"Wir haben auch ein Krankenhaus, eine Tierklinik, eine Polizeistation und ein Einkaufszentrum. Beacon Hills ist zwar klein, doch es hat alles, was man braucht."
Gwendolin nickt verstehend und behält ihre Gedanken für sich. Das war auch die einzige Möglichkeit, um da raus zu kommen, wo man sie eingesperrt hatte.
Wenn die Menschen etwas nicht verstehen oder Angst davor haben, dann sperren sie es weg oder töten es.
Gwendolin wurde weg gesperrt. Und als sie kapiert hat, dass sie nicht heraus kommt, bevor sie nicht wenigstens glauben, dass sie sie kontrollieren können, hat sie begonnen mit zu spielen.
Das Es-Geht-Mir-Gut-Spiel.
"So, da wären wir." Mrs Martin hält an und Gwendolin lehnt sich weiter vor, um einen besseren Blick durch die Windschutzscheibe zu bekommen. Es ist ein großes Haus aus rotem Ziegelstein. Es ist wirklich ein bisschen groß für nur zwei Personen. Mr und Mrs Martin haben sich vor einiger Zeit getrennt und ihre Tochter vor die Wahl gestellt. Sie hat sich für ihre Mutter entschieden.
"Lydia sollte bald von der Schule heim kommen." Mrs Martin lächelt und steigt aus. Gwendolin folgt ihr und nimmt ihre Tasche aus dem Kofferraum. Hier wird sie das nächste Jahr also leben. Gerade als sie durch die Eingangstür wollen, fährt ein Auto vor. Gwendolin erkennt durch die Windschutzscheibe zwei Mädchen. Die eine hat dunkles, fast schon schwarzes Haar, während die auf dem Beifahrersitz rotblond ist.
Lydia.
Die beiden Mädchen verabschieden sich und Lydia steigt aus. Die kleine Martin gehört eindeutig zu der Sorte Ballkönigin. Sie scheint perfekt zu sein, mit ihren großen Augen und dem kurvigen Körper in schicken Designerklamotten. Eine schöne Frisur, stilvolles Make-Up und High Heels mit mörderischen Absätzen.
Yep, eindeutig eine Ballkönigin!
Bei Gwendolins Anblick verzieht sie leicht das Gesicht und kommt schnurstracks auf sie zu.
"Ihre Tochter war mit meinem Kommen nicht wirklich einverstanden, oder?" murmelt Gwendolin aus dem Mundwinkel.
"Kein Stück!" Mrs Martin behält ihr Lächeln auf den Lippen. "Hi Schatz, wie war die Schule?"
"Großartig!" Das klingt stark nach: Diese Situation ist scheiße und ich werde so lange schmollen, bis du was dagegen unternimmst!
Gwendolin verkneift sich ein Grinsen und beeilt sich zur Seite zu gehen. Lydia rauscht an ihr vorbei ohne sie eines Blickes zu würdigen. Gwendolin kann es ihr nicht verübeln.
Lydia ist eine Prinzessin, die Königin ihrer eigenen Welt und Gwendolin ist ein Eindringling. Verständlich, dass ihr nur Ablehnung entgegen gebracht wird. Aber sie ist auch nicht hier, um gemocht oder akzeptiert zu werden. Sie ist hier, um ihre Ruhe zu bekommen.
Keine weiteren Sitzungen mit Psychiatern und Psychologen, Gespräche, in denen ihr Gegenüber denkt sie zu verstehen oder Ärzte, die sie mit Nadeln piksen und sie ständig fragen: Wie geht es uns denn heute?
"Also, das ist doch ganz gut gelaufen."
Gwendolin wirft Mrs Martin unter einer gehobenen Augenbraue einen Blick zu.
Ja, das lief wirklich gut!Gwendolin wippt leicht auf den Fußsohlen vor und zurück, während sie sich in der High School umsieht. Schließfächer, Türen, Lehrer und Schüler. Eine ganz normale Schule.
Lydia und ihre dunkelhaarige Freundin vom Vortag lehnen an den Schließfächern und werfen ihr unauffällige Blicke zu. Oder besser gesagt: Sie wollen unauffällig sein.
Mit einem genervten Stirnrunzeln dreht Gwendolin die Lautstärke ihres IPods hoch. Die Musik spült all ihre Gedanken weg und gibt ihr die Ruhe eines tiefen Gewässers. Scheiß auf tiefgehende Gespräche. Musik ist ein Heilmittel für alles. Wenn sie fest genug daran glaubt, vielleicht heilt es dann auch sie. Aber das ist eher unwahrscheinlich...
Unbewusst bleibt Gwendolin vor einer Pinnwand stehen, die die Schule offenbar für Ankündigungen nutzt. Eingehend betrachtet sie die vielen bunten Grußkarten, die um die Bilder einiger Teenager verteilt hängen.
Es sind Verabschiedungen.
Gwendolin zupft sich die Kopfhörer aus den Ohren.
Diese Jungen und Mädchen sind tot! Laut der Zeitungsberichte, die gleich daneben hängen, sind sie ermordet worden.
Gerade steckt Gwendolin die Hand aus, um durch die Artikel zu blättern, als sie jemanden neben sich stehen spürt.
"Gwendolin Ginger?"
Gwendolin lässt die Hand sinken und dreht sich zu dem Mann um, der sie angesprochen hat. Ein Lehrer und wenn sie von der schwarzen Trillerpfeife um seinen Hals ausgeht, auch der Couch des Lacrosse-Teams.
"Ja?" Abwartend sieht sie ihn an, während er sie mustert. Dann blickt er auf das Klemmbrett in seinen Händen hinab.
"Und du bist sicher, dass du bereits 19 bist?"
Gwendolin verzieht die Lippen zu einem leichten Lächeln.
"Ganz sicher."
"Mh..." Er betrachtet sie noch einmal von Kopf bis Fuß. Das tiefrote, schulterlange Haar, die viel zu großen, eisblauen Augen in dem herzförmigen Gesicht, die blasse, sommersprossige Haut und ihre Körpergröße von jämmerlichen 150 Zentimetern. Wenn man sie so ansieht, könnte man sie glatt für ein Kind halten. Abgesehen von ihrem üppigen Vorbau.
"Also gut, Ginger. Dann komm mal mit!"
Gwendolin lässt ihn vor gehen und folgt ihm. Dabei kommen sie an zwei Jungen vorbei. Unruhe bricht in ihrem Innern frei. Ein Gekribbel erfüllt ihre Eingeweide, das sie dazu zwingt, die Hände zu Fäusten zu ballen. Ihre Nackenhaare stellen sich auf und ein Schauer überfällt ihren Rücken. Langsam dreht sie den Kopf und wirft einen raschen Blick über die Schulter zurück. Die zwei Jungs, an denen sie vorbei gekommen ist, unterhalten sich gelassen weiter. Einer davon hat schwarze Haare und der andere ist braunhaarig.
Gwendolin kennt dieses Gefühl. So lange hat sie Angst davor gehabt und jetzt ist es wieder da. Langsam stößt sie die Luft aus den Lungen und sieht wieder nach vorne.
Ein Neuanfang? Die ganze Scheiße, die sie den Ärzten und Psychologen und Psychiatern aufgetischt hat, ist totaler Blödsinn gewesen. Gwendolin wollte nie einen Neuanfang, sie wollte immer nur Ruhe und dieser Wunsch hat sich gerade in Luft aufgelöst. Denn die Dämonen, vor denen sie fort gelaufen ist, sind ihr gefolgt.
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Wie Katz und Hund
FanfictionGwendolin Ginger kommt als Austauschschülerin nach Amerika, oder besser gesagt nach Beacon Hills, ein Ort der fast wie ein Magnet auf alles Übernatürliches wirkt. Werwesen aller Art, Geister, Jäger und vieles mehr sammelt sich in diesem Städtchen. S...