Never perfekt // Kürbistumor

Kapitel 29

"Sollten wir hingehen?" Fragte Alex. Wir standen seit ein paar Minuten mitten auf dem Hof. Ich war unentschlossenen. Wäre das etwas überstürzt? Aber andererseits zeigt es doch umso mehr das das alles jetzt vorbei ist. Ich schaute mich um.

"Du suchst uns oder? Kommt endlich bevor ihr drei hier noch Wurzeln schlagt." Maurice stand hinter mir und hatte mich an der Schulter angetippt. Als ich mich umdrehte sah ich auch die Tischtennisplatte und Manu welcher wunk. Ich grinste und lief Richtung der anderen. Meine Kumpels folgten ohne zu zögern. Es beruhigte mich ungemein das sie mir den Rücken freihielten und nichts gegen diese neue Freundschaft hatten.

"Hey." Sagte ich und lehnte mich an die Platte an. Manu saß oben drauf und schaute auf mich herab. Er lächelte nur und sein Blick lag dann auf Alex und Sebastian.

"Ist zwischen uns eigentlich alles cool?" Fragte er zur Sicherheit. Die angesprochenen nickten nur. Danach herrschte wieder einen Moment Stille. Wir wussten wahrscheinlich alle nicht genau wie wir nun mit einander umgehen sollten. Nach und nach schaute ich die einzelnen Leute an. Sie hatten den Blick irgendwo starr in die Luft oder auf den Boden gerichtet. Als ich zu Manu guckte, trafen sich unsere Blicke. Warum auch immer begann er einfach zu lachen. Etwas verwirrt schüttelte ich den Kopf. Was war denn jetzt mit ihm? Auch die anderen wurden wieder aufmerksam.

"D-das ist zu... K-komisch." Brachte der Brünette unter Lachen hervor und konnte sich gar nicht mehr einbekommen. Er legte sich nach hinten. Als ich die blicke der Schüler um uns herum sah, und auch die von Maurice und Sebastian, konnte ich nicht anders als mit zu lachen. Sie versuchten so kühl und lässig zu wirken, das es nur noch dämlich war. Denn eigentlich waren sie alle unsicher und angespannt. Klar haben wir uns hier alle bekriegt und es ist keine Vertrauensbasis da. Sie sind eben alle skeptisch, verstehe ich ja.

"Geht's euch beiden gut?" Alex grinste und war auch kurz davor zu lachen. Gott das war wirklich komisch. Ich konnte nicht richtig antworten. Ich versuchte mich zu beruhigen und richtete mich wieder auf. Kurz schaute ich nach oben. Was war das für ein Gefühl in mir? Fühlte es sich so an, wenn man glücklich ist? Ich weiß es nicht. Aber... Es war schön.

"Ja alles gut." Sagte ich leise und starrte einfach nur vor mich hin. Das die anderen auch langsam lockerer wurden und begannen sich zu unterhalten, bekam ich nur am Rande mit. Ich war ganz und gar auf mich fokussiert. Gerade fühlte ich mich so unbeschwert und so frei. Die ganze Last schien von meinen Schultern gefallen zu sein, auch wenn es nur für den Moment ist.

"An was denkst du?" Manu lehnte sich ein Stück zur Seite und flüsterte. Ich zuckte kurz mit den Schultern.

"Ich weiß nicht genau." War meine einzige Antwort. Ich vermied es gerade ihm in die Augen zu schauen. Ob es ihm wohl genauso ginge? Meine Augen schloss ich für den Moment. Ich wollte nur einmal tief durchatmen.

"Sag mir... Was haben wir gemacht das es sich jetzt so anfühlt?" Hauchte ich. Ich beobachtete meine Freunde wie sie sich zögerlich mit den von Manu unterhielten. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter. Wärme. Ja Wärme strömte durch mich. Er kam mit dem Kopf noch ein Stück näher.

"Keine Ahnung was genau. Aber auf jedenfall war es das richtige." Er grinste und setzte sich wieder aufrecht hin. Das richtige also? Ich war immer davon ausgegangen das es richtig ist was ich tue, deswegen war die Unsicherheit groß, das es am Ende doch alles falsch gewesen war. Doch hier fühlte es sich anders an. Es gibt mir so ein Gefühl das gut ist. Ich konnte mir ein seuftzen geradeso verkneifen. Wenn doch alles nur einfacher wäre. Da sprang mir schon wieder eine dieser verdammten Erinnerungen in den Kopf.

...

"Aufhören beide!" Der Lehrer ging zwischen uns und hatte sowohl mich als auch Manuel am Arm gepackt. Ich atmete schwer und mein Gegenüber tat es auch. Er sollte mich loslassen! Ich war noch nicht fertig! Ich riss mich los und wollte gerade wieder auf ihn losgehen, allerdings kam noch ein älterer Schüler zur Hilfe der mich besser festhielt. "Das ist falsch sich so zu verprügeln, was hat euch diesmal dazu gebracht?" Fragte der Lehrer vorwurfsvoll.

"Ha! Warum sollte das falsch sein? Was wisst ihr schon!" Rief der Braunhaarige aufgebracht. Ich grinste bitter. Ja was ist falsch daran seinen Frust loswerden zu wollen? Wir wussten genau was wir taten. Also warum wollen uns alle vorschreiben wie man es 'besser' machen sollte? Ich lachte. Alle schauten mich ungläubig an, Manuel nur verwirrt. Danach ließ ich das lächeln einfach fallen, starrte vor mich hin, keine Gefühle spürte ich mehr.

"Ich halte es für richtig. Jeder hat doch eine eigene Meinung oder? Das versuchen sie uns doch immer einzutrichtern. Da bitte! Meine Meinung zu dem ganzen Scheiß!" Zischte ich verbittert. Ich war wohl alt genug um zu wissen was ich hier tat. Es war mein Leben ich wollte nicht mehr das sie mir alle etwas vor schrieben. "Lass mich endlich los verdammt! Das ist das einzige was hier falsch ist!" Ich wackelte und zerrte mit meinen Armen bis der Zwölfklässler mich nicht mehr halten konnte. Es war doch irre... Aber es war für mich das einzig richtige. Es zeigten sich mir keine anderen Möglichkeiten, keine anderen Wege. Nur dieser eine. Also... Also musste er doch der richtige sein!

...

Ich schluckte schwer und schüttelte den Kopf. Warum erinnere ich mich in letzter Zeit so oft an die alten Geschichten? Meine Hand schnellte an meinen Kopf. Das durfte doch nicht wahr sein. Ich wollte es vergessen. Ich ertrug mich langsam selbst nicht mehr.

"Was hast du denn jetzt?" Ich hörte die Stimme von Manuel neben mir, aber richtig zu mir durchdringen konnte sie nicht. Ich hatte eine total verrückte und verdrehte Vorstellung von der Welt, von gut und böse, aber auch von richtig und falsch. Gott, was war ich nur immer für ein Idiot gewesen? Manu rüttelte an meiner Schulter. Ich schaute auf. Sein Fragender Blick sagte schon alles.

"Ich habe mich nur an etwas erinnert." Gab ich zu und wandt meinen Blick dann auch wieder zu Boden. Ich atmete wieder durch. Werde ich irgendwann von ganz alleine die richtigen Entscheidungen treffen können? Kann ich herausfinden was ich will und warum vorallem? Das glückliche Gefühl von eben, wurde mit einer Erinnerung dem Erdboden gleich gemacht.