Kapitel 4

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„Guten Abend Prinzessin", begrüßte mich Tristan mit seinem typischen Lächeln im Gesicht.
Die Sonne war schon vor knapp einer Stunde untergegangen und am Himmel hingen die Sterne und sahen auf das Land hinab, bewacht wurden sie dabei von einem prachtvollen Vollmond.

„Habt ihr etwas schlafen können?", fragte er weiter als ich ihm lediglich zunicke. Ich saß in dem großen Bett, die Hände in meinem Schoß gefaltet. Ich war müde, weshalb ich als Antwort auf seine Frage knapp den Kopf schüttelte.
„Warum?"
„Ich bin es noch nicht gewohnt am Tage zu ruhen", erklärte ich kleinlaut und schenkte ihm ein schwaches Lächeln.

Tristan nahm sich einen Stuhl und setzte sich neben das Bett. Seine braunen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht und verliehen ihm einen jungenhaften Ausdruck.
„Das verstehe ich", begann er überlegend und rieb sich dabei über den Bartschatten welcher sich über sein Kinn zog.
„Wie geht es eurer Wunde?"
„Besser."
Tatsächlich hatten die Schmerzen nachgelassen, doch der Kummer saß noch immer tief in meinen Knochen.
„Du bist ein ausgezeichneter Heiler", lobte ich ihn heiser und versuchte dabei halbwegs stark zu wirken. Doch scheinbar entging ihm das Schauspiel nicht, denn er schnaubte lediglich über den neckischen Kommentar, und trotzdem bildete ich mir ein, für den Hauch einer Sekunde, Stolz in seinen Augen zu sehen.

„Was haltet ihr von einem Spaziergang?", kam es nach einer Weile des Schweigens.
Ich lächelte, dieses mal breiter. Ein bisschen Bewegung kam mir tatsächlich gelegen. Vielleicht könnte ich dadurch sogar die Müdigkeit vertreiben.
„Sehr gerne, gib mir nur einen kurzen Moment um mich einzukleiden."
Mein neugewonnener Freund nickte und richtete sich zögerlich auf.
Es schien mir als wolle er noch etwas sagen, doch schüttelte er gedankenverloren den Kopf und verließ mit einem „Ich warte draußen auf euch" das Zimmer.

Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in mir breit, jedoch versuchte ich diese Tatsache weitestgehend zu ignorieren. Ich seufzte und erhob mich langsam aus dem weichem Bett und nachdem ich mich gewaschen und mir die Haare gekämmt hatte ging ich auf den großen Kleiderschrank zu.
Neugierig öffnete ich die fein verzierten Holztüren und hoffte auf frische Kleidung, denn nur ungern würde ich ein weiteres mal mit dem dünnen Nachtkleid durch das Schloss wandeln.

~

„Es steht euch."

Tristan lehnte lächelnd an der Brüstung und betrachtete mich mit einem zufriedenen Grinsen auf den Lippen. Er musterte den feinen Stoff, der meinen Körper einhüllte und nickte bei dem Anblick des mitternachtsblauen Kleides.
Eine feine, hauchdünne Stoffschicht, überzogen mit winzig kleinen Pailletten, sorgte dafür, dass dieses Kleid an den Nachthimmel erinnerte, welcher von abertausenden Sternen überzogen wurde.
Meine hellbraunen Haare hatte ich mir zwar durchgekämmt, es jedoch nicht zusammengebunden, sodass es in leichten Locken über meine Schultern fiel.
„Es ist etwas ungewohnt", erklärte ich und strich eine unsichtbare Falte aus dem ausladenden Rock.

„In wie fern?"
Höflich bot er mir einen Arm an, woraufhin ich mich lächelnd bei ihm unter hakte. Zusammen gingen wir den langen Flur entlang, den ich heute morgen noch allein erkundet hatte.
„In Solaria tragen wir keine dunklen Farben und natürlich auch nicht so lange Kleider, da die Wärme unser ständiger Begleiter ist."
Er nickte verstehend und richtete seinen Blick in die Ferne. Abermals richtete sich meine Aufmerksam, wie heute morgen schon, wie von selbst auf die Stadt am Fuße der Gebirgskette, welche allmählich langsam zum Leben erwachte. Ich erkannte die Lichter, die die Nacht erhellten und sah die Menschen, die langsam die Straßen füllten.

„Wie ist es so? Solaria meine ich."
Erstaunt starrte ich Tristan an, fand seinen Blick, der so viel Neugier barg und richtete meinen Blick nachdenklich dem Boden entgegen.
Was sollte ich antworten? Für mich war Solaria immer der Inbegriff von reiner, unangetasteten Schönheit gewesen. Doch nun, nachdem ich so unerwartet auf eine neue Art der Schönheit gestoßen war, wusste ich nicht mehr genau was ich antworten sollte.
„Ihr müsst nichts dazu sagen", kam es leise über seine Lippen, nachdem sich ein Schweigen über uns gelegt hatte, doch ich schüttelte den Kopf und suchte seinen Blick.
„Nein schon gut. Ich war nur im Gedanken", erklärte ich und richtete meinen Blick wieder auf die friedliche Landschaft.
„Nun wie soll ich es beschreiben? Für die meisten gibt es nichts schöneres als die weiten Felder und die saftigen Weiden von Solaria. Meinem Volk ist sein Land heilig. Am Tage ist es Tamlion ziemlich Ähnlich. Wir haben auch viele Berge, jedoch scheinen sie nie so prachtvoll zu sein, wie es diese sind."
Bei meinen letzten Worten wies ich auf die besagten steinernen Wächter, die wir gerade hinter uns ließen.

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