»Magst du mir jetzt vielleicht erzählen, was passiert ist?«
Langsam ließ ich mich neben Jeongin auf das Sofa fallen und betrachtete ihn. Er hielt die Kakao-Tasse fest umklammert in seinen beiden Händen und nippte leicht an ihr, da die Schokomilch noch zu heiß zum Trinken war. Inzwischen hatte ich mich ihm vorgestellt und ihm erklärt, wie lange ich hier bereits lebte (was sich auf eine knappe Woche beschränkte). Dabei hatte ich auch erfahren, dass Jisung zwar erzählt hatte, dass sein Vater neu heiraten würde, aber mich offensichtlich nie erwähnt und das hatte mich schmunzeln lassen. Befürchtete mein neuer Bruder etwa, dass ich ihm seine Freunde wegnehmen könnte? Das musste ich ihn bald wirklich fragen, weil wir uns eigentlich gut verstanden. Doch jetzt hatte Jeongin selbst erst einmal Priorität.
»Ich hatte Streit mit meinem Vater...«, erzählte Jeongin leise und zog seine Beine an. »Meine Mutter ist gerade nicht Zuhause, weil sie Pilotin ist und deshalb oft unterwegs und in dieser Zeit ist mein Vater oft gereizt...«
»Das sollte so aber nicht sein. Immerhin kannst du ja nichts dafür, dann sollte dein Vater es nicht an dir auslassen«, meinte ich dazu und lehnte mich selbst etwas zurück. Ich kannte Jeongins Vater nicht, doch das genügte, damit er direkt unsympathisch auf mich wirkte und solche Menschen verabscheute ich. Vor allem Eltern mussten für ihre Kinder sorgen und sollten nicht der Grund dafür sein, dass diese zu ihren Freunden flüchteten.
»Er meint es ja nicht so... mein Vater ist manchmal anstrengend, aber er liebt mich und sorgt sich um mich. Das merkt man auch. Nur heute... heute ist seine Hand eben... ausgerutscht...«, erklärte er mir, wurde bei jedem Wort leiser und drehte sein Gesicht von mir weg. Erschrocken darüber, dass sein Vater ihn wirklich geschlagen hatte, weitete ich meine Augen und wusste im ersten Moment nicht, was ich sagen sollte. Doch Jeongins Wangen waren nicht gerötet, weshalb ich über der Härte des Schlags nicht urteilen konnte und es auch gar nicht hätte erkennen können. Oder wurde er an einer anderen Stelle geschlagen?
»Das ist erst recht nicht okay! Du bleibst heute Nacht hier, Jeongin, damit das klar ist. Ich lasse dich ganz bestimmt nicht zu ihm wieder heimgehen«, bestimmte ich und sah ihn streng an. Allerdings bemerkte Jeongin das hat nicht, weil er noch immer seinen Blick abgewandt hatte und einfach nur stumm nickte, ehe er wieder an seiner Tasse nippte. Leise seufzte ich, er tat mir wirklich leid und ich wollte gern mehr für ihn tun. Wer weiß, vielleicht könnte ich das ja auch. Ein Versuch war es wert. Zumal ich an meinem Koreanisch arbeiten sollte.
»Lass uns zusammen einen Film schauen, ja? Dann kommst du auf andere Gedanken.«
"Chanie-Hyung? Können wir bitte einen Film anschauen?", hörte ich Jeongin rufen, als ich das Wohnzimmer betrat. Ein Handtuch war um meinen Kopf gelegt, ich rubbelte gerade meine Haare trocken, da ich erst unter der Dusche hervor kam. Nachdem Jeongin nämlich die heiße Schokolade getrunken hatte, war er Duschen gegangen und weil ich ebenso das Bedürfnis zu duschen empfunden hatte, war ich nach ihm gegangen. Derweil hatte Jeongin es sich auf unserem Sofa bequem gemacht, sich in eine Decke gekuschelt und brav auf mich gewartet.
War das ein gutes Zeichen?
"Wenn du das möchtest", antwortete ich nur und ließ mich neben ihn auf das Sofa fallen. Mit einem kleinen, noch etwas geschwächten Lächeln auf seinen perfekten Lippen schaute er zu mir, bevor er nach der Fernbedienung griff und den Fernseher einschalten wollte. Allerdings hielt ich ihn davon ab. Ich konnte nicht einfach so gesprächlos weitermachen. Das ging nicht.
"Wieso hast du mir nicht direkt Bescheid gegeben, Jeongin? Ich hätte dir helfen können, damit niemand dich in diesen Klamotten sieht, aber das wolltest du ja offensichtlich nicht. Also bitte sag mir, warum? Das ist alles, was ich wissen will, denn damit, dass du mich nicht über den Kerl aufklären willst, hab ich mich mittlerweile abgefunden", seufzte ich schwer und schaute ihn bedrückt hat. Ich wusste ja, dass er mich abblockte und förmlich von sich stieß, aber ich musste einfach eine Antwort auf diese Frage bekommen. Vorher würde ich keine Ruhe geben. Und offenbar war das Jeongin mehr als nur bewusst.
"Weil ich wusste, dass du mich retten wirst, Hyung. Hätte ich dir etwas gesagt, hätte ich Ärger bekommen oder irgendetwas Schlimmes wäre passiert, ganz bestimmt. Aber ich war mir sicher, dass du mich direkt finden würdest... ich war mir ganz sicher, dass du mich beschützen würdest... nur deswegen habe ich nichts gesagt."
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Colorless Rainbow ★ Jeongchan
Fanfic»Seine Liebe ist die Farbpalette, die meine Welt kunterbunt gezaubert hat. Doch aufgrund seines Misstrauens sind diese Farben dabei, langsam wieder zu verblassen und meine Welt ergraut erneut. Dabei will ich ihn doch einfach nur glücklich machen...«...