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Langsam färbte sich der Himmel über der kleinen Stadt in ein dunkles Feuerrot. Während den ganzen Nachmittag geschäftiges Treiben in den Straßen herrschte, war nun fast niemand mehr auf diesen unterwegs.

Die wenigen Menschen, die noch unterwegs waren, huschten schnell und panisch über den Asphalt und suchten immer wieder nach Möglichkeiten sich zu verstecken, bis sie die rettenden Haustüren erreichten, zu denen sie mussten.

Es hatte vor nur wenigen Wochen angefangen.

Immer mehr Krähen waren in dem Umfeld der Stadt aufgetaucht und hatten sich in den umliegenden Wäldern, oder alten verlassenen Scheunen eingenistet. Dieses Phänomen war selbst den Tierexperten ein Rätsel.

Sie konnten nicht erklären, warum ausgerechnet sich die Krähen in solch einer Zahl an so einem normalen Ort sammeln sollten. Es gab keine besonderen Nistmöglichkeiten, oder Nahrungsmöglichkeiten. So herrschte zumindest anfangs die Meinung.

Als die Krähen, aber in einer solch großen Zahl sich sammelten, dass niemand mehr zu sagen vermochte, wie viele es nun letzendlich waren, begann es.

Zuerst waren es nur einzelne Menschen auf die die schwarzen Vögel losgingen. Sie hackten nach Händen, die offensichtlich Essen hielten, oder zerrupften einem das Haar, wenn derjenige ihnen zu nah kam. Doch das war nur der Anfang.

Was zuerst wie ein wenig aggressives Verhalten aussah, das auf die Menge der Krähe zurückzuführen war, gingen sie irgendwann bewusst auf die Bewohner der Stadt los. Sie griffen die Bewohner regelrecht an und das nicht nur einmal. Als ein alter Mann so schwer verletzt wurde, dass er ins Krankenhaus musste, beschloss man sämtliche Polizeiwaffen aufzufahren, um diese schwarzen Übeltäter zu vertreiben.

Doch selbst das Vorgehen der Polizei richtete nichts gegen das Bleiben der Vögel aus. Kein Wasserwerfer und keine Schusswaffe vertrieb die Biester. Das Einzige was dieser Angriff bewirkte, waren zu wenige Vogelleichen und viel zu viele verletzte Polizisten. Aber eine Sache, änderte sich nun doch. Am Tag nach dem Angriff der Menschen waren die Vögel aus der Stadt verschwunden.

Für einen Tag herrschte die Freude, dass man den Vögeln gezeigt hätte, dass die Stadt den Menschen gehört.

Doch die Freude währte nicht lange.

Als die Sonne gerade am Untergehen war und die Stadt in ein romantisches Licht tauchte, kamen sie wieder. Ihr Flügelschlagen wurde zum Brummen, das die Luft erzittern lies und ihr schwarzes Federkleid schwärzte den Himmel und dunkelte die Stadt gespenstisch ab. Was dann passierte, gehörte allerdings zu den größten Tragödien, die diese Stadt jemals erlebt hatte.

Die Vögel stürzten sich aus dem Himmel auf die Menschen die noch draußen waren und griffen diese mit ihren scharfen Krallen und Schnäbeln an. Die Luft war erfüllt von den schmerzerfüllten und panischen Schreien der Menschen und dem Flügelschlagen und schreienden Krächzen der Krähen.

Als die Vögel dann wieder plötzlich abließen und wie auf ein Kommando wieder in die Wälder verschwanden, war das Bild das sie hinterlassen hatten grausam: Nicht nur einer lag bewusstlos und blutend am Boden und nicht einer war von den scharfen Schnäbeln verschont geblieben. Einige trugen tiefe Fleischwunden sogar davon, die sorgfältig ärztlich behandelt werden mussten. Doch der Schock saß tief, als man ziemlich schnell bemerkte, dass die Krähen bei ihrem Angriff drei Kinder in diesem Tumult entführt hatten.

Als sich einige Männer am nächsten Tag vorsichtig in den nächsten Wald wagten, um die Kinder zu suchen, sahen sie keine einzige Krähe. Dennoch spürten sie die animalischen starren Blicke auf sich ruhen, die wohl aus dem dichten Blattwerk auf sie nieder spähten. Die Kinder fanden sie alle zusammen auf einer Lichtung.

Doch keines von ihnen war mehr am Leben. Alle drei lagen nebeneinander friedlich niedergebettet im Heidekraut. Ihre leblosen Augen starrten nach oben und schienen noch leerer zu wirken als bei sonst einem Toten. Ihr Haut war leichenblass und es schien, als hätte jemand dafür gesorgt, dass keiner von ihnen mehr Blut in seinem Körper trug.

Als sie ein lautes Krächzen vernahmen, schnappten die Männer die toten Kinder und flohen aus dem Wald. Trotz allem schien sie kein Vogel zu verfolgen und sie gelangten wohlbehalten in die Stadt.

Das Entsetzen war groß, als die Bewohner sahen, was diese eigentlich unscheinbaren Vögel ausgerichtet hatten. Doch noch größer war ihr Entsetzen, als die Krähen erneut in der Abenddämmerung auftauchten und neuen Schaden anrichteten.

Seit diesem Tag vermieden es die Bewohner nach Einbruch der Dämmerung auf den Straßen unterwegs zu sein, um kein weiteres Blutbad miterleben zu müssen. Es versuchten einige aus der Stadt zu fliehen, doch sie waren nie vor Einbruch der Dämmerung weit genug von den Wäldern weg. Die Krähen machten keinen Halt vor den Autos und umschwärmten diese solange, bis der Fahrer selbst gegen einen Baum oder ähnliches bretterte und somit das Schicksal aller Insassen besiegelte.

So blieb nur noch den Stadtbewohnern eines übrig: Sie mussten weiterhin in ihrer Stadt ausharren und konnten nur darauf hoffen, dass diese gigantische blutrünstige Schwarm irgendwann wieder verschwand. Bis dahin mieden sie es abends unterwegs zu sein und versteckten sich in den Gebäuden. Schließlich wusste man nie wann genau der Schwarm auftauchte. Aber so leichtsinnig mit ihrem Leben spielen wollten die meisten nicht.

Doch es gab einzelne Ausnahmen. Es gab Menschen, wenn auch nur wenige, die sich auch in diesen gefährlichen Stunde auf die Straßen wagten. Sie waren mutig genug, um ihr Leben nicht von der Angst vor den Krähen bestimmen zu lassen. Oder ihnen war ihr Leben einfach egal geworden...


Nochmal ne etwas kürzere Story ^^
Diesmal mit eteas anderem Schreibstil
Viel Spaß. :)

KrayenzeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt