ALONE, BY HERSELF
SHE BUILT THE KINGDOM
THAT SHE WANTED.
Schon im Halbschlaf sitzt Gwendolin am Pool der Martins, während der Mond ihr auf den Kopf scheint. Obwohl es kalt ist und sie Wasser verabscheut, baumeln ihre Zehen in dem eisigen Nass. Eine Möglichkeit ihre ruhige Mitte wieder zu finden. Lydia kommt aus dem Haus, die kleine Ratte Prada auf dem Arm. Sie küsst und knuddelt ihn einige Sekunden, bevor sie ihn laufen lässt. Er macht einen großen Bogen um Gwendolin, die ihn mit blitzenden Augen beobachtet. Er flitzt zum Gartentor hinaus und Lydia tritt zögernd von einem Bein auf das andere.
"Wenn du nicht frägst, kann ich nicht antworten."
"Würdest du mir denn antworten?" Vorsichtig, mit genügend Abstand setzt Lydia sich neben sie.
"Das kommt ganz auf die Frage an. Aber wie heißt es so schön? Fragen kostet nichts." Gwendolin zieht die Beine leicht an und wendet sich ihr zu. Aufmerksam mustern die beiden Frauen einander für ein paar Sekunden.
"Was ist damals passiert? Vor zwei Jahren?"
Gwendolin seufzt tief und lehnt sich ein Stück zurück.
"Bist du sicher, dass du das hören willst?"
Lydia denkt eine Weile nach, dann schüttelt sie den Kopf und nickt gleich darauf. Gwendolin zieht leicht eine Augenbraue hoch und schürzt skeptisch den Mundwinkel. Mit einem verzweifelten Seufzer lässt die Banshee den Kopf hängen und nickt dann einmal. Seufzend sieht Gwendolin zum Nachhimmel hoch.
"Vor zwei Jahren ist meine Familie ins Kreuzfeuer geraten. Wir haben uns in die falsche Angelegenheiten eingemischt." Ihr Blick wird glasig. Eine ganze Weile spricht sie nicht weiter. Lydia blinzelt ungeduldig. Dann steht Gwendolin plötzlich auf und klopft sich den Hintern ab.
"Ich geh rein, mir ist kalt!" murmelt sie und verschwindet im Haus. Lydia bleibt sitzen. Ein Gefühl der Schuld nagt an ihr. Sie will Gwendolin nicht drängen, trotzdem will ihre Neugierde nicht nach lassen. Dann hebt sie den Kopf.
"Prade?"
Der Hund ist zum Gartentor hinaus geeilt und noch nicht zurück gekehrt. Besorgt steht sie auf, um nachzusehen.Unbewusst macht Gwendolin einen weiteren Schritt auf die Blaulichter zu. Wie eine Motte vom Licht angezogen wird, kann sie offenbar einfach nicht mehr widerstehen, wenn sie Probleme wittert. Ihr altes Ich befreit sich aus dem Gefängnis, in dem Gwendolin es zwei Jahre lang eingesperrt hat. Das verrückte Genie mit einer ungesunden Liebe zur Gefahr buddelt sich unaufhaltsam frei.
Gwendolin befindet sich auf dem Parkplatz vor einem Schwulenclub. Ihre Nasenflügel blähen sich leicht und sie schnüffelt unauffällig. Sofort erkennst sie Stiles' und Scotts Geruch und laut ihrer Ohren sitzen sie in Stiles' Schrottkarre von einem Jeep und streiten. Dann steigt Stiles aus und geht auf seinen Vater, Sheriff Stilinski, zu. Mit einem erwartungsvollen Grinsen schlängelt sie sich zwischen den Menschen hindurch näher an den Jeep.
Stiles redet sich um Kopf und Kragen. Also macht er das, was er immer macht.
Immer noch mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen, sieht sie der Rostlaube hinterher, doch dann gefriert der Ausdruck auf ihrem Gesicht. Im Schatten des Jeeps steigt ein Mann in einen dunklen Wangen am Rand des Geschehens. Gerade weit genug weg um keinerlei Aufmerksamkeit zu erregen, doch nah genug, um alles mitzubekommen. Gwendolin kennt diese Männer.
Es sind Argents.
Christopher Argent, Allisons Vater und der ältere Mann, zu dem er ins Auto steigt, muss dann wohl Gerard Argent sein, der momentane Schulleiter der Beacon Hill Highschool. Die beiden Männer waren in der Tierklinik, an dem Abend, als sie in Ohnmacht gefallen ist und die Dinge ins Rollen kamen.
Eine mächtige Werwolfjäger-Familie, die seit über 400 Jahre bereits besteht.
Gwendolin spürt eine gewisse Unruhe in sich aufsteigen, die sie sich nicht wirklich erklären kann. Bevor sie dieses Gefühl genauer ergründen kann, startet der Wagen und die Männer fahren davon. Gwendolin steht noch einige Zeit lang einfach da und sieht dem Wagen hinterher. Sie bekommt dieses eigenartige Gefühl nicht zu fassen, das sie so rastlos und nervös macht, fast schon panisch. Ihre Schwänze, die sie gerade versucht zu kontrollieren, ringeln sich nervös in ihrem Hosenbein.
Mit einem letzten Blick in die Richtung, in die Scott und Stiles verschwunden sind, wendet Gwendolin sich ab.Gwendolin gähnt bis ihre Kiefer knacken. Blinzelnd sieht sie sich um Flur um, Lydia steht direkt neben ihr und weicht ihr nicht von der Seite. Vorsichtig zieht Gwendolin eine Augenbraue hoch, doch Lydia zuckt nur die Schultern.
"Bei dir fühl ich mich irgendwie sicher, auch wenn das Labyrinth in deinem Kopf echt gruselig ist."
"Aha..." macht Gwendolin daraufhin nur und wendet sich zum Weitergehen. Überrascht stolpert sie einen Schritt zurück, um einen Zusammenstoß zu verhindern. Gerard Argent ergreift sie mit einem großväterlichen Lächeln an den Oberarmen, um einen Sturz zu verhindern.
"Na na, nicht so stürmisch." Für einen so alten Herrn hat er ganz schon Kraft. Etwas anderes kann man von einem Jäger aber auch nicht erwarten. Wieder ist da so ein Gefühl. Ein Geruch steigt ihr in die Nase, ein Geruch, der ihr bekannt vor kommt. Eine Welle der Gefühle brodelt in ihrem Innern hoch. Plötzlich fühlt sie sich wie ein Reh, das mitten im Scheinwerferlicht steht.
"Ich pass auf!" presst sie noch gerade so über die Lippen, bevor sie sich los macht und davon stürmt, in Richtung Mädchentoilette. Sie schafft es gerade noch rechtzeitig. Würgend bricht sie über der Kloschüssel zusammen und spuckt ihr Frühstück wieder aus. Ihre Finger krallen sich in das Porzellan, während ihr Körper durchgeschüttelt wird. Krampfhaft versucht sie die Kontrolle zurück zu bekommen und den Würgreiz zu unterdrücken. Sie schafft es nur langsam. Es kommt nur noch Galle und dann kann sie endlich wieder atmen.
Tief durchatmen.
"Was ist denn los?"
Mühsam dreht Gwendolin den Kopf, um Lydia ansehen zu können. Ihre Stirn liegt auf der Kloschüssel und ihr Lächeln ist viel zu schwach, um eines zu sein.
"Wenn ich das nur wüsste." murmelt sie atemlos und spürt entsetzt Tränen über ihre Wangen laufen, doch sie ist zu kraftlos, um sich gegen diese Schwäche zu wehren. Doch eigentlich hat Gwendolin schon eine Vermutung.
Sie kennt Gerard Argent, er ist ein Teil ihrer Erinnerungen. Die Erinnerungen, die wie boshafte Dämonen in ihrem Kopf auf jegliche Schwäche lauern, um sich auf sie zu stürzen. So wie gerade eben. Mühsam kommt Gwendolin auf die Beine, stolpert an Lydia vorbei zum Waschbecken und spült sich den Mund aus. Dann spritzt sie sich jede Menge Wasser ins Gesicht und atmet tief durch.
"Was hast du jetzt vor?" flüstert Lydia zögerlich und wirft einen nervösen Blick zur Tür. Ihre Augen begegnen sich im Spiegel.
"Ich hab keine Ahnung!"
Sie muss ihren verdammten Mut zurück bekommen. Ihren Mut, um sich endlich den Dämonen ihres Innern zu stellen.
Bei Gott, sie hätte nie nach Beacon Hill kommen sollen. Wäre sie weg geblieben, hätte sie ein ruhiges Leben führen können. Abgeschieden vom sozialen Leben und in aller Ruhe. Und jetzt kann sie diese Existenz ohne zu leben nicht mehr ertragen. Sie will alles zurück, was man ihr damals genommen hat und sie wird nicht ruhen, bis sie es wieder hat.
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Wie Katz und Hund
FanfictionGwendolin Ginger kommt als Austauschschülerin nach Amerika, oder besser gesagt nach Beacon Hills, ein Ort der fast wie ein Magnet auf alles Übernatürliches wirkt. Werwesen aller Art, Geister, Jäger und vieles mehr sammelt sich in diesem Städtchen. S...