Ich saß auf der Couch im Wohnzimmer und riss meinem vor mir stehenden, sechs Jahre jüngeren Bruder das Klassenfoto aus der Hand, das er Mom gerade gezeigt hatte. Er kam gerade aus der Schule zurück, nein Oberschule, oder wie er das auch immer nannte.
„Hey, sag mal! Das Scheißbild hat mich 15 Ocken gekostet!",
schnauzte er mich von oben herab an. Es war so niedlich, wenn er sich so künstlich aufregte. Während ich das Bild abscannte, ließ ich das Wohnzimmer hinter mir und schlurfte gemächlich die mit Teppich belegten Stufen hinauf ins zweite Obergeschoss, wo jeder sein eigenes Zimmer hatte.
Endlich war er in einem Alter angelangt, in dem die Mädels seiner Klasse interessant für mich wurden. Er machte Fachabi und ich studierte schon seit ein paar Jahren, war fast fertig damit. Die dummen Hühner an der Uni konnte ich langsam nicht mehr sehen. Alle waren sie entweder vergeben oder wurden schon von mehr Männern angefasst als die Türklinke der Herrentoilette im Kölner Hauptbahnhof.
Drei, nein, sogar vier der jungen Mäuschen auf dem Bild sahen ziemlich heiß aus. Ich setzte mich auf mein Bett, das Mom zuvor gemacht hatte und schlug lässig die Beine übereinander. Dann sah ich Lukas, der mir wegen des entführten Bildes hinterher gestiefelt war, so herausfordernd an, wie es mein Gesicht hergab.
„Bist schon seit eineinhalb Jahren in der Klasse, oder? Welche der Schnittchen hast du schon gebuttert?"
„Ich bin doch nicht so ein Arsch wie du!",
gackerte er wie ein Huhn. Ich schnaubte und sah ihn weiterhin bohrend an. Er kam zu mir, fokussierte das Foto und zeigte dann nacheinander auf zwei der Mädels.
„Die... uuund mit der hab ich mal besoffen rumgeknutscht."
„Hah, das ist mein Bruder!",
johlte ich und klopfte ihm auf die Schulter. Das waren zwei der vier, die ich auch heiß fand.
„Was ist mit der hier?",
fragte ich und zeigte auf die Dritte.
„Hat'n Freund. 'Nen echt großen..."
„Und die?",
war meine vierte Wahl, bei der ich anfangs zweimal hinsehen musste.
„Orr, nee. Das ist die Klassen-Mutti. Kümmert sich um alle und so. Ich kenn die schon seit der Fünften. Total uninteressant."
Soso, ein scharfes Girl, das er uninteressant fand. Das weckte meine Aufmerksamkeit.
„Hatte die schonmal 'nen Freund?"
„Nicht, dass ich wüsste. Sie ist halt langweilig."
Ich stand kurz auf, legte meinen Arm auf seiner Schulter ab und brachte ihn dazu, sich auf das Bett zu setzen.
„Liebster Bruder...",
begann ich, doch er würgte mich bereits ab. Er wusste schon, was ich wollte, immerhin kannte er mich besser als irgendjemand sonst.
„Ne, Alter. Du bist eklig."
„Wo liegt das Problem? Du findest sie lahm und sie erlebt mal 'n bisschen was."
Sein Gesicht sah aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Mein kleiner Bruder war einfach zu kurzsichtig, um den großen Plan dahinter zu begreifen.
„Sag mal, du denkst auch, ich bin ein bisschen bescheuert",
raunte er. Ich hob ertappt die Schultern. Dann setzte er zusammen, was er über mich dachte.
„Ich weiß, was in deinem kranken Schädel vorgeht, Mick. Du hast letztens diesen bekloppten Spruch gehört und seitdem denkst du an nix anderes mehr."
„Ach?",
fragte ich unbeeindruckt. Er starrte kurz an die Decke, um nachzudenken.
„'Ein Mann sollte ein Haus bauen, einen Baum pflanzen und eine Frau entjungfern.' In 'ner anderen Reihenfolge, glaub ich. Ey, ich hab den Spruch gegoogelt. Das muss heißen: 'ein Kind zeugen', perverses Arschloch."
Tja, da hatte er mich wohl erwischt. Er hatte gut reden. Jessica, seine erste Freundin, war noch taufrisch gewesen, aber ich hatte dieses Glück nicht, dabei ließ ich mich echt nicht lumpen.
„Stell mich ihr vor!"
„Wie soll ich das anstellen? 'Kennen Sie Ted spielen, oder was?",
fragte er fantasielos. Mit ihm war echt nichts anzufangen.
„Zeig, was du kannst! Sieh es als verfrühtes Weihnachtsgeschenk!"
Er riss mir das Foto aus der Hand, ging zu meiner Zimmertür, zeigte mir den Mittelfinger und haute dann ab. Er war eben noch ein Kind. Das scharfe Mädel war da bestimmt schon weiter als er. Mit Frauen, die etwas Grips im Kopf hatten, konnte er nichts anfangen, dieser Vollpfosten.
Es dauerte eine Woche, bis ich von dem Thema wieder etwas hörte. Ich saß in meinem Zimmer am Rechner und zockte PUBG mit ein paar Kumpels, mit denen ich im Discord war und Luke kam ohne zu klopfen herein.
„Mick, gibt Neuigkeiten."
„Hau ab, wegen dir kratz ich noch ab, Scheiße!",
fluchte ich. Es war zum Heulen, dass er mich gerade in diesem Moment ablenken musste, in dem mich N0ice, einer meiner Kumpels, voll im Visier hatte.
„Mach hinne, bevor die nächste Runde losgeht!",
ging ich ihn an, weil es mich natürlich erwischt hatte.
„Es geht um die Tussi auf dem Klassenfoto."
K1llone1st, MegaCanOn und N0ice hörten das durch mein Mikro mit und fingen an wie bekloppt zu feiern.
„Fresse, ihr Fratzen. Bin kurz afk",
sagte ich in mein Headset und legte es ab. Ich drehte mich vom Rechner weg. Mein Brüderchen genoss nun meine volle Aufmerksamkeit.
„Sie macht grad den Führerschein und braucht Kohle. Ich hab ihr von der Inventur Mitte Dezember im Laden erzählt."
„Geil, die mach ich mit ihr alleine. Kannst meinen Verdienst haben, kein Ding. Hauptsache du tauchst da nicht auf",
sagte ich anerkennend. Er hatte sein Köpfchen echt angestrengt und da konnte ich auch mal was springen lassen.
„Nice!",
rief er happy und ging wieder.
Im Game war an dem Tag nicht mehr viel zu holen, dazu waren meine Finger zu schwitzig. Ich freute mich unnormal sehr auf die Süße.
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Ich hab mal alles in eine Geschichte gepackt, was mich an einem Typen so richtig aufregen würde und e viola, Mick erschaffen. Das Ganze ist eher eine überspielte Parodie eines speziellen Typs Macho, als alles andere, aber tatsächlich hat es Spaß gemacht so ausgelassen schreiben zu können.
Vielleicht lesen wir uns im Kapitel 2 wieder. Das würde "Mick" sehr freuen ♥ ♥ ♥
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Wie man sich nicht in eine Jungfrau verliebt ✔
Humor~~*~~ abgeschlossen ~~*~~ Mick: "Hi, ich bin Mick, der Frauenversteher. Nicht wirklich, haha, ich meine, das ist unmöglich. Ich glaube du merkst es schon. Ich liebe Frauen... auf eine Art, die ein Mancher politisch inkorrekt finden wird. Wenn dich d...