7. Der letzte Tag

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Feuerstern wanderte in einem Wald herum. Wenn er hinauf zum Himmel sah, konnte er nur verdorrte Zweige der Bäume sehen. Kein einziger Stern schien diese Nacht. Ein grauer Nebel hing in der Luft, und Feuerstern glaubte, die Orientierung verloren zu haben. Als er weiter ging, merkte er, dass seine Pfoten in etwas nasses getreten sein mussten. Er wollte seine Pfoten aus der Flüssigkeit ziehen, doch es gelang ihm nicht. Er wurde immer tiefer hinein gezogen, und sein Bauchfell war schon komplett nass. Feuerstern versuchte mit aller Kraft sich hinauszutreten, beschleunigte aber das Versinken nur noch mehr. Der graue Nebel kam immer dichter, bis Feuerstern schließlich nicht mehr sehen konnte. Er spürte nur noch, wie sich die Flüssigkeit langsam über sein Maul zog. Mit letzter Kraft versuchte er, nach Hilfe zu schreien, doch sein Laut erstickte und schließlich war er versunken. Als er die Augen öffnete, lag er schlammverkrustet auf einer kleinen Lichtung. Egal wo er hinsah, alles war verdorrt. Benommen stand er auf und sah sich um. Die Bäume standen so dicht, dass es unmöglich war, sich einen Weg nach draußen zu bahnen. Plötzlich ertönte hinter ihm eine Stimme. Feuerstern drehte sich um und stand seinem größten Feind gegenüber.
Tigerstern!
Ungläubig stand er vor dem dunkelbraunen Krieger, der vor ein paar Tagen durch Geißels Attacke gestorben war. Tigerstern schaute Feuerstern belustigt an.
"Ich dachte immer, der kleine Feuerstern fürchtet sich vor nichts.", spottete er mit seiner tiefen Stimme. Feuerstern versuchte seiner Stimme einen ruhigen Klang zu verleihen."Ich fürchte mich nicht vor dir Tigerstern. Sag mir, wo sind wir?",wollte Feuerstern wissen. Tigerstern sah ihn verächtlich an und Feuerstern wusste, dass er ihm nicht antworten würde. Stattdessen redete er weiter als hätte Feuerstern nichts gesagt."Du willst den Schattenclan angreifen. Meinen Clan? Nur zu, Feuerstern. Aber glaub mir, unbeschadet wirst du nicht davonkommen... Hauskätzchen!" Tigerstern schnaubte und wandte sich zum Gehen. Er glitt einfach durch die Bäume hindurch, als wären sie gar nicht da. Feuerstern schrak zurück, als sich vor ihm auf dem Boden eine Pfütze bildete. Neugierig blickte er hinein. In dem Wasser konnte er sein Spiegelbild sehen. Doch ehe er sich versah, wurde das Wasser rot.
Das ist Blut!
Feuerstern versuchte, nicht zurückzuweichen und blickte krampfhaft hinein. In dem Blut konnte er eine Katze sehen. Er selbst war es nicht, aber ihm schien die Katze bekannt. Das Bild war nur für ein paar Augenblicke da, dann verschwomm es und das Blut sickerte im Boden ab, als wäre es nie dagewesen. Tigersterns Stimme hallte durch seinen Kopf.
Aber glaub mir, unbeschadet wirst du nicht davonkommen... Hauskätzchen!

Feuerstern erwachte mit zitternden Körper. Die Erinnerungen an seinen Traum hingen wie Nebel in seinem Kopf fest. Erst zuspät merkte er, dass Sandsturm neben ihm stand und mit ängstlichen Augen beobachtete."Ist alles in Ordnung? Du hast leise geredet und dauernd mit deinen Beinen ausgetreten. Du siehst total erschöpft aus.",miaute sie und legte behutsam ihren Schwanz auf seine Schulter, die immernoch zitterte.
Warum musste sie es ausgerechnet mitbekommen?
Feuerstern zwang sich aufzustehen und zu strecken, wohlwissend, dass ihm das keine Erklärung sparen wird. Sandsturm sah ihn immer noch an, also setzte sich Feuerstern und fing an zu erzählen."Ich hatte einen Alptraum, wo ich in irgendeiner Flüssigkeit ertrunken bin.", fing er an."War es Wasser?", fragte Sandsturm. Feuerstern dachte an die Pfütze, in der er sich gesehen hatte. Um die Sache nicht weiter auszubreiten, antwortete er mit einem einfachen "Ja" . Sandsturm berührte ihre Nase mit seiner, anscheinend merkte sie, dass er nicht drüber reden wollte, dann machte sie kehrt und lief zum Frischbeutehaufen.
"Na ja, ich sollte jetzt die Patrouillen zusammenstellen.",murmelte Feuerstern für sich und dachte an den Kampf, der noch diese Nacht stattfinden würde. Feuerstern trat hinaus auf die Lichtung und sprang erneut zum Hochfelsen, um dem Clan die Patrouillen mitzuteilen. Mit lauter Stimme sprach er zu seinem Clan."Donnerclan ich werde die erste Patrouille anführen. Mit mir kommen Wolkenschweif, Lichtherz
Farnpelz, Sandsturm und Brombeerpfote." Feuerstern sah, wie sich Lichtherz und Wolkenschweif verwundert ansahen. Die Kriegerin war vor kurzem erst in die Kinderstube gezogen. Feuerstern erklärte hastig, warum er sie auswählte."Ihr werdet mit meiner Patrouille mitkommen und wir werden euch zur großen Platane begleiten, wo ihr beide bleibt, und falls irgendwelche Schattenclan Krieger einen Hinterhalt planen oder sie uns verfolgen sollten, geht ihr zurück ins Lager und bereitet den Clan darauf vor.",erklärte er. Lichtherz schien sich wieder zu entspannen und Wolkenschweif nickte mit dem Kopf als Einverständnis.
Feuerstern miaute weiter.
"Die zweite Patrouille führt Graustreif an. Mit ihm kommen Langschweif, Borkenpelz, Bernsteinpfote und Aschenpelz." Da meldete sich Bernsteinpfote zu Wort."Was ist mit Sol?", fragte sie. Erst jetzt fiel Feuerstern auf, dass der Kater in der hintersten Ecke der Versammlung saß und zu Boden blickte. Er scharrte mit den Krallen in der Erde.
"Feuerstern verzichtet lieber auf Verstärkung.", presste Sol mit den Zähnen hervor. Manche Katzen blickten jetzt verwirrt zu Feuerstern hinauf. Dieser sprach offen, warum er es nicht tat."Ich möchte keine noch größeren Probleme mit dem Schattenclan wegen Sol bekommen.",antwortete er ruhig. Nun blickte Sol zu Feuerstern hinauf, in seinen Augen funkelte Zorn."Aber ich habe nie etwas getan!",fauchte er und erhob sich. Dornenkralle und Glanzfell, die am nähesten zu ihm saßen, standen auf und entfernten sich ein paar Schritte von ihm. Feuerstern blieb weiterhin ruhig, auch wenn er wusste, dass ein normaler Krieger niemals so mit seinem Anführer reden durfte."Sol Ich kenne dich nicht wirklich und deswegen bleibst du erstmal hier.",antwortete er. Sol blickte wieder zu Boden und wurde leiser."Du vertraust mir nicht.",miaute er.
Nun mischte sich Sandsturm ein."Sei froh dass du überhaupt hier aufgenommen wurdest.",miaute sie, doch Feuerstern wusste, wie sehr sie sich beherrschen musste, da sie auch von Schwarzsterns Behauptung über Sol wusste. Sol überkam anscheinend die Peinlichkeit, da er dies übersehen hatte, denn er hatte keine weiteren Einwände."Ja ja ist schon gut ich hab verstanden.",miaute er schnell. Feuerstern wandte sich wieder an den Clan."Die dritte Patrouille wird Glanzfell anführen. Mit ihr kommen Dornenkralle, Goldblüte, Ampferpfote, Regenpfote, Schlammpfote. Ihr werdet mit Wolkenschweif und Lichtherz an der großen Platane warten. Wenn wir die Hilfe eurer Patrouille brauchen, dann wird euch ein Krieger holen. Und passt auf der Schein des Mondes kommt heute Nacht wieder.",miaute er noch, dann war die Versammlung beendet. Als er vom Hochfelsen sprang, kamen Brombeerpfote und Bernsteinpfote auf ihn zugelaufen. Brombeerpfote schaute seinem Anführer ängstlich in die Augen, anscheinend erinnert er sich noch an ihre letzte Auseinandersetzung. Zögernd fragte er:"Feuerstern kannst du uns nun endlich erzählen, was das ist?" Feuerstern sah sich die beiden Schüler an. Sie waren eigentlich schon fast Krieger. Er musste es ihnen nun erzählen. Er drehte sich um und sagte leise:"Also gut. Brombeerpfote, Bernsteinpfote, kommt in meinen Bau.", dann verschwand er hinter den Farnflechten.

Brombeerpfote trat als Erster in den Bau des Anführers, dicht gefolgt von Bernsteinpfote. Sie setzten sich nebeneinander vor Feuerstern. Dieser blickte sie beide an, als würde er sie prüfen wollen.
Könnte sogar möglich sein, immerhin ist er auch mein Mentor.
Unbehaglich zumute rutschte Brombeerpfote immer wieder auf dem Moos hin und her, bis Feuerstern schließlich anfing mit Erzählen."Der Schein des Mondes ist schädlich für jede Katze, die ihn anschaut.", kam er sofort zum Punkt. Brombeerpfote war nicht wirklich überrascht. Wenn Feuerstern sagt, sie dürften den Mond nicht ansehen, dann musste ja irgendwas schlimmes passieren, wenn man es tat."Denn wer ihn ansieht erblindet Für immer...",beendete Feuerstern den Satz leise. Nun durchfuhr ein Schock den Pelz von Brombeerpfote und auch anscheinend Bernsteinpfote. Sein Nackenfell sträubte sich und er hatte instinktiv die Krallen ausgefahren. Feuerstern schien nicht überrascht, anscheinend hatte er diese Reaktion erwartet. Er sprach weiter."Vor unzähligen Blattwechseln gab es zu viele Kämpfe. Der Sternenclan beschloss, dies mit dem Schein des Mondes zu verhindern. Unzählige Katzen starben in den Nächten, da sie kämpften und damals den Schein des Mondes nicht kannten.", endete Feuerstern."Der Sternenclan hat Katzen umgebracht?", fragte Bernsteinpfote entsetzt."Nein,er hat nur das getan, was nötig war, um den Tod von viel mehr Katzen zu verhindern. Die Katzen, die gestorben sind, waren außerdem die Krieger, die kampflustig waren und ohne Gnade oder Gesetzesbeachtung ermordet haben. Später übertrug der Sternenclan die Macht auf eine Auserwählte Katze, doch als diese starb, wurde die Gabe in seinen Nachkommen wiedergeboren. So ging es weiter und weiter. Allerdings ist man sich nicht sicher, ob das alles nur eine Legende ist."erklärte Feuerstern. Brombeerpfotes Augen weiteten sich.
Eine Katze hat die komplette Macht über den Schein des Mondes? Das ist ja unglaublich...
Doch plötzlich hatte Brombeerpfote eine böse Vorahnung. Er sprach sein Unbehagen laut aus."Heißt dass, wir sind zum Sterben verurteilt, weil wir Heut Nacht angreifen?",fragte er. Feuerstern schien durch diese Frage beunruhigt, doch im nächsten Augenblick schien er wieder normal, und Brombeerpfote fragte sich, ob das nur Einbildung war.
"Nein Brombeerpfote. Der Schein des Mondes erinnert nur an die Katzen, die zu viel kämpften, als Warnung für uns.", antwortete Feuerstern entschlossen. Jetzt äußerte sich Bernsteinpfote."Aber warum ist er dann trotzdem noch gefährlich?", fragte sie verwundert."Damit die Katzen nicht auf die mäusehirnige Idee kommen, erneut anfangen große Kämpfe auszuführen. Ab und zu, wenn es um Beute oder Territorium geht, ist es zwar erlaubt, da man sein Gebiet verteidigen sollte, doch aus reiner Kampflust, oder schlimmer, Mordlust, sollte man dies niemals tun. So kehrt der Schein des Mondes nach etwa 50 Blattwechseln zurück, um die Clans zu warnen."miaute Feuerstern. Er sah aus, als hätte er dies schon unendlich oft erklärt. Brombeerpfote nickte nur, aber Bernsteinpfote schien noch etwas auf dem Gewissen zu haben. Doch bevor sie sich äußern konnte, brach Feuerstern das Gespräch ab."So, ihr könnt jetzt gehen. Bitte schickt noch Ampferpfote, Regenpfote und Schlammpfote zu mir. Ich möchte es ihnen auch mitteilen. Ruht euch noch gut aus, uns wird nix passieren." Beide nickten und traten aus dem Anführer Bau. Doch der Anführer murmelte noch etwas für sich, was Brombeerpfote trotzdem hören konnte."Das hoffe ich jedenfalls..."

Herrscher des Mondes (Staffel 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt