Narie Silberschopf und Kira Morgenröte

479 19 0
                                    


Es war schwer zu beurteilen was schneller an Größe gewann. Die Silouette der rote Drachendame die sich mit kräftigen Flügelschlägen Marlena und ihren Begleitern näherte oder Kyras Aufregung. Ganz offensichtlich freute sich das junge Drachenmädchen eine weitere Artgenossin kennen zu lernen.
Um der ankommenden Reiterin und ihrer Drachendame jedoch eine sichere Landung zu ermöglichen nahm Svenaja ihren goldenen Schützlinge auf den Arm. Das kleine Drachenfräulein warf der jungen Frau einen sehr skeptischen Blick zu ließ sich aber durch ein paar Streicheleinheiten besänftigen.
Marlena freute sich die Cousine ihrer Mutter wieder zusehen. Narie hatte für sie stets mit zur Familie gehört. Sie und Arya standen sich so nah wie Schwestern. Der deutlichste Unterschied zwischen den beiden Reiterinnen bestand in der Haarfarbe. Naries hell blonder Haarschopf und der schwarze seidigen Wasserfall von Marlenas Mutter waren der Ursprung der Spitznamen die beiden Frauen sich gegenseitig gegeben hatten. Silberschopf und Rabenmähne. Marlena hatte ihre Mutter stets bekniet ihr doch den genauen Hintergrund dieser Namen zu verraten doch die beiden Elfen verteidigten dieses Geheimnis gleichermaßen hingebungsvoll.
Während Marlena das näher kommen von Kira beobachtete verglichen die einmal mehr in Gedanken die beiden Herzensschwestern. Im Grunde konnte man die beiden Elfenfrauen mit einem Satz beschreiben: gleich und doch verschieden.
Marlenas Vater Eragon hatte seiner Tochter einmal verraten, dass die Jahre Narie immer mehr in einer Weise geformt hatten, die an Arya erinnerte. Ursprünglich war Narie als halbes Kind zu den Reitern gestoßen doch inzwischen waren einige Sommer vergangenen und die damit verbundenen Erfahrungen hatten ihr Werk getan. Wenn man die Lebensgeschichte der beiden Reiterinnen bedachte war es denn wirklich so unverständlich, dass sie ein ähnliches Wesen entwickelt hatten?
Arya war praktisch Zeuge der gesamten Herrschaft von Galbatorix geworden und durch den Tod ihres Vaters hatte sie dessen Grausamkeit direkt zu spüren bekommen. Sie hatte stets ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter gehabt und Verantwortung und Pflicht waren ihre ständigen Begleiter gewesen. Sie kannte Schmerz, Verlust aber durch ihren Drachen und einen Bauernjungen aus dem Palancartal auch Liebe.
Unterschiedlichen Naries Geschichte so sehr von der ihrer Cousine?
Zwar war die Reiterin der Roten Drachendame zu jung gewesen um am großen Krieg gegen Galbatorix teilzunehmen doch der Schatten der Wyrdfel hatte stets über ihrer Welt gelegen. Auch Narie hatte von ihren Eltern wenig Wärme erfahren. Unbeabsichtigt war es ihrem Vater und ihrer Mutter stets gelungen ihrer Tochter das Gefühl zu geben nicht ausreichend zu sein. Arya hatte stets ihr Bestes getan dem entgegenzuwirken und deshalb war sie für ihre Cousine zu einer wichtigen Vertrauten geworden.
Marlena war sich jedoch sicher, dass auch ihrer Mutter durch Naries Zuneigung etwas gewonnen hatte. Die Großmutter der jungen Halbling, Islanzadi, hatte ihre Tochter verstoßen nachdem die sich ihren Wünschen widersetzt hatte. Ein solcher Verlust konnte ein Herz zu Stein werden lassen. Marlena war überzeugt davon, dass es das Verhältnis der beiden Cousinen war, die Arya dieses Schicksal erspart hatte.
Naries leben auf der anderen Seite war durch zwei Umstände wesentlich komplizierter geworden. Zum einen hatte die besondere Kraft sie verlassen die allen Elfenkindern innewohnte und abermals hatten ihre Eltern auf unglückliche Weise reagiert. Die Situation hatte sich zugespitzt als Naries Vater einen Vertrauensbruch gegenüber Arya begangen hatte während diese für kurze Zeit Herrscherin der Elfen war. Ein Bruch zwischen Naries Eltern war die Folge gewesen und abermals war das Verhalten der beiden nicht zum besten ihrer Tochter gewesen. Schließlich hatte die damals erst 14 jährige Elfe bei ihrer Cousine zur Flucht gefunden und mit ihrer Berufung zur Drachenreiterin hielt auch Verantwortung und Pflicht einzug in Naries Leben.
Schon bald konfrontierte sie die Pflicht als Shurtugal auch mit den Schattenseiten des Lebens. Auch die Reiterin von Kira hatte inzwischen bedeutender Schlachten geschlagen.
Wenn man die Gemeinsamkeiten der Cousinen bedachte war es wohlmöglich nahezu unumgänglich gewesen, dass auch die Jüngere der beiden einen Gefährten unter den Menschen fand. Der Vergleich der für Marlena am ehesten zutraf war der von zwei unterschiedlichen Instrumenten die aber das selbe Stück spielten.

Inzwischen wirbelten Kiras mächtige schwingen den lockeren Schnee auf als die rote Drachendame zur Landung ansetzte. Ein Umstand der Kyra überhaupt nicht behagte. Mit einem mal schien es ihr überhaupt nichts auszumachen die Welt aus dem sicheren Nest zu betrachten welches die Arme ihrer Reiterin bildeten. Im Gegenteil! Mit einem verärgerte Brummen vergrub die kleine goldene Drachendame ihren Kopf in der Armbeuge ihrer Reiterin und versuchte sich mit den Flügeln vor dem ausbrechenden Schneesturm zu schützen.
Marlena fing Svenajas Blick ein und sah dass diese lachte.
"Sie mag wirklich keinen Schnee." rief die junge Frau der anderen Reiterin über den Lärm der Drachenlandung zu.
Zu Kyras Glück erstarb das Schneetreiben augenblicklich als Kira gelandet war und würdevoll ihre Flügel an den Körper zog.
Nun hielt das junge Drachenfräulein nichts mehr auf dem Arm ihrer Reiterin. Sie strampelte sich frei, die mit Ausgestrecktenflügeln zu Boden und dachte gar nicht daran zu warten bis Kira ihren Kopf ganz zu ihr herab gesenkt hatte. Neugierig stellte sich die kleine Goldene auf die Hinterbeine, stützte sich mit einer Vorderpfoten ein Kiras Nase ab als diese schließlich in Reichweite war und begann die unbekannte Artgenossin zu beschnuppern.
"Na da ist aber jemand neugierig."
Es beschämte Marlena fast, aber sie war so in der Betrachtung des kleinen Schlüpflings versunken, dass sie gar nicht bemerkt hatte wie Narie, leise wie eine Feder die zu Boden schwebte, vom Rücken ihrer Seelenschwester geglitten war und nun neben den beiden Reiterinnen stand.
Die junge Halbling kam zu dem Ergebnis, dass es wohl die beste Art und Weise war sich für diese Unaufmerksamkeit zu entschuldigen indem sie ihre Verwandte herzlich umarmte.
Nur zu gern wurde diese Geste erwidert.

Eragon Buch 7 - Im Wandel der ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt