Prolog

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Seine Muskeln spannten sich an, als die Wut durch seinen Adern floss und in ihm schäumte wie der Fluss, dessen Wasser auf seiner rechten Seite ohne Halt über die Steine in die Höhe schoss. Thomas hätte das nicht tun sollen. Er hätte Thomas die Limonade nicht über seine Hose schütten sollen. Thomas hätte nicht rumheulen sollen und nach dem Lehrer schreien sollen, als er ihm eine verpasst hatte. Mitten auf die Nase.

Das Tosen des Wassers, das gegen die Böschung spritzte, benebelte seine Gedanken und die Vernunft konnte nicht dagegen ankämpfen. Nur weil er nachsitzen musste, kam er zu spät zum Essen. Und er wusste, dass seine Eltern nicht erfreut waren, wenn er nicht pünktlich zum Essen kam.

Sein Mund verzog sich und er kniff die Augen zusammen, trat in die Pedale und fühlte die Kraft wie Elektrizität in seinen Waden. Sein Rad schlitterte über die feuchte Erde und er bemühte sich, nicht von dem schmalen Waldweg abzukommen, der ihn immer tiefer in den Wald führte.

Die Bäume rechts und links zogen an ihm vorbei, er nahm sie kaum war. Er kniff die Augen zusammen, die von dem kalten Wind, der ihm die Zweige ins Gesicht peitschte, tränten. Den Baumstumpf, der sich mitten auf dem Weg befand, sah er nicht kommen. Er konnte nicht mehr ausweichen. Sein Hinterrad zog beim Bremsen tiefe Furchen in den vom Regen durchweichten Schlamm und rutschte am Vorderrad vorbei in einen blätterlosen Strauch. Seine wirren Gedanken wurden von den Zweigen die ihm die Wangen zerkratzten, unterbrochen. Der Junge rollte sich ab und wollte sich an einem Ast auf seine Füße ziehen, doch der Ast brach und er rutschte aus und rollte einen Hang hinunter. Der Schlamm brannte in seinen Augen und als er nicht mehr weiterrutschte, setzte er sich auf und er wusste, dass er einen neuen Bluterguss bekommen würde (Nicht, dass es ihn kümmerte). Das Blau seiner Jacke war kaum noch als dieses zu erkennen. Äste und Dreck verklebten seine Haare. Wie er wohl aussehen musste? Er kam jedoch nicht dazu, darüber nachzudenken, denn es war ihm egal, aber das war nicht der Grund. Er saß jetzt nur einen, vielleicht zwei Meter entfernt von dem Fluss, dem er gefolgt war und Wasser sprühte ihm ins Gesicht. Der Schlamm löste sich langsam von seinen blassen Wangen und schwarzen Haaren, in seinen Schuhen stand das Wasser und er zitterte. Doch auch das nahm er nicht wahr. Ebenso wenig wie den Geruch, der in seine Lungen zog wie eine ätzende Säure, die ihn von innen verzehrte.

Alles was er wahrnahm, war das alles übertönende Rauschen des Flusses und die Kälte, die bei dem Anblick der Leiche langsam durch seine Adern kroch, sein Blut gefrieren ließ und sein Herz einnahm.

TheoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt