»Tut mir leid, dass ich alleine weggegangen bin«, entschuldigte ich mich nach einer Zeit lang, in der wir schwiegen.
Aus seiner Stimme hörte ich heraus, dass Satumar grinste. »Das muss dir nicht leid tun. Jeder hat mal den Drang alleine zu sein und seine Gedanken zu ordnen. Vor allem nach so einem Tag«, beruhigte er mich.
Etwas überrascht sah ich zu ihm und erwiderte sein Grinsen.
»Etwas gutes hat es ja«, sagte er dann noch.
Verwirrt starrte ich ihn an und achtete deswegen nicht auf den Weg, weswegen ich prompt stolperte und ohne Satumars Hilfe gefallen wäre.
»Was meinst du damit?«
»Wir haben näher zusammengefunden«, antwortete er lächelnd. »Außerdem haben wir Eonan geholfen sich von Nathair loszureißen«, ergänzte er dann noch und grinste mich schief an.
Eonan, welcher wohl gelauscht hatte sah zu uns zurück und tat so, als würde er sich verneigen. »Dafür danke ich euch aus ganzem Herzen. Ohne euch würde ich mich immernoch von Nathair versklaven lassen«, bedankte er sich.
In mir kam der Drang auf zu lachen, da ich eigentlich nicht so viel dafür konnte, aber ich unterdrückte es, da mir klar war, dass es nun gerade ein schlechter Zeitpunkt zum Lachen war. Stattdessen bedankte ich mich und sah dann erneut zu Satumar, welcher meinen Blick erwiderte.
Schnell jedoch wandte ich mich wieder ab, da ich nicht noch einmal über eine Wurzel stolpern wollte.
Nach einiger Zeit, in der wir schweigend daher gingen, dachte ich an Nathair und fragte mich, ob er uns wohl nachlaufen würde. Mein Herz zog sich zusammen und pochte dann in doppelter Geschwindigkeit weiter. Hoffentlich kam er uns nicht hinterher, ich wollte ihn am liebsten nie wieder sehen. Ich schwitzte, bis sich Satumar zu mir umdrehte und mich fragte was los sei.
»Ich hab einfach nur Angst, wegen Nathair«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
»Keine Sorge«, mischte sich Eonan ein, »so wie ich ihn kenne, rennt er gerade zu König Mading und versucht mir wieder die Schuld in die Schuhe zu schieben, nur bin ich nicht mehr als Sündenbock da.«
Noch immer verunsichert nickte ich, als plötzlich ein Rascheln neben uns ertönte. Heftig zuckte ich zusammen und starrte nach links. Satumar drückte meine Hand und zog uns weiter.
»Keine Angst, ich beschütze dich«, murmelte er leise und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn.
Dankend sah ich ihn an, konzentrierte mich dann aber wieder auf den Weg.
Erneut verfielen wir in Schweigen und nach einiger Zeit kam endlich die Sonne durch das Blätterdach und gierig hielt ich mein Gesicht gen Himmel. Tief atmete ich ein und genoss die frische Luft. Gleichzeitig ließ ich mich von den Sonnenstrahlen wärmen und lauschte den Vögeln, welche fröhlich zwitscherten.
Kurz schloss ich meine Augen und ließ meine Gedanken wandern. Mit etwas Wehmut in meinem Herzen dachte ich an meine Eltern. Ich fragte mich, was sie wohl machten, ob es immernoch Krieg gab oder ob er endlich zu Ende war und es bisher nur nicht bis in Satumars Dorf vorgedrungen ist. Als ich an das Dorf dachte schlichen sich Vraldes, Amandiel und Limbara in meine Gedanken und ich musste bei der Erinnerung an meiner ersten Begegnung mit Vraldes lächeln.
Im Hintergrund hörte ich die kleinen Vögel, welche sich die Seele aus dem Leib zwitscherten. Im Unterlaub raschelten ab und zu ein paar Tiere und ich meinte einmal ein Reh zu sehen.
»Satumar?«, flüsterte ich leise, einem Gedanken folgend.
»Was ist los?«, murmelte er und es schien, als hätte ich ihn aus seinen Gedanken gerissen.
»Wenn wir wieder im Dorf sind, dann möchte ich nach Hause«, erklärte ich und wartete etwas ängstlich auf Satumars Reaktion.
»Natürlich«, antwortete er sanft. »Ich kann dich nur zu gut verstehen. Ich war gerade mal einen Tag von meiner Familie entfernt und du schon mehrere Wochen und sie fehlen mir jetzt schon«, murmelte er nachdenklich.
»Ja«, stimmte ich ihm zu.
»Wie kommst du denn damit klar, dass du deine Eltern so lange nicht gesehen hast?«, fragte er mich dann.
»Meistens ganz gut, was wohl an euch liegt, aber in manchen Momenten möchte ich nichts anderes als in die Arme meiner Mutter zu rennen und mich dort vor dem Rest der Welt verstecken und ihr all meine Sorgen zu erzählen, sowie die ganzen Dinge, die mich beschäftigen. Sie war immer so eine gute Zuhörerin. Ist es immernoch«, schwärmte ich schon fast und war überzeugt davon, dass es den Beiden noch gut ging. Wenn sie gestorben wären, dann hätte ich das gespürt. Jedenfalls redete ich mir dies ein.
»Ich verstehe, was du meinst. Limbara ist auch so. Mit ihr kann man über so gut wie alles reden, aber auch mit meinem Vater kann man gut sprechen. Beide sind sehr gute Eltern«, stimmte mir Satumar zu.
»Das stimmt. Aber auch Vraldes ist eine wunderbare Person, mit der man sich gut unterhalten kann. Meist über etwas andere Themen, als mit älteren Personen, aber auch über ganz interessante Themen«, ergänzte ich.
»Wenn wir dann bei dir sind, dann musst du mich deinen Eltern vorstellen«, stellte Satumar fest und ich hörte heraus, dass er ganz erpicht darauf war sie kennen zu lernen.
»Natürlich«, murmelte ich. »Ich kenne ja auch deine Familie. Und ich glaube, du wirst sie mögen. Mein Vater kann zwar manchmal etwas anstrengend sein, aber ich liebe ihn trotzdem. Und ich glaube, auch sie werden dich mögen. Du entsprichst in den meisten Dingen dem, was sie sich immer unter meinem Traummann vorgestellte hatten.«
»Nur in dem meisten Dingen?«, fragte er und fasste sich theatralisch an die Brust.
Laut fing ich an zu lachen und Satumar stimmte mit ein, was ein paar Vögel erschreckt wegfliegen ließ.
»Sie werden dich eindeutig lieben«, lachte ich, nachdem ich mich etwas beruhigt hatte.
»Jetzt auf einmal doch«, grinste er. »Woher der Stimmungswandel?«
»Du triffst den Humor meines Vaters, was auch meiner ist«, antwortete ich halb lachend.
»Und deine Mutter?«
»Sie ist keine Person, die viel lacht, ab und zu schon, aber eher selten«, erklärte ich.
Vollkommen in unserem Gespräch versunken hatte ich Eonan vergessen, welcher mir dann aber siedend heiß einfiel, als er etwas sagte.
»Wir sind fast da«, teilte er uns die fröhliche Botschaft mit.
Sofort spürte ich, wie sich Satumar verkrampfte, was mich irritiert aufschauen ließ.
»Wovor hast du so Angst?«, wollte ich wissen.
»Mein Vater wird gleich nicht so begeistert sein, dass ich alleine suchen gegangen bin«, erklärte er und lächelte mich gequält an.
Liebevoll drückte ich seine Hand. »Ich bin bei dir«, beruhigte ich ihn.
Dankend sah er mir in die Augen, blieb stehen, was mich auch zum Stehenbleiben zwang und küsste mich sanft. Seine weichen Lippen verzauberten mich und ich hatte das Gefühl nie genug von ihm zu bekommen.
Langsam löste sich Satumar von mir, was mich kurz aufseufzen ließ, und fing ob meiner Reaktion an zu lachen. Etwas beschämt fiel ich in das Lachen ein und vertuschte so meine Verlegenheit.
»Komm«, murmelte er dann leise und gemeinsam verließen wir den Wald.
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Der rote Morgen
RomanceSeit Jahren herrscht Krieg in Prinzessin Ramuras Land, als eines Nachts das Schloss von ihr und ihrer Familie angegriffen wird. Ihre Eltern hatten schon ein paar Mal versucht sie zu überreden, dass Ramura floh, doch bisher hatte sie sich immer gewei...