Kapitel Achtundzwanzig

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Sofort trat ein schuldbewusster Ausdruck in seine Augen und langsam nickte er. »Ich musste«, murmelte er mit einigem Widerwillen.

»Wieso?«, wollte Vraldes dann wissen, bevor Limbara sie stoppen konnte.

»Jetzt lass den armen Mann doch einmal in Ruhe«, schimpfte sie und entschuldigte Vraldes bei Eonan.

»Ach, das macht doch nichts. Ich musste Menschen umbringen, weil ich sonst selbst gestorben wäre«, antwortete er.

»Wieso bist du abgehauen?«, fragte Vrlades weiter, was ihr einen wütenden Blick von ihrer Mutter einbrachte.

»Weil ich es mit Nathair nicht mehr aushielt. Er hat mich immer alles ausbaden lassen, auch wenn er selbst Schuld an der Situation war. Wegen ihm wären wir ein paar mal fast gestorben.«

»Oh«, machte Vraldes nur und sagte danach nichts weiter.

Schweigend betraten wir das Dorf. Eonan sah sich ruhig um, betrachtete jedes Haus und schien hinter jeder Ecke jemanden zu vermuten, der ihm was antun wollte.

Als wir endlich auf dem Marktplatz ankamen, schien er sich zu versteifen und auch ich blieb kurz stehen. Alle Bürger dieses Dorfes standen dort hinter Amandiel, welcher uns entgegen kam.

»Ich haben allen gesagt, was passiert ist. Manche sind nicht damit einverstanden, dass Eonan hier unterkommt, aber einige meinen, dass er gerne hier bleiben kann, sofern er sich ordentlich benimmt«, erklärte uns Amandiel leise.

»Das werde ich«, versprach Eonan.

»Ich weiß, aber manche werden dir trotzdem nicht trauen«, murmelte der dreifache Vater.

Zustimmend nickte der ehemalige Bandit. »Ich kann die Leute ja verstehen«, meinte er leise.

Kurz schien Eonan durch zu atmen, bevor er drei Schritte vor ging und sich mit lauter Stimme vorstellte und sein Versprechen, dass er sich ordentlich benehmen wird, wiederholt.

»Amdiel, Limbara, Vrlades, können Satumar und ich kurz mit euch reden?«, fragte ich leise, während die Bürger noch mit Eonan redeten.

Die Drei sahen uns beide erstaunt an, folgten uns aber hinter das nächste Haus.

»Ich möchte nach Hause«, eröffnete ich ihnen. »Und Satumar möchte wahrscheinlich mitkommen und meine Eltern kennen lernen. Ich hoffe, dass der Krieg endlich vorbei ist und wenn nicht, dann möchte ich trotzdem bei meinen Eltern sein.«

»Ich kann dich sehr gut verstehen«, stimmte mir Limbara zu. »Ich wünsche euch beiden viel Glück.«

Auch wenn sie es versuchte zu unterdrücken, liefen ihr Tränen über die Wangen, als sie ihren Sohn umarmte und sich verabschiedete. Amandiel drückte Satumar kurz, doch auch ihm sah man an, dass es ihm schwer fiel noch einen Sohn gehen lassen zu müssen. Vraldes klammerte sich hingegen an Satumars Bein.

»Du darfst mich nicht verlassen!«, rief sie. »Mit wem soll ich sonst was machen?«

Zärtlich strich Satumar über das Haar. »Es gibt genug Kinder, mit denen du spielen kannst«, versicherte er ihr.

Leicht schmollend ließ Vraldes ihren Bruder los und schlang ihre Arme dann um mich, nach dem ich kurz Limbara und Amandiel umarmt hatte.

»Komm gut nach Hause«, flüsterte Limbara noch und hielt sich an ihrem Mann fest. Dieser strich ihr beruhigend über den Arm, sah aber selbst nicht viel besser aus.

»Danke«, bedankte ich mich und sah kurz fragend zu Satumar.

Er nickte und mit wehmütigen Schritten machten wir uns auf den Weg in den Wald, durch den ich vor vier Wochen gekommen war. Sobald uns die Dunkelheit umhüllte spürte ich sofort wieder, wie meine Stimmung etwas sank, aber immernoch auf ihrem Hochpunkt war. Endlich kam ich nach Hause.

Die ersten Schritte verliefen schweigend und wir beide hingen unseren eigenen Gedanken nach.

»War es vielleicht etwas eilig?«, durchbrach ich die Stille. »Hätten wir noch etwas warten sollen, damit wir uns darauf vorbereiten können?«

»Nein, alles gut«, murmelte Satumar, doch glaubte ich ihm nicht ganz.

»Sollen wir umkehren und erst in ein paar Tagen losgehen?«, versicherte ich mich.

Einen Moment schien er zu überlegen, bevor er den Kopf schüttelte. »Ich kann dich verstehen. Du möchtest so schnell es geht wieder zu deinen Eltern«, meinte Satumar und sah mich an.

Mit einem kleinen Lächeln nickte ich.

Ehrlich lächelnd legte er einen Arm um meine Schultern und schob mich so vorwärts.

»Du weißt, wo wir her müssen?«, fragte der Blonde dann.

Jetzt war es an mir einen Moment lang zu überlegen, bevor ich vorsichtig nickte. »Im Groben und Ganzen ja.«

Mit einem Nicken quittierte Satumar dies und erneut verfielen wir in Schweigen.

Ein leichtes Kribbeln machte sich in meinem Bauch breit und ich wurde mit jedem Schritt aufgeregter. Mir war klar, dass es wahrscheinlich noch einen Tag dauerte, bis wir ankamen, doch war ich jetzt schon aufgeregt. Meine Hände fingen leicht an zu zittern und ein flaues Gefühl entstand in meinem Magen. Dies hatte ich immer, wenn ich nervös war, doch hatte ich mich noch immer nicht daran gewöhnt und versuchte mich zu beruhigen. Tief atmete ich ein und aus und versuchte so mein Herz zu beruhigen, jedoch blieb dies erfolglos, da mich Satumar unterbrach, als er fragte, was denn los sei.

»Ich bin etwas aufgeregt«, erklärte ich und mir war klar, dass es eine Untertreibung war, denn in jeder Faser meines Körpers spürte ich dieses Gefühl. Ich war froh, dass ich nichts gegessen hatte, denn dies wäre höchst wahrscheinlich auf direktem Weg wieder gekommen.

»Das brauchst du nicht«, flüsterte er leise. »Du kennst deine Eltern doch. Wenn jemand von uns beiden aufgeregt sein sollte, dann ich«, versuchte er mich abzulenken, doch dies machte es nur schlimmer.

Mein Bauch verkrampfte sich und das Zittern wurde stärker. In dem Moment schoss mir durch den Kopf, wie ich es die ganzen Jahre mit den ganzen Feiern überlebt hatte. Dort war ich ja auch immer aufgeregt, doch es war nie so schlimm. Noch nie war das Kribbeln so stark und noch nie fühlte ich so eine Übelkeit. Insgesamt war mir eigentlich nicht übel, wenn ich aufgeregt war, wieso das jetzt so war, wusste ich nicht.

Ich antwortete Satumar nicht, was ihn dazu brachte zu mir zu sehen.

»Das hat es nicht besser gemacht, richtig?«, fragte er, nachdem er mich eine Zeit lang beobachtet hatte.

Langsam schüttelte ich den Kopf und lächelte ihn entschuldigend an.

»Ich weiß auch nicht, wieso ich so aufgeregt bin«, flüsterte ich leise, doch er hörte mich trotzdem.

Der rote MorgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt