Epilog

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»Mama?«, hörte ich eine Stimme hinter mir.

Fragend drehte ich mich um, der Wind peitschte mir die Haare ins Gesicht. Mit einer geübten Handbewegung wischte ich sie weg und sah meine Tochter an.

»Was ist los, Framur?«, fragte ich leicht besorgt.

»Wann muss ich los zu König Pàdruig?«, wollte sie wissen, ihre Stimme nahm eine verletzlichen Unterton an.

Sofort kamen Schuldgefühle in mir hoch, ich bin Schuld daran, dass sie jetzt weg musste. Tränen bildeten sich in meinen Augenwinkel, doch ich blinzelte sie weg. Ich musste jetzt stark für Framur sein. Für sie war es schon schwer genug.

»Er kommt morgen mit seinem Sohn vorbei«, flüsterte ich, über den Wind kaum hörbar. »Dann bleiben die Beiden bis zum Abend und dann nehmen sie dich zu sich.«

Auch in den Augen meiner Tochter schimmerten Tränen. »Ich will aber nicht weg«, weinte sie. »Ich möchte bei dir und Papa bleiben!«

»Ich weiß«, murmelte ich. »Wir wollen auch, dass du hier bleibst, aber das war nun mal die Bedingung, dass wir in Frieden leben können.«

»Das ist nicht gerecht! Wieso gerade ich?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete ich wahrheitsgemäß.

Traurig ließ Framur den Kopf hängen. Tröstend nahm ich sie in den Arm, strich ihr beruhigend über den Rücken und musste selbst die Tränen unterdrücken, als sie in meinen Armen weinte. So standen wir eine Zeit lang, bis Satumar zu uns nach oben kam.

»Ich hatte mir schon gedacht, dass ich euch hier finde«, sagte er leise und nahm Framur auch in den Arm, nachdem sie sich ihm mit einem Schluchzer in die Arme geworfen hatte.

»Alles wird gut. Pàdruigs Sohn wird schon ganz nett sein«, versuchte er sie zu beruhigen, doch dies brachte leider nichts.

Auch meine Mutter kam mit Satumars Mutter den Turm hinauf und sah uns mitleidig an. Falten hatten sich in ihr Gesicht gegraben und ihre vorherigen brauen Haare, waren nun ergraut. Sie hielt sich an Limbara fest, welche mittlerweile auch älter wirkte. Noch wirkte sie nicht so zerbrechlich, wie meine Mutter, aber mir war klar, dass dies nicht mehr lange dauern würde, bis sie auch so aussehen würde. Doch Beide hatten nichts von ihrer damaligen Schönheit verloren.

Langsam kamen sie auf uns zu und wir endeten in einer Gruppenumarmung. Schon bald lagen wir auf dem Boden, teils lachend, teils weinend.

»Du wirst ihn mögen«, prophezeite meine Mutter und Satumar nickte zustimmend.

Auch ich versuchte zuversichtlich zu wirken, doch ich war mir klar, dass mein Lächeln gezwungen aussah und Framur mir dies auch ansehen konnte. Wir hatten so viel Zeit miteinander verbracht, dass wir den jeweils anderen lesen konnte, als wäre dieser ein Buch und kein Mensch.

»Ich glaube, dass ich dann mal so langsam meine Sachen packen sollte«, unterbrach Framur meine Gedanken und wir standen alle auf, während sie uns alle noch einmal ansah. Ich wusste, dass dies noch kein Abschied war, doch es kam mir so vor.

Framur verschwand durch die Tür, welche hierhin geführt hatte und war dann aus meinem Blickfeld verschwunden.

Satumar legte sanft einen Arm um meine Hüfte und zog mich zu sich. Ich vergrub meinen Kopf an seiner Brust und atmete seinen beruhigenden und bekannten Duft ein. Es tat gut in seinen Armen zu liegen und mich fallen lassen zu können. Zu häufig musste ich in letzter Zeit stark sein, was an mir gezerrt hatte, doch in diesem Moment fühlte ich mich frei. Jeder Gedanke daran, dass Framur ab morgen nicht mehr da war, verschwand.

Limbara und meine Mutter hatten sich auch wieder zurückgezogen und so waren Satumar und ich alleine.

»Es war die richtige Entscheidung«, murmelte er, während wir gemeinsam dem Sonnenuntergang zusahen.

»Ich weiß«, flüsterte ich. »Es fühlt sich nur so falsch an.«

Langsam nickte er. Dann küsste er mich sanft auf den Scheitel und ließ mich alles vergessen, als seine Lippen danach zärtlich meine berührten.



                                                                        Ende

Der rote MorgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt