12.

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Pov Paul

"Ich hab sie!", brüllt Erik mir zu.
Außer Atem komme ich neben ihn zum Stehen.
Mein Kollege hält den Knöchel der geflüchtet fest in den Händen. Sie sträubt sich und tritt nach ihn, schafft es aber nicht, sich loszureißen.
"Ganz ruhig.", ruft Erik zu den Mädel hoch.  "Vorsichtig hier runter klettern."
Mit aller Kraft versucht sie sich dem Zaun zu ziehen.
"Das macht dich keinen Sinn.", versuche ich ihr klar zu machen. "Der Herr Kollege hat sie ziemlich fest um Griff. Also: Runter da."
"Nein!", die Panik und die Verzweiflung in ihrer Stimme lassen mich unwillkürlich zusammenfahren.
Ich Wechsel einen Blick mit Erik.
So reagiert kein schulschwämzer, oder ein Drogenabhängiger.
"Wir können dich auch mit Gewalt da runter holen, aber das wollen wir ja alle nicht. Sei vernünig jetzt!", versuche ich es weiter. So wie sie da hängt, droht sie jede Sekunde runterzustürzen. Und der Bordstein hier ist nicht gerade weich.
"Lasst mich einfach gehen. Lasst mich los!", ihr Gesicht ist unter einer Fülle von Dunkelblonden Haar verdeckt, aber sie scheint wohl die Zähne fest zusammen gebissen zu haben.
In Gedanken gehe ich unsere Möglichkeiten durch, wie wir das Mädel vom Zaun bekommen könnten.
Am einfachsenten wäre es wohl, wenn sie von alleine da runter kommen würde.
Selber hochklettern ist zu gefährlich. Der Zaun sieht schon sehr alt aus und wenn der kaputt geht, während sie draufhockt... keine gute Idee.
"Hör mal, wir sind die Polizei! Wir tun dir nichts, wir wollen nur mit dir reden. Wenn du da nicht runterkommst, verletzt du dich noch."
Mit einen Funken von Hoffnung sehe ich zu ihr hoch. Sie sieht mich nicht einmal an, aber ihre Bewegungen werden schwächer.
"Na also. Schön vorsichtig hier runter klettern.", ordnet Erik an, anscheinend erleichtert, sich nicht mehr den Fuß von ihr aus den Gesicht halten zu müssen.
Erwartungsvoll sehen wir zu ihr hoch.
Sie macht tatsächlich Anstalten, sich von der Stelle zu bewegen.
Aus den Augenwinkeln bemerke ich nur, wie mein Kollege urplötzlich nach hinten strauchelt und Verhalten aufstöhnt.
Das Mädchen landet mit einen schmerzerfüllten Schrei auf den Boden.
Fassungslos sehe ich auf den leeren Schuh in Eriks Hand. Sie liegt auf der anderen Seite.
"Alles gut?", vorsichtig trete ich vor den Zaun und sehe zu den wimmernden Bündel von Mensch, das auf der anderen Seite zusammengedrückt auf den Boden liegt.
Sie sieht zu mir auf.
Schmal. Hellbraune Haare. Braune Rehaugen. Sommersprossen. Sie. Sie ist es.
Ein Rinnsal von Blut läuft über
aufgerissenen Oberarm und tropft auf den Boden. Ich höre sie stoßweise atmen.
"Hey."
Sie sieht kurz auf. Ihr Gesicht ist schmerzverzerrt.
"Ich kann dir helfen. Du musst ins Krankenhaus.", versuche ich Ohr zu erklären.
Doch das Mädel dreht sich Weg und presst ihren verletzten Arm fest an ihre Brust.
"Erik, hol Bitte das verbandszeug aus den Wagen.", rufe ich ihn über die Schulter zu.
"Alles klar.", er verschwindet um die ecke.
"Darf ich mal schauen? Mein Kollege holt etwas, damit es aufhört zu bluten.", langsam Knie ich mich auf Ihre Augenhöhe.
"Lassen Sie mich in ruhe. Ich kann das alleine.", murrt sie. Mittlerweile hat sich eine kleine Pfütze an Blut unter ihr gebildet.
"Was machst du eigentlich hier? Musst du nicht in der schule sein?"
"Das geht Sie nichts an."

Wer Bist du Nur? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt