Kapitel 37

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"Wir sehen uns morgen. Ja genau." Brummte ich und schulterte meinen Rucksack auf. Der Schultag ging vorbei und Manuel war nicht da. Er war nicht in die Schule gekommen.

"Patrick! Hey warte doch mal." Alex hatte meinen Arm gegriffen und keuchte. Ich hatte heute ein ganz schönes Tempo drauf. Ich war frustriert und die ganzen Gefühle die ich loswerden wollte stauten sich weiter an. Selbst mein Zusammenbruch gestern hatte nichts geändert. Seit dem Gespräch mit Manuel fühlte ich mich komisch. So als könnte ich einen Teil von seinem Schmerz fühlen. Ständig hatte ich seinen Blick vor Augen. Vor meinem innerem Auge sah ich die ganze Zeit wie er mich so traurig und verletzt anschaute. Diese tiefe Trauer und die Sehnsucht. Es war einfach nur schrecklich. Ich wollte das nicht spüren, wollte das nicht sehen.

"Tut mir leid ich habe es eilig." Ich wollte zu Manus Freunden gelangen. Ich schätze nicht, aber die Möglichkeit bestünde das sie wussten was damals geschehen war. Er hatte ja gestern so ein wenig was angedeutet.

"Mach mal ganz langsam. Du bist den ganzen Tag schon wieder so abwesend. Ist was passiert?" Mein Kumpel musterte mich eindringlich und schien auf eine Antwort zu warten.

"Zu viel... Und genau deswegen muss ich jetzt los. Ich erkläre dir das ein anderes mal." Und damit lief ich, so schnell ich konnte, weiter. Ich hoffte die beiden noch abpassen zu können.

"Maurice! Michael!" Ich sah sie gerade gemütlich die Treppe runter laufen. Als sie mich rufen gehört hatten, kamen sie zum stehen und schauten zu mir rauf. "Gut das ich euch noch erwische, könnt ihr mir vielleicht bei einer Sache weiterhelfen?" Fragte ich und lächelte so gut es eben ginge.

"Ähm klar. Du kannst ja ein Stück mit uns mit laufen." Boten sie an und dankend nickte ich.

"Also was ist los?" Fragte der Blondschopf sofort und ich spürte den Blick von der Seite. Ich atmete hörbar ein und aus.

"Kennt ihr den Grund warum Manuel damals hergezogen ist?" Ich schaute auf den Boden und hoffte zu tiefst das sie es wussten.

"Er hatte nichts genaueres erzählt. Manu hatte nur mal was erwähnt von, sein Vater habe hier eine bessere Arbeit gefunden." Michael zuckte die Schultern und der Junge neben mir nickte zustimmen. Ich seuftzte.

"Okay danke." Mein lächeln wich und sofort schien mich das wieder zu belasten. Ich glaube er hatte es noch nie jemanden erzählt.

"Warum möchtest du das eigentlich wissen?" Fragte der Brünette und beide schauten mich skeptisch an. Klar berechtigt.

"Wir haben uns gestern unterhalten und auch darüber geredet. Es hat mich einfach interessiert." Ich lächelte. "Also dann, ich muss hier eh abbiegen. Ich verabschiedete mich und schlenderte den Rest des Weges Gedankenverloren dahin. Meine Füße trugen mich wie von selbst. Ich griff nach meinem Handy.

Wie war das mit, wir sehen uns morgen? Ist was passiert? Alles okay bei dir?

Schrieb ich ihm, weil ich mir doch ein wenig Sorgen machte. Es war wahrscheinlich keine gute Idee gewesen, gestern das Thema wieder aufzuwühlen. Aber ich war genauso durcheinander und genauso hin und her gerissen. Hatte er nicht gestern noch gesagt ich solle mit ihm reden, weil in sich hineinfressen rein gar nichts besser machte?

Ja alles okay. Ich habe mich nur ein wenig erkältet :)

Die Antwort kam relativ schnell. Ich rollte die Augen und betrachtete die Nachricht einen kurzen Moment.

Sogar ohne das wir reden, erkenne ich die Lüge daran.

Ich steckte das Handy zurück in die Hosentasche. Ob er mir irgendwann von alleine erzählen würde, was ihn bedrückte? Ich denke das könnte uns beiden helfen. Wir beide könnten vielleicht endlich mal Frieden finden und endlich wie normale Teenager weiter leben. Dieses Gefühlschaos war schon lange nicht mehr normal. Es war ein auf und ab. Die Gedanken und Erinnerungen quälten mich und ihn wahrscheinlich ebenfalls. Ich seufzte und schloss die Haustür auf.

Da muss man wahrscheinlich kein Profi für sein :P

Mehr als Kopfschütteln war mir gerade nicht möglich. Kann er bitte diese Smileys weglassen? Er versuchte es dennoch so rüberzubringen als sei alles in Ordnung. Doch das war es nicht! Also warum konnte er es nicht einfach zugeben? Ich antwortete darauf gar nicht erst. Es zerstörte mich. Vertraute er mir nicht? Ich hatte ihm meine Gedanken und Gefühle anvertraut. Wenn immer er es wollte, habe ich ihm mein Herz ausgeschüttet und ihm erzählt was los war. Doch er? Vermeidet es solche Sachen anzusprechen, will von mir alles hören, doch blockt ab, wenn es ihn selbst betrifft. Diese Einsicht schmerzte. Warum tat das nur so weh? Ist es wegen diesen scheiß Gefühlen? Wegen den Gefühlen die ich für ihn habe? Trifft mich das deswegen so schwer? Ich war es leid das weiter über mich ergehen zu lassen. Ich schmiss den Rucksack einfach in eine beliebige Ecke des Zimmers und mein Handy wurde aufs Bett geworfen. Ich hatte es satt! Ich wollte nur diese ganzen Gedanken verdrängen, vergessen, los werden, ins All schießen. Egal. Überall hin sollten sie, nur nicht in meine Nähe. Ich lief zu meinem Schreibtisch rüber. Weit unten in einer Schublade dessen, lagen ein paar Bücher. Ich hatte sie vor Ewigkeiten geschenkt bekommen, allerdings nie gelesen. Das wäre doch etwas was ich jetzt tun konnte. Die Ablenkung suchen, einfach in eine andere welt eintauchen. Das könnte ich auch beim Computer spielen, doch wollte ich nicht in Kontakt mit ein paar meiner Freunde kommen, die ebenfalls online waren. Ich wollte alleine sein. Was anderes tun. Ich bemerkte kaum die tiefe leere die in meinem Herz entstanden war. Ich bemerkte kaum die Verzweiflung die sich durch alle Knochen zog, ich spürte kaum den Schmerz der sich durch meinen Körper schlich. Ich wollte es einfach nicht. Ich ignorierte alles. Mich, ihn, das hier. Hatte ganz einfach keine Kraft mehr. Ich gab auf. Ich wollte nicht mehr. Ich konnte nicht mehr leiden. Ich werde es einfach auf sich beruhen lassen, wie die letzten Tage auch einfach vor mich hin leben. Ist doch egal. Ist doch egal was ich mache, es ist doch immer das falsche. Es wird immer das falsche sein. Nein. Ich habe darauf keine Lust mehr. Wenn er mir nicht vertraut bitte schön. Dann soll er sein eigenes Ding machen.

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Keine Sorge, das ganze nachdenkliche, depri Zeug schieben wir jetzt erst mal wieder bei Seite, wir wollen es ja nicht noch schlimmer überdramatisieren xD

Never perfekt // KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt