Weiß schimmerndes Gift

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Wir wussten nicht, was in der Seestadt vor sich ging, aber dank Peter Jackson hatte ich eine ungefähre Ahnung davon. Tödliches Inferno, tödlicher Drache, überall Tod. Die Menschen von Esgaroth taten mir unheimlich leid, aber wir hätten nichts tun können, um ihnen zu helfen. Bis wir wieder dort gewesen wären, hätte Smaug längst die ganze Stadt verbrannt gehabt. Dann sahen wir die grausame Bestie mit den Fleischerhaken an den Füßen in den See stürzen. ,,Was war das?", wunderten sich einige aus der Runde. ,,Der Drache ist abgestürzt, ich habe es mit eigenen Augen gesehen", erwiderte Bilbo darauf und wirkte erleichtert. ,,Es stimmt", bestätigte ich das, ,,Der Drache ist tot. Und aus eben diesem Grund sollten wir uns beeilen, den Arkenstein zu finden. Eine solche Neuigkeit wie Smaugs Tod wird sich verbreiten, wie ein Lauffeuer." ,,Elenna hat recht", sagte Thorin und nahm meine Hand, ,,Smaug ist tot. Aus diesem Grund sollten wir uns beeilen, das Königsjuwel zu finden." Und so gingen wir alle in den Berg hinein, auch mein Soldatentrupp. Allerdings postierte ich sie vor jedem der Eingänge als Wachen. Es fiel Thorin schon schwer, die für ihn fremden Elben überhaupt hinein zu lassen, sie in "seinem" Gold nach dem wertvollsten aller Edelsteine wühlen zu lassen, wäre etwas zu viel verlangt. So viel wusste ich. Thorin mochte mir vertrauen, aber nicht einem kleinen Trupp von Elben, den er nicht mal wirklich kannte. Aber es war schon okay so. Schließlich waren meine Männer Soldaten und keine Edelstein-Spürhunde. 

Es waren nur wenige Stunden, die vergingen, doch Thorins Geisteszustand verschlechterte sich zusehends. Es war nicht schön, das mit anzusehen. Und es gab noch eine andere Sache, die ich nicht schön fand: Neben Thorin in seinem königlichen Umhang und mit Thrors Krone wirkte ich mit den löchrigen Stiefeln, den menschlichen Klamotten und den nun stellenweise vergoldeten Haaren, die ich ewig nicht mehr gebürstet hatte, wie ein armseliger Bettler. Den Brustpanzer meiner Rüstung hatte ich wie auch meine Waffen abgelegt und in der Waffenkammer verstaut. Aber ich trug noch immer den blutroten Samtmantel meines Vaters. Trotz der Dinge, die ich ihm an den Kopf geworfen hatte, vermisste ich ihn. Sehr. Ich vermisste seine Umarmungen, die einfach alles besser machten. Wenn auch nur für ein paar Sekunden. Und ich vermisste sogar seine arrogante kaltherzige Art, die es ihm erlaubte, in Krisensituationen einen klaren Kopf zu bewahren. Ich hatte keinen klaren Kopf mehr, als ich Thorin sagen hörte: ,,Willkommen meine Schwestersöhne im Königreich Erebor." Meine Sorge um Thorin fraß mich beinahe auf. Er war nicht mehr Thorin Eichenschild, der Zwergenprinz, in den ich mich einst verliebt hatte. Er war nun Thorin, König unter dem Berge. Auch nachdem er Fili und Kili so herzlich begrüßte, wurde er wieder kalt und verbittert, weil er noch immer nicht den Arkenstein in den Händen hielt. Vielleicht war es wirklich gut, dass Bilbo ihn hatte. Nachdem Thorin mal wieder grummelnd und fluchend verschwunden war, ging ich mit Bilbo hinaus und wir ließen uns auf einer der Aussichtsplattformen in der wärmenden Mittagssonne nieder. ,,Ich fürchte um Thorin", sagte er schließlich, ,,Ich mag ihn nicht so lange kennen, wie du es tust, doch ich weiß, dass er nicht mehr der Thorin ist, mit dem wir aus Beutelsend aufbrachen." ,,Auch du hast dich verändert Bilbo", erwiderte ich darauf, um meine eigene Sorge zu überspielen, ,,Du bist als Beutlin mit einer seidenen Weste aufgebrochen und wirst als Tuk mit einem löchrigen Mantel wieder zurück kehren." ,,Oh nein, dieses eine Abenteuer ist bei weitem genug!", sagte er dann lachend und zog die Nase kraus, ,,Wie kommt es eigentlich, dass du bei deinem Vater so ein gutherziges Wesen geworden bist?" ,,Vor dem Tod meiner Mutter war er anders", erzählte ich schließlich, ,,Er war für mich und meinen Bruder da, wann immer wir ihn brauchten. Mein Vater war liebevoll, lustig, sanftmütig. All diese Eigenschaften rührten von meiner Mutter her. Nachdem sie in Gundabad getötet wurde, sah ich ihn das erste Mal in meinem Leben eine Träne vergießen und danach nie wieder. Schnell wurde er kalt und distanziert. Doch das machte einen umso besseren König aus ihm, auch wenn es auf manche nicht so wirken mag. Manche mögen auch meine Liebe zu ihm nicht verstehen, doch er ist mein Vater und das wird er auf ewig sein. Ganz gleich, was er ausgefressen hat." ,,Das hört sich so friedlich an", murmelte Bilbo vor sich hin, ,,Ich sollte dir vielleicht etwas sagen." ,,Behalte das Steinchen lieber für dich", unterbrach ich ihn, ,,Sein Besitz würde Thorins Zustand nur verschlimmern. Ich sah schon mit an, wie es seinen Großvater Thror in den Wahnsinn trieb. Nun werde ich nicht zusehen, wie es Thorin in den Wahnsinn treibt." Damit stand ich wieder auf, klopfte mir den Staub von der Hose und spazierte wieder in den Berg hinein, um meinen Freund zu suchen. Ich hoffte darauf, ihn wieder zur Vernunft zu bringen und den Arkenstein aufzugeben. Doch ich ahnte, dass ich scheitern würde. Allerdings bereitete mich nichts auf den Schrecken vor, den ich im Thronsaal vorfinden würde. Dort fand ich Thorin vor und den armen Ori. ,,Wieso ist er dann noch nicht gefunden?", brüllte Thorin den armen jungen Zwerg an. ,,I-Ich... Ich weiß nicht", stammelte der ärmste und rauschte unter Tränen an mir vorbei. Ich betrat den Weg zum Thron erst einige Momente später, da ich erst noch einmal durchatmen musste. ,,Thorin", rief ich ihm zu, ,,Wie ist der Status?" ,,Der Arkenstein ist noch immer nicht gefunden", grummelte der König auf seinem Thron vor sich hin. ,,Ich meinte den Status deiner geistlichen Gesundheit", erwiderte ich darauf mit einem Schnauben und stemmte die Hände zu Fäusten geballt in meine Seiten. ,,Du weißt, ich bin nicht mein Großvater", grummelte er weiter vor sich hin, stand dann aber auf und blieb direkt vor mir stehen, ,,Elenna, ich möchte dich um etwas bitten. Ich möchte dich darum bitten, an meiner Seite als meine Königin bei mir zu bleiben." Ich hatte es geahnt, dass er mich nochmal fragen würde, wenn wir den Berg erobert hätten. Und es zerriss mein Herz und meine Seele, als ich ihm mit der kältesten Stimme, die aufbringen konnte, sagte: ,,Ich werde nicht deine Königin sein. Du bist nicht mehr der, der du mal warst. Und mit dem, der du nun bist, möchte ich nicht zusammen leben." Dann drehte ich mich um und ging, während er meinen Namen rief. Die Tränen stiegen mir in die Augen, während ich mit festen Schritten einfach weiter ging. Noch nie hatte ich ihn ignoriert. Noch nie hatte ich mich willentlich von ihm abgewandt. Noch nie hatte ich ihn verlassen. Doch nun hatte ich mit ihm Schluss gemacht. Es stimmte, was ich ihm gesagt hatte, ich konnte nicht mit dem zusammen sein, der aus ihm geworden war. Auch wenn es verdammt selbstsüchtig von mir war und er mich gerade jetzt am meisten brauchte, ich konnte einfach nicht mehr. Vielleicht könnte ich mich ein oder zwei Tage in den Ruinen von Thal verstecken und schließlich irgendwie durch die Seestadt wieder nach Hause kommen. Ich hatte meine Soldaten schon mal vorgeschickt, da ich noch schnell einen Umweg über die Waffenkammer machte, um Eisbrecher und meine Rüstung zu holen. Mir blieb vor Schreck fast das Herz stehen, als ich Kili in der Waffenkammer vorfand, der die Schwerter schärfte. ,,Kili, du hast mich zu Tode erschreckt!", beschwerte ich mich und wischte mir unauffällig eine letzte Träne aus dem Augenwinkel. ,,Du mich doch auch", konterte der junge Zwerg nur und schob ein Schwert zurück in seine Scheide, ,,Die Waffen hier sind sehr alt, aber noch zu gebrauchen. Mal abgesehen von den Bögen, die meisten Sehnen waren so brüchig, dass sie zerbrochen sind, als ich einen Pfeil einspannen wollte. Der beste Bogen der Welt ist deiner." ,,Dann gehört er dir", sagte ich nach kurzer Überlegungszeit und legte mein ganzes Zeug wieder an. ,,Was hast du vor?", fragte Kili mich verwirrt und zog eine Augenbraue in die Höhe. ,,Ich werde gehen", erklärte ich es ihm kurz und knapp, ,,Schon klar, Leute verändern sich, aber diese Veränderung werde ich nicht länger mit ansehen." ,,Okay, dann werde ich den anderen sagen...", setzte er an und unterbrach sich dann selbst, ,,Ich erzähl ihnen einfach irgendwas." ,,Danke", sagte ich noch, bevor ich mich auf den Weg hinüber nach Thal machte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 25, 2019 ⏰

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